Das Schlangenschwert
seitdem das nicht mehr möglich war. Ich stellte mir die tapfere Natascha in dieser schwierigen Situation vor... Wie lange wir auf sie einreden mussten! Stasj führte das Beispiel der Monteurkosmonauten an, die immer Windeln bei ihrer Tätigkeit im Orbit trugen, bevor sie sich damit einverstanden erklärte, sie »für alle Fälle« überzuziehen.
Nein, ich würde sie nicht auslachen und mich erkundigen, ob sie die Windeln gebraucht hätte. Nicht einmal mit Lion würde ich darüber sprechen. Und er würde auch nicht davon anfangen. Ich war mir sicher, dass sie es auch nicht aushalten könnten. Stasj würde es natürlich wissen, aber Stasj wusste auch so alles.
Endlich hielt das Auto an. Ich spürte, wie mein Koffer angehoben und weggetragen wurde. Offensichtlich schon nicht mehr von den Wachleuten, die Stimmen waren unbekannt. Als ich hörte, worüber sie sprachen, blieb mir vor Angst fast das Herz stehen.
»Zum Zoll?«
»Wohin sonst? Äh, nein... warte mal... Das ist doch die VIP-Kategorie, keine Kontrolle. Direkt in den Laderaum.«
Der Koffer wurde abgesetzt.
»Dann hol einen Wagen. So ein schwerer Koffer, verdammt...«
»Vielleicht sollten wir ihn durch den Scanner schicken?«, schlug plötzlich derjenige, der »VIP« erwähnt hatte, vor. »Dann schauen wir mal, was die reichen Tiere so alles dabeihaben.«
»Und was gedenkst du da zu finden?«, wurde ihm voller Ironie erwidert. »Fünfhundert Kilo Rauschgift? Eine zerstückelte Leiche? Einen illegalen Passagier?«
»Gold und Brillanten!« Der zweite Träger lachte. »Es ist einfach interessant.«
»Nein, das ist es nicht wert«, kam die Antwort nach einigen Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. »Siehst du nicht, wie viel so ein Koffer kostet? Der hat sicher einen Strahlendetektor. Der Besitzer merkt sofort, dass sein Gepäck durchsucht wurde. Oder gefällt dir deine Arbeit nicht?«
»Besser im Dock arbeiten als Koffer schleppen, die zwei Kredit kosten.« Der Sprecher spuckte aus. »Okay, ich hole einen Wagen.«
»Zwei Kredit, da übertreibst du«, erwiderte der andere Träger tief in Gedanken versunken. »Vielleicht anderthalb... und auch das wohl kaum...«
Irgendetwas stieß an den Koffer und fuhr in einigen Zentimetern Entfernung von meinem Gesicht über die Wand. Bestimmt war der Koffer angespuckt worden und wurde abgewischt. Mit der Schuhsohle.
Gut, dass Leute vom Kaliber Bermanns nicht ahnen, wie manchmal mit ihren Sachen umgegangen wird und wie die teuren Gerichte im Restaurant zubereitet werden. Auf Karijer arbeitete eine Bekannte meiner Eltern im ersten Hotel der Stadt. Nicht im Hotel am Kosmodrom, sondern im Hotel neben dem Rathaus auf dem zentralen Platz. Sie erzählte uns, wenn sie in einer Suite putzen musste, die total unaufgeräumt war, wo »sich diese reichen Viecher zu fein waren, auch nur die Spülung zu betätigen«, dann reinigte sie das Toilettenbecken mit der Zahnbürste des Gastes. Sie wurde entlassen. Sie hatte es bestimmt nicht nur meinen Eltern erzählt. Die Sache wurde freilich vertuscht, sie bekam lediglich die Auflage, nicht weiter im Dienstleistungssektor zu arbeiten.
Allerdings sind nicht alle Ekel erregenden Leute so schwatzhaft. Damals hatte ich mich nicht besonders darüber gewundert. Mir schien, dass es die rechte Strafe für Schmutzfinken war.
Ich nahm mir aber vor, im Hotel nie meine Zahnbürste offen stehen zu lassen.
Der Transportkarren kam, sein Motor tuckerte leise. Das Gepäck wurde auf der Ladefläche verstaut und weggebracht. Gleich neben mir waren meine Freunde, das wusste ich, aber wir konnten nicht miteinander reden.
Der Wagen fuhr ewig.
Das Agrabader Kosmodrom war groß. Wie ich damals, nach meiner ersten Landung auf Neu-Kuweit, auf ihm herumgelaufen war! Was für eine unverzeihliche Dummheit! Zu Fuß über die Start- und Landebahn, jeden Augenblick in Gefahr, unter den Kräftestrahl eines Raumschiffes oder einen dummen automatischen LKW zu geraten!
Und wie wir mit Stasj den Planeten verlassen hatten... nachts, den hilflosen Lion auf den Armen... jeden Augenblick konnten die Hirnamputierten zu sich kommen und sich auf uns werfen...
Aber es war gut ausgegangen!
Und auch dieses Mal wird es gut ausgehen, so redete ich mir ein, obwohl ich ein zunehmend unangenehmeres Gefühl nicht unterdrücken konnte: während der Gepäckkarren hielt, während das Gepäck abgeladen wurde und während wir eine lange Zeit in völliger Stille verharrten.
Nur gut, dass Natascha in einer echten Anabiosekammer
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