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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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nicht mal auf halber Strecke zu unserem Reiseziel. Wir dürfen die Reiseleitung nicht liquidieren. Wer sie auch sein mag – wir brauchen ihre Hilfe.«
    »Aber diese Leute wollen uns doch töten!«, wendet Nell ein.

    Offenbar ist bis jetzt niemandem aufgefallen, dass die Mädchen zurückgekehrt sind und uns aufmerksam und mit besorgten Mienen zuhören.
    »Woher wollen wir das wissen?«, fragt Tsinoy.
    »Von der Schiffsleitung«, erwidere ich.
    »Und wie zuverlässig ist diese Information?«, gibt Tsinoy trotzig zurück und fährt dabei alle Stacheln aus, so dass sie zu dreifacher Größe anwächst.
    Schnell weichen alle von ihr zurück.
    Das Mädchen neben mir schiebt die Unterlippe vor. » Wir haben’s euch gesagt. Und wir wissen es von Mutter!«
    »Ach ja?«, sagt Tsinoy spöttisch. »Was uns andere betrifft, so sind wir Mutter nie begegnet und haben keine Möglichkeit, sie zu befragen. Ohne weitere Beweise für die Mordabsichten der Reiseleitung dürfen wir eine solche Entscheidung nicht treffen. Wir dürfen die Reiseleitung nicht liquidieren. Denn falls wir’s tun, besteht die sehr reale Möglichkeit, dass wir niemals den Weg zu irgendeinem geeigneten Stern finden. Das Schiff wird da draußen sterben.«
    »Wir sterben doch jetzt schon«, erwidert mein Zwilling. »Hörst du’s denn nicht? Die nehmen uns mit Sandstrahlern auseinander. Hast du doch selbst gesagt!«
    Nell hört alldem mit angstverzerrter Miene zu und sucht zugleich nach Worten, die der Diskussion wieder eine konstruktive Richtung geben könnten. Aber unsere respekteinflößende Navigationsexpertin Tsinoy – mittlerweile hat sie die Stacheln wieder eingezogen – hat das Problem tatsächlich unmissverständlich skizziert.
»Es gibt ein Manöver, das erklären könnte, warum der Strahlenschutzschild vorübergehend abgeschaltet wurde«, sagt sie. »Dieses Manöver gehört zu den Standardprozeduren des Schiffes. Nur ist es im Moment völlig unsinnig, denn dafür ist es noch viel zu früh.«

Schlechte Nachrichten, und es kommt noch schlimmer
    F alls Sie so wie ich ticken, haben Sie mittlerweile bestimmt versucht, sich ein Bild von der Reiseleitung zu machen. Gut möglich, dass Sie daran genauso gescheitert sind wie ich. Wir sollen uns nämlich kein Bild von ihr machen. Unsere Gehirne weigern sich, ernsthaft über deren Unterkunft nachzudenken, jene winzige Kugel da unten, im Frontalbereich des kleinen Mondes. Und wir haben auch keine Ahnung, wie diese Leute – falls es Leute sind – aussehen und was sie im Schilde führen. Sofern die Reiseleitung bei dieser Raummission je eingeplant war – und das scheint plausibel, soweit wir Unwissende es beurteilen können –, hat sie jämmerlich versagt. Nach allem, was wir uns zusammenreimen konnten, ist sie weit über die ihr zugedachte Zeit vor Ort geblieben und höchstwahrscheinlich für die meisten, wenn nicht sogar alle unserer Probleme verantwortlich.
    Aber um irgendjemanden wirksam bekämpfen zu können, muss man sich zunächst alle Mühe geben, seine Motivation richtig zu verstehen – insbesondere dann, wenn man selbst ein schlechtes Blatt und der Gegner fast alle Trümpfe in der Hand hat, im Spielzimmer
nicht nur jede Menge Ganoven versammelt sind, sondern der Raum auch noch in Flammen steht.
    Das Vibrieren und die Schleifgeräusche sind inzwischen wieder lauter geworden. Unerträglich laut.
    Wir müssen weg sein, ehe es richtig losgeht!
    »Man hat unsere Schädel mit Mist vollgestopft«, ruft mein Zwilling mir zu, während wir uns zurückziehen und die Köpfe zusammenstecken. Beide bringen wir unser Gehirn auf Hochtouren, um das wenige, das wir wissen, in irgendeine sinnvolle Ordnung zu bringen. »Wir haben falsche Erinnerungen, eine vorgetäuschte persönliche Geschichte, ein Leben, das uns nur vorgespiegelt wird – alles nur Märchen, alles nur Mist . Wie können wir diesen ganzen Mist durch nützliche Informationen ersetzen? Wir müssen uns Zugang zu den Informationen erzwingen, die uns vorenthalten werden sollen.«
    »Das haben wir ja gerade versucht«, erwidere ich ziemlich leise – gerade so laut, dass mein anderes Ich mich trotz des Lärms noch verstehen kann. »Warum lockt das Schiff uns überhaupt in den Speicher hinein? «
    »Wir müssen sofort raus, verdammt nochmal!«, schreit Kim und hält sich die Ohren zu. Der riesige Kerl ist am Rande der Panik, und wenn selbst er die Nerven verliert, dann gute Nacht!
    »Weil die Systeme des Schiffes miteinander im Konflikt liegen«, beantwortet

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