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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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leuchtend am Himmel stand, sprang Jory auf sein Pferd, trat der Mähre in die Rippen und ritt über das niedere Buschwerk, das im Mondlicht mattsilbern schimmerte.
    Er erreichte den Fuß des Berges, blieb einen Augenblick stehen, um den Hals des Pferdes zu streicheln, dann ließ er das Tier vorsichtig einen Weg den Berg hinauf suchen.
    Aus einem Busch neben dem schmalen Weg betrachteten ihn kleine rotglühende Augen durch die Dunkelheit. Eine Eule verließ ihren Ast und flog langsam in der Hoffnung hinter ihm her, daß das Pferd ein Kaninchen oder Eichhörnchen aufschrecken würde. Auf einem Felsabbruch vielleicht hundert Meter über ihnen, zuckte ein Puma mit den Ohren, als er den heißen Duft des Pferdes wahrnahm, und dann verschwand er im dunklen Schatten der Zedern.
    Eine halbe Stunde später knurrte der Puma leise, als das Pferd an ihm vorbeizog, und ein Kaninchen quiekte erschrocken, als die Eule ihre Fänge in seinen Hals schlug und es in den dunklen Himmel riß, und weit draußen in der Großen Einsamkeit schnupperte ein Kojote in der Nachtluft den unverkennbaren Duft des Todes.

Teil II
Outlaws
     
5
     
    Neal nahm die gußeiserne Pfanne hoch und goß das Schinkenfett in eine alte Kaffeedose. Er stellte die Pfanne zurück auf den Herd. Während die dünne Fettschicht spritzte und zischte, schlug Neal zwei Eier am Rande der Pfanne auf und ließ sie hineingleiten. Er ließ die Pfanne sanft kreisen, bis die Eier sich gesetzt hatten, dann stellte er sie zurück auf den gußeisernen Herd.
    Auf der zweiten Platte verstummte das Blubbern des alten Kaffeebereiters zu einem sanften Tropfen. Neal nahm den Kaffeekocher mit einem Topflappen herunter und goß sich eine Tasse ein. Buntschimmernde Flecken trieben obenauf und verbreiteten den typisch öligen Duft, der altmodisch bereitetem Kaffee innewohnt. Neal nahm vorsichtig einen Schluck, verbrannte sich die Lippen und trat hinaus auf die kleine Veranda.
    Hinter ihm ging die Sonne auf; sie begann, das Dach der Hütte zu wärmen. Neal nahm die Geräusche wahr, die er zuerst für Stille gehalten hatte. Wenn er genau zuhörte, konnte er jetzt den Westwind in den Bäumen spielen hören, konnte das Plätschern des Baches hören, der über Steine und Sand floß. Er hörte immer dieselbe alte Krähe von demselben Kiefernast herunter schimpfen, hörte das Hämmern eines Spechts, der in den toten Zedern nach Ameisen suchte, und das Pfeifen der Erdhörnchen.
    Und dann waren da noch die Gerüche. Dominierend der Duft der Kiefernnadeln, anders als der schwülere Duft des Harzes, der warme, beißende Duft des sauren Bodens unter dem Buschwerk, der Beifuß selbst, dessen Duft trocken und süß in der frischen Morgenluft hing. Und nun auch noch das Aroma der Eier, die im Fett des Bacons brieten, und der wunderbare Brotgeruch der Scheibe, die auf dem Grill über dem Herd bräunte.
    Neal ging zurück in die Hütte und wendete die Eier, dann drückte er den Bratenwender darauf, bis die Dotter platzten.
    Er nahm den Toast vom Grill, schmierte Butter darauf und legte ihn auf einen alten weißen, etwas angeschlagenen Teller, dessen Rand kleine blaue Blumen zierten. Er sah den Eiern zu, bis sie fest geworden waren, dann ließ er sie auf den Teller gleiten, goß sich noch einen Kaffee ein und setzte sich an den Tisch, drei breite Kiefernbretter, die auf einen Rahmen aus gespaltenen Stämmen genagelt waren. Er zog seinen Stuhl heran – eine einfache Kiefernarbeit, mit einem Beil zurechtgehauen – und schlug in der Carson City Gazette die Sportseiten auf.
    Die Zeitung war genau eine Woche alt. Neal fuhr einmal die Woche mit Steve in die Stadt, um zu kaufen, was er brauchte, und um sieben Zeitungen auf einmal mitzunehmen. Er hatte sich selbst dazu diszipliniert, nur eine Zeitung täglich zu lesen, und so waren die Nachrichten immer eine Woche alt, aber es dauerte nicht lange, bis ihm das egal war, und nur wenig später warf er in den Nachrichtenteil sowieso bloß noch einen kurzen Blick und konzentrierte sich auf Sport, Buchkritiken, Kommentare und Comics. Besonders die Comicstrips hatten es ihm angetan, er interessierte sich tatsächlich brennend für das Schicksal von Gil Thorps Baseballmanschaft und Steve Roper.
    An diesem Morgen war das Leben, genau wie an jedem anderen Morgen, vor allem eine Frage des Durchhaltens. Joe Graham hatte ihm das vor langer Zeit beigebracht – ein Leben zu leben bestand darin, die kleinen Dinge ordentlich zu erledigen, und zwar dann, wenn sie erledigt werden

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