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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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habe, war ein Alptraum. Aber ich kann mich noch so anstrengen, die Beziehung zwischen Traumzeit und Wirklichkeit lässt sich nicht mehr umkehren.
    Ich erinnere mich noch an die Freude und das Zusammengehörigkeitsgefühl. An den überwältigenden Stolz, etwas erreicht zu haben. An die Kameradschaft. Alle arbeiten zusammen und sind darauf bedacht, eine aufregende, gewaltige Aufgabe zu bewältigen.

    Und jeder sieht mehr oder weniger wie ich aus.
    Es wäre so schön, dorthin zurückzukehren und sich wieder mit den wahren Freunden zu vereinigen – den Freunden voller unbändiger Hoffnung, die mir vertraut sind. Was hält mich zurück? Es liegt auf der Hand, dass ich irgendetwas falsch gemacht haben muss. Vielleicht wurde ich als unnütz aussortiert, von den Reinigungskräften eingesaugt und mitsamt dem anderen Abfall in den Mülleimer des Schiffes geworfen.
    Oder aber ich bin in der Hölle gelandet.
    Nein, nicht in der Hölle. Auf einem kranken Schiff.
    Was kann ich getan haben, das einen solchen Richtspruch rechtfertigt?
    Ich spüre, dass mein Körper sich auf dem Liegesessel windet und aus meinem erschlafften Mund peinliche Urlaute dringen. Und trotzdem gelingt es mir nicht, aufzuwachen. Stattdessen falle ich in einen weiteren Traum.
    Völlig nackt, nicht einmal mit den eng sitzenden Shorts bekleidet, marschiere ich über die Oberfläche des riesigen schmutzigen Schneeballs. Während ich auf dem von Frost verkrusteten Gelände stehen bleibe, nicht weit entfernt von den ausladenden, nach oben führenden Verstrebungen des gigantischen Käfigs rings um den Schneeball, versuche ich, Luft zu holen, muss jedoch feststellen, dass ich das nicht kann.
    Es gibt hier keinen Sauerstoff. Wie auch? Schließlich befinde ich mich im Weltraum!
    Allerdings scheint es keine Rolle zu spielen, dass ich nicht atmen kann. Mehr kann ich nur dadurch erfahren,
dass ich meine Umgebung erforsche, also gehe ich weiter und versuche, nach oben zu blicken. Aber ich kann den Kopf nicht heben, so sehr ich mich auch bemühe. Mein Sichtfeld reicht nicht weiter und höher als der Horizont. Ich weiß, dass das Schiff sich über mir befindet, habe jedoch keine Ahnung, wie es aussieht. Anders ist es mit dem schmutzigen Schneeball: Den habe ich von oben gesehen und kann mir die Einzelheiten ausmalen, ergänzen oder zumindest so erfinden, dass sich ein überzeugendes und schlüssiges Bild ergibt. Der Schneeball ist riesig. Ich könnte stundenlang weitergehen und würde ihn doch nicht umrunden. Wie ich weiß, besteht der Schneeball aus …
    Wasser.
    Größtenteils aus Wasser. Und aus Gestein.
    Allmählich kapiere ich, wie man dieses Spiel spielen muss. Irgendwo tief im Innern weiß ich etwas, ohne es in einen Zusammenhang bringen zu können. Um es freizusetzen, müsste ich Erfahrungen, Beobachtungen und … Schuldgefühle miteinander in Verbindung bringen. Ich leide an einem Trauma . Das mir vermutlich bewusst werden wird, sobald ich die Situation hier gründlich vermasselt habe. Die logische Fortsetzung dieses Gedankengangs würde bedeuten, dass ich am meisten über mich und meine Situation erfahren kann, wenn ich sterbe.
    Ohne es zu merken, bin ich ein ganzes Stück um den Schneeball herumgewandert. Wenn ich von dieser Stelle aus nach oben blicke, müsste ich doch eigentlich irgendetwas erkennen können. Aber es klappt nicht.
Dennoch ist mir klar, dass sich dort irgendetwas Neues, Fremdartiges befindet. Ein weiteres Schiff am Ende einer weiteren breiten, mit dem Schneeball verbundenen Verstrebung, die mir genau gegenüber liegt. Nein, nicht direkt gegenüber, wie ich jetzt merke. Ich weiß, dass das Schiff da ist, aber auch in diesem Fall nicht, wie es aussieht. Nur dass es groß sein muss.
    Trotzdem sind die Schiffe im Vergleich zum Schneeball sicher winzig, wie sich jedes Kind zusammenreimen kann. Der Schneeball ähnelt einem gigantischen Dottersack. Und enthält all das, was wir benötigen, um dorthin zu gelangen, wo wir hin müssen …
    Doch in der Traumzeit hatten wir unser Ziel bereits erreicht, denn es hieß
    WIR
    SIND
    ANGEKOMMEN!
    Was leider nicht stimmt, wie schon der Umfang des Schneeballs beweist. Eigentlich müsste er kleiner sein, sehr viel kleiner, fast zusammengeschmolzen.
    Ich laufe und laufe. Hin und wieder kann ich tatsächlich nach oben blicken und dort diese unglaublich vielen, überall verstreuten Lichter erkennen, so klein wie Stecknadelköpfe. Das Universum. Sterne. Sternenstraßen von gespenstisch blasser Farbe. Die Galaxie.
    Erneut

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