Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
einen Wurf ab.
Der Ball schien mir über den Kopf zu gehen, also rannte ich
rückwärts. Zwischen dem Haus von Red und dem von Chuck gab es
eine Hecke. In die fiel ich rein, während ich nach dem Ball
hangelte. Der Ball landete auf der Hecke, sprang noch einmal hoch und
flog auf Chucks Rasen. Ich ging außen herum, um ihn zu holen.
Chuck warf ihn mir zu. »Na, Heini? Da hast du dir ja ‘n
Freak angelacht, der richtig zu dir paßt…«
Ein paar Tage später stand ich wieder einmal
bei Red auf dem Rasen, und wir übten Kicks und Querpässe mit
seinem Football. Chuck und seine Freunde waren nirgends zu sehen. Red
und ich wurden zusehends besser. Übung, das war alles, was man
brauchte. Jetzt mußten wir nur noch eine Chance bekommen. Aber
das hing eben immer von irgendeinem ab, der bestimmte, wer eine Chance
bekam und wer nicht.
Ich fing einen Ball in Schulterhöhe,
wirbelte herum und schleuderte ihn zurück, und Red machte einen
Satz und angelte ihn aus der Luft. Vielleicht werden wir eines Tages
mal für die University of Southern California spielen, dachte ich.
Da sah ich auf dem Bürgersteig fünf Jungs auf uns zukommen.
Keine aus meiner Schule. Sie waren in unserem Alter und machten den
Eindruck, daß sie es auf uns abgesehen hatten. Red und ich warfen
weiter den Ball hin und her. Sie blieben stehen und sahen zu.
Dann kam einer zu uns auf den Rasen. Er war der größte von ihnen.
»Wirf mir den Ball her«, sagte er zu Red.
»Warum?«
»Ich will sehn, ob ich ihn fangen kann.«
»Mir doch egal, ob du ihn fangen kannst oder nicht.«
»Wirf mir den Ball her!«
»Er hat nur einen Arm«, sagte ich. »Laß ihn in Ruhe.«
»Halt du dich da raus, du
Arschgesicht!« Dann sah er wieder Red an. »Wirf mir den
Ball her!« »Du kannst mich mal!« sagte Red.
»Nehmt ihm den Ball weg!« sagte der
Bursche zu den anderen. Sie rannten auf uns zu. Red drehte sich um und
warf den Ball aufs Dach. Das Dach war schräg, und der Ball rollte
wieder zurück, aber er verfing sich in der Dachrinne. Jetzt gingen
alle auf uns los. Fünf gegen zwei, dachte ich, da haben wir keine
Chance. Ich bekam eine Faust an die Schläfe und schlug
zurück, aber der Schlag ging ins Leere. Dann trat mich einer in
den Hintern. Es war ein harter Tritt, und der Schmerz zuckte mir den
ganzen Rücken hoch. Plötzlich hörte ich etwas knallen.
Es klang wie ein Schuß. Einer der Gegner lag am Boden und hielt
sich die Stirn. »Au Scheiße«, sagte er, »ich
hab ‘n Loch im Kopf!«
Ich sah Red mitten auf dem Rasen stehen. Er hatte
seinen künstlichen Unterarm in der Hand und schwang ihn wie eine
Keule. Er schlug erneut zu, und ein weiterer Gegner ging zu Boden. Das
machte mir Mut. Ich boxte einen der Kerle auf den Mund und sah, wie
seine Unterlippe platzte. Das Blut tropfte ihm vom Kinn herunter. Die
restlichen beiden liefen weg. Der größte Kerl war als erster
umgemäht worden. Er stand jetzt auf, und auch der andere rappelte
sich hoch. Meiner mit dem blutverschmierten Mund stand benommen da.
Dann verzogen sie sich. Als sie schon ein ganzes Stück entfernt
waren, drehte sich der Große um und rief: »Wir kommen
wieder!«
Red rannte los und ich hinterher. Wir scheuchten
sie die Straße hoch, bis sie um eine Ecke verschwanden. Wir
gingen zurück, zogen die Leiter aus der Garage, holten den
Football vom Dach und warfen ihn wieder hin und her.
An einem Samstag beschlossen Red und ich, in das
Freibad unten an der Rimini Street zu gehen. Red war ein seltsamer
Bursche. Er redete nicht viel, aber ich war schließlich auch
recht wortkarg, und so kamen wir gut miteinander aus. Es gab ohnehin
nichts zu reden.
Nur einmal fragte ich ihn nach seiner Schule,
aber er sagte nur, es sei eine Sonderschule, und es koste seinen Vater
einiges Geld.
Es war früher Nachmittag, als wir ins
Schwimmbad kamen. Wir besorgten uns Schlüssel für zwei Spinde
und zogen uns aus. Unsere Badehosen hatten wir bereits an. Ich sah, wie
Red seinen Arm abschnallte und im Spind verstaute. Es war das erste Mal
seit der Schlägerei, daß ich ihn ohne seinen
künstlichen Arm sah. Ich gab mir Mühe, den Stummel nicht
anzusehen. Wir gingen zu dem kleinen flachen Becken, wo man sich die
Füße in einer Chlorlösung einweichen mußte. Das
Zeug stank, aber es verhinderte die Ausbreitung von Fußpilz oder
so etwas. Dann gingen wir zum Schwimmbecken und wateten rein. Auch hier
stank das Wasser, und als ich bis zum Bauch drin war, pißte ich
rein. Es waren alle Altersgruppen vertreten, Männer und
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