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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Vielleicht wollte man sie auch einfach sterben lassen. Ich weiß nicht, über welche Zeitspanne hinweg sie tätig sein sollte. Doch nach allem, was ich hier gesehen und erlebt habe, ist etwas schiefgegangen. Der Arbeitsgruppe ist ein schwerer Irrtum unterlaufen, der diesen Schiffskörper fast zerstört hätte. Ob die anderen beiden Schiffskörper auch davon betroffen sind, weiß ich nicht, da ich sie nicht direkt sehen kann und nur aus dem Traum kenne, in dem ich über die Eiskugel laufe und hin und wieder nach oben blicke. Vielleicht hast du auch davon geträumt? Jedenfalls ist es kein Wachtraum.

    Die Reiseleitung. Irgendetwas hat ihr fürchterliche Angst eingejagt. Möglich, dass es dieses unbekannte Etwas war, das diesen Schlamassel losgetreten und das Schiff krank gemacht hat, wie ich von

    Verdammt, ein weiterer brutaler schwarzer Strich.
    Diesmal bin ich auf mich selbst als Leiche gestoßen. Also ist es wahr. Ich bin niemals ein Baby gewesen.
    Nahe beim Zentrum herrscht Dunkelheit, so dass ich meine Gegner nicht sehen kann. Das große Reservoir mit flüssigem Wasser sorgt dafür, dass es hier nicht allzu kalt wird. Aber komm nicht hierher. Der eine ist klein, der andere groß. Der Kleine ist der Schlimmere von beiden
    Hier brechen die Aufzeichnungen ab. Es folgen fünf weitere Seiten, die alle unbeschrieben sind. Natürlich musste es schlimm enden. In Anbetracht der Blutflecken auf dem Deckel und an den Seitenrändern wundere ich mich sowieso, dass mein Vorgänger überhaupt noch die Kraft zum Schreiben aufbrachte, nachdem er »geschnappt« worden war.
    Es ist tatsächlich menschliches Blut.
    Die Schwere ist zurückgekehrt, und ich bin erschöpft. Während der Rotation habe ich die ganze Zeit über den Text entschlüsselt und gelesen und, in einem Eckchen verschanzt, die Schwerelosigkeit kaum bemerkt. Ich verstaue das Notizbuch wieder in der Hosentasche,
neben der Spiegelfolie. Später ziehe ich die Folie heraus und mustere mich noch einmal. Der Anblick erschreckt mich.
    Trotzdem weiß ich genau, dass ich nicht hierbleiben und dem Jungen auf der Tasche liegen werde. Fast habe ich mich damit abgefunden, nichts anderes als ein Rädchen im Getriebe zu sein. Einer in einer langen Reihe von Vorgängern und Nachfolgern. Das stimmt mich zwar nicht gerade zuversichtlich und ist gewiss auch kein tröstlicher Gedanke, doch wichtiger als alles, was ich bisher erlebt habe, ist die Tatsache, dass ich mir jetzt über meine Identität und meine Mission im Klaren bin. Dazu haben mir das Notizbuch in meiner Hosentasche und vielleicht auch meine Träume verholfen.
    Ich muss unbedingt schlafen. Falls das Notizbuch mir den Zugang zu den Erinnerungen eröffnet hat, die zweifellos irgendwo schlummern, erfahre ich im Traum vielleicht weitere Einzelheiten über das Schiff. Über die drei Schiffsrümpfe.
    Irgendwann rufen die Frau und der Junge mir durch die offene Tür etwas zu. Vermutlich bin ich für einige Minuten eingedöst. In dieser kurzen Zeit ist ein Gesicht in meinem Gedächtnis aufgetaucht. Es ist ein weibliches Gesicht, jedoch nicht das der Frau, die mit dem Jungen zusammenwohnt. Vergeblich versuche ich mich an die Gesichtszüge zu erinnern.
    Die Stimmen geben keine Ruhe. Schließlich zerren mich der Junge und die Frau aus meinem Zimmer und den Gang entlang bis zu ihrem Quartier. Auf eine Geste des Jungen hin schließt sich die Tür hinter uns. »Sie
kommen«, erklärt er. »Aber wenn wir hier drinnen bleiben, tun sie uns nichts.«
    »Wo ist das Mädchen?«, frage ich, denn ich kann die Kleine nirgendwo entdecken, und hinter dem spärlichen Mobiliar kann nicht einmal sie sich verstecken.
    »Die Mädchen sind alle schwach«, erwidert die Frau. »Sie halten es nicht lange ohne ihre Mutter aus.«
    »Wo steckt denn die Mutter?«
    Beide zucken nur mit den Achseln. Schweigend bleiben wir nebeneinander sitzen und sehen uns nicht einmal an. Die Atmosphäre ist deprimierend, geradezu erdrückend. Wir sind hier so eingesperrt, als wären wir Tiere in einem Zoo .
    Irgendwann blickt die Frau, auf deren nacktem Arm sich Schweißtropfen gebildet haben, zu mir auf und beißt sich auf die Lippen. Wir sitzen auf einem niedrigen Sofa mit gerader Rückenlehne, weich genug, dass sie nicht drückt, aber auch nicht viel weicher. Entweder beherrscht der Junge den Raum nur bedingt, oder er mag es spartanisch .
    Spartanisch. Ich habe zwar keine Ahnung, was das Wort bedeutet, nehme jedoch an, dass damit eine zweckdienliche, aber keineswegs

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