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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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meine Wade graben. Sofort ziehe ich das Bein zurück und sehe sie dabei gereizt an.
    »Erzähl weiter«, knurrt sie. »Jedenfalls haben diejenigen, die mich geschaffen haben, mich gründlich verkorkst und mir noch nicht mal verraten, wozu das gut sein soll.«
    »Nun ja, du bist hier das eigentliche Rätsel«, erwidert mein Zwilling. »Spürhunden war bestimmt nicht zugedacht, dass sie einen voll ausgebildeten menschlichen Verstand entwickeln. Und vermutlich waren sie auch niemals als Navigatoren vorgesehen.«
    »Raumnavigatoren«, berichtigt ihn Tsinoy sofort. »Aber warum hat man euch beide mit Erinnerungen an etwas ausgestattet, das ihr gar nicht haben dürftet?«
    Mit dieser Frage drängt sie uns in den unangenehmen Bereich der Spekulation. Ich bin zwar nicht kühner als mein Bruder, aber naiver und lasse mich deshalb als Erster auf eine Antwort ein. »Ich glaube, dass ein Teil unserer Programmierung, unserer Indoktrination mit Geschichte und Geschichten, auch Pläne für den Notfall enthält – dunkle Pläne, Geheimnisse, denen wir niemals auf die Spur kamen und auch nicht kommen sollten, außer im Fall einer Krise.«
    »Planeten zu säubern gehört dazu«, sagt Tsinoy. »Ich bin ein Killer.«
    »Oje.« Nell seufzt traurig auf.
    »Für den Fall, dass es an unserem Reiseziel Konkurrenz geben würde, sollten …«
    »Es gab ja gar keine Ausweichmöglichkeiten«, wirft mein Zwilling ein. »Wie sollte das gehen, ohne Treibstoff
? Der Plan sah so aus, entweder mit den Bedingungen irgendwie klarzukommen – was klappen konnte oder auch nicht – oder das bestehende System, um des eigenen Überlebens willen und um die Mission durchführen zu können, zu vernichten und zu demontieren. «
    »Und du behauptest, zu diesem Zweck habe man mich geschaffen«, bemerkt Tsinoy.
    »Möglich. Jedenfalls würde das einen gewissen Sinn ergeben.«
    »Und als Lehrer, Dozenten in kulturellen Dingen, solltet ihr die Siedler davon überzeugen, dass sie die Eingeborenen vernichten müssen«, wirft Kim ein. »Das ist doch die letzte Scheiße !«
    »Ja«, sagt Tsinoy. »Vielleicht haben sie euch einen fein auf ihre Zwecke abgestimmten moralischen Kompass mitgegeben.«
    »Und was ist mit dir?«, frage ich sie. Tsinoy hat alle Stacheln aufgestellt und jede weibliche Grazie verloren, spricht inzwischen mit leiser und keineswegs melodischer Stimme und klingt ziemlich verstört. »Das, wozu man mich geschaffen hat, ist mir wirklich zuwider!«, setzt sie nach.
    »Zu deinem Trost kann ich dir verraten, dass du nach dem, was wir entdeckt haben, nicht das Schlimmste bist, was das Schiff erzeugen kann«, erwidert mein Zwilling. »Im Katalog gibt es Dinge, an die du in dieser Hinsicht nicht mal halb heranreichst.«
    »Aber so weit sind wir gar nicht vorgedrungen«, füge ich hinzu. »Da wir keine voll ausgebildeten Krieger
sind, haben wir keinen Zugang dazu erhalten. Ein Teil des Katalogs wird aus guten Gründen geheim gehalten. «
    Offenbar gefällt es meinem Zwilling nicht, dass ich den anderen davon erzähle, aber ich fahre trotzdem fort. »Im Fall, dass unser Zielplanet nur äußerst schlechte Bedingungen bietet, soll heißen, im Fall, dass es dort bereits eine Zivilisation gibt, die über für uns bedrohliche Waffen verfügt, sollten wir Zugang zu den wirkungsvollsten Vernichtungswaffen erhalten, die der Klados erzeugen kann: Zugang zu den Abfallbeseitigern. So nennt man diese Monster. Aber unsere Designer wollten nicht, dass unsere Standardprogrammierung diese Informationen enthält. Denn das hätte bei uns …«
    »Schuldgefühle erzeugt«, ergänzt Nell, zieht sich wieder an die Halbkugel zurück und streicht leicht darüber. Ihre Augen huschen hin und her.
    »Genau«, sagt mein Zwilling mit einem Blick in meine Richtung. »Jetzt wisst ihr alles.« Er scheint das zu bedauern.
    Nell lässt die Halbkugel los. »Mir reicht es jetzt«, erklärt sie. »Die Sequenz, die die Vereinigung der Schiffskörper einleitet, hat drei Fixpunkte. Wir können das alles von hier aus erledigen, sofern wir wollen. Und auch wenn wir damit begonnen haben, können wir die Sache jederzeit wieder abbrechen. Das müsste der Reiseleitung eine gewisse Botschaft vermitteln. Sie wird die Schutzschilde wieder installieren.«
    »Wie lange würde das dauern?«, fragt Kim.

    »Der ganze Prozess der Schiffsverbindung? Mindestens zehn Stunden. Aber er beginnt unverzüglich, sobald wir es wollen.«
    »Und wie lange dauert es, bis uns dieser verdammte Sturm zermalmt?«, frage

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