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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Erwachsenen.«
    »Und wer fährt mit?«, äußerte ich mein Unverständnis.
    »Idiot! Du fährst mit! Juristisch gesehen bist du erwachsen, also kann uns niemand etwas anhaben!«
    »Dafür habt ihr die Erlaubnis bekommen?«
    Rossi kicherte wieder. »Warum nicht? Weißt du, wie dir unsere Eltern vertrauen? ›Ein sehr ernst zu nehmender junger Mann, und nur um weniges älter als ihr!‹«
    Es gelang ihm gut, die Stimme seines Vaters nachzuahmen.
    »Ich bin wirklich ernst zu nehmen«, erwiderte ich nach eiligem Überlegen. »Einverstanden!«
    »Wir kommen in einer Viertelstunde vorbei«, meinte Rossi, »Vater fährt mit uns zu dir, damit alles seine Ordnung hat. So. Nein, nicht in einer Viertelstunde, in einer halben Stunde, ruft er, er muss sich noch rasieren.«
    »Gut, bis dahin ist Lion fertig«, willigte ich ein.
    Rossi war das, so glaubte ich, nicht ganz recht. Aber er antwortete würdevoll:
    »Richtig, frische Luft tut ihm sehr gut. Nimm ihn mit. Und zieht euch warm an! Und außerdem...« Er senkte seine Stimme zu einem kaum verständlichen Flüstern: »Nimm etwas zu trinken mit!«
    »Was?«
    »Na ja, Bier... Ich weiß nicht, was. Bier oder Wein, entscheide selbst! An dich wird es doch verkauft! Also, bis gleich.«
    Ich beendete das Gespräch und lachte auf. Dachten sie etwa, dass ein Trinkgelage interessant wäre?
    »Kinder«, sagte ich und ging Lion wecken. Bier hatte ich im Kühlschrank, eine ganze Packung. Nicht für mich, sondern falls sich Stasj entschließen würde, bei uns vorbeizuschauen. Lion sah normal aus. Wie ein wohl erzogenes Kind, das im Hauseingang steht, warm angezogen, und geduldig auf jemanden wartet.
    Ich trug eine Schultertasche mit Bier, belegten Broten und einer Packung mit einem sich selbst erhitzenden geräucherten Hähnchen.
    Rosi und Rossi ließen uns nicht warten, sie fuhren nach genau einer halben Stunde vor. Am Lenkrad saß voller Stolz Rosi mit einer Strickmütze und einer grellen Wolljacke. Aufgedonnert war sie, als ob sie ins Konzert wollte und nicht zum Picknick an den See. Rossi war einfacher und praktischer angezogen. Er trug eine synthetische Kombination, in der man ruhig in den Schnee fallen oder im Eiswasser baden konnte.
    Ihr Vater saß vorn neben der Tochter. Er war sehr groß, breitschultrig und hatte eine dichte Haarmähne. Bei ihm würde man nie denken, dass er einen friedlichen und beschaulichen Beruf hatte: Theaterkritiker. So stellte er sich allen vor, mir auch: »Theaterkritiker mit den tolerantesten Ansichten.«
    Er stieg als Erster aus dem Auto. Rosi bummelte beim Abschnallen herum. Rossi verhedderte sich meines Erachtens in seinen eigenen Armen und Beinen, während mir ihr Vater bereits die Hand drückte und seinen Bass erklingen ließ:
    »Guten Morgen, junger Mann.«
    »Guten Morgen, William«, erwiderte ich. Er verlangte, ihn nur mit dem Vornamen anzureden und »nicht auf den Altersunterschied zu achten«. Als ob ich mich dadurch unbefangener fühlen würde. Stasj ignorierte den Altersunterschied nicht und mit ihm war es wesentlich einfacher.
    William räusperte sich und flüsterte verschwörerisch: »Ein herrlicher Morgen, um meinen Taugenichtsen eine kleine Lektion im Erwachsenwerden zu verabreichen, stimmt’s, Tikkirej?«
    »Ja, William«, antwortete ich nachgiebig.
    William warf einen Blick auf seine Taugenichtse, zwinkerte mir zu und sagte leise: »Sicher habt ihr Bier oder Wein mitgenommen. Nein, du musst nicht antworten, Tikkirej, ich erinnere mich noch gut daran, wie ich selbst als Jugendlicher war. Aber ich bitte dich als selbständigen und verantwortungsbewussten Menschen, darauf zu achten, dass sich Rosi nicht eher als drei Stunden nach Alkoholgenuss ans Steuer setzt!«
    »Ich werde mich darum kümmern«, sagte ich.
    Erst danach wandte sich William Lion zu und sagte: »Guten Morgen, Junge!«
    Ein »junger Mann« war nur ich für ihn.
    »Guten Morgen«, erwiderte Lion artig.
    »Hm. Gut, ich werde euch nicht länger mit meinen altertümlichen Anweisungen stören.«
    William umarmte Rosi und Rossi. Sein Lächeln war dabei dermaßen verschmitzt, dass sofort klar war: Er würde sich auch in zwanzig Jahren nicht für einen Greis halten.
    »Papa, wir fahren«, sagte Rosi schnell.
    »Der Sicherheitsblock im Auto ist eingeschaltet«, zählte William in der Zwischenzeit auf, »die Apotheke am Platz. Habt ihr alle eure Telefone mit? Vergesst nicht, euch anzuschnallen!«
    »Okay, okay«, rief Rosi und hüpfte auf der Stelle. »Papa, du kommst noch zu

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