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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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mir der Finanzminister, als er,
begeistert von der Verdreifachung der Einnahmen aus Eintrittsgeldern der
Wilhelma, ein Rundschreiben an die Direktoren der staatlichen Museen richtete.
Darin wies er auf meine Erfolge hin, mit der Empfehlung, sich von mir in
Werbungsfragen beraten zu lassen. Wenn mir von diesen Kreisen je ein Hauch von
wissenschaftlicher Qualifikation zuerkannt wurde, so war das von diesem
Augenblick an vorüber. Ab sofort wurde ich von ihnen in der Nähe der
Schausteller des Volksfestes eingruppiert.
    Außerhalb Württembergs hatte ich mehr
Erfolg. Eine besonders erfreuliche Zusammenarbeit entstand mit den botanischen
Gärten der Universitäten München und Würzburg. In München verbrachte ich manche
Ferienwoche, um wissenschaftlich an der künstlichen Aufzucht von Orchideen zu
arbeiten.
    Mit dem steigenden Ansehen der Wilhelma
wurde ich auch vom Ausland eingeladen, an internationalen Preisgerichten
teilzunehmen. Eine der schönsten Einladungen dieser Art war, als Preisrichter
bei Floralien in Gent mitzuwirken. Dies war eine Blumenschau von höchstem
europäischem Rang. Die Qualität der hier gezeigten Pflanzen übertraf alles, was
ich vorher gesehen hatte. Azaleen mit zwei Metern Durchmesser gab es zu
Hunderten. Lorbeersäulen von vier bis sechs Metern Höhe waren keine Seltenheit.
Das größte Erlebnis war ein Besuch der königlichen Gewächshäuser in Laeken.
Hier standen die weltberühmten Blütengalerien gerade in vollster Blüte. Sowohl
in Laeken als auch bei der Ausstellung in Gent war ich von den Orchideen
überwältigt. Wenn auch viel der Gunst des Klimas zu danken war, ist das
gärtnerische Können nicht genug zu bewundern. Im Frühjahr 1939 wurde ich als
Preisrichter zu der internationalen Ausstellung »De Hofstadtbloom« nach Den
Haag gebeten. Während in Gent die Azaleen, die sechs Meter hohen Lorbeersäulen,
Palmen, Warmhauspflanzen und unvorstellbar reiche Orchideenbestände die
Höhepunkte bildeten, waren es in Holland Tulpen, Narzissen und alle anderen
Zwiebelpflanzen. Dazu kamen sämtliche Schnittblumen, die man in dieser
Jahreszeit durch gärtnerisches Können zur Blüte bringen kann.
    Wieder beeindruckte mich eine Fülle der
Meisterleistungen in unserem Beruf, wie ich sie nicht im entferntesten erwartet
hatte. Interessant war auch die verschiedene Art der Darbietung der Exponate.
In Gent waren trotz der Masse des Gebotenen und der üppig entwickelten
Pflanzen, Farben und Formen bis ins Detail fein aufeinander abgestimmt. Dagegen
war in Holland die Wirkung vielfach durch die leuchtende, kraftvolle Pracht der
Blumen bedingt.
     

    Bei dieser holländischen Ausstellung
passierte mir etwas sehr Lustiges. Als ich einem mir befreundeten Großgärtner
von der Ausstellung erzählte, war er Feuer und Flamme, so daß wir beschlossen,
gemeinsam nach Den Haag zu fahren. Dazu stellte er seinen Wagen zur Verfügung.
1939 war aber strenge Devisenbewirtschaftung, und wir durften nur je 20 Mark
in Gulden mitnehmen, dazu erhielt ich, da ich als Preisrichter eingeladen war,
die Genehmigung, für weitere 60 Mark Gulden einzutauschen. Somit hatten wir 100
Mark, aber was sind das für zwei lebenslustige Knaben, wenn sie damit fünf Tage
auskommen sollten. Außer dem Hotel mußte damit auch noch der Treibstoff bezahlt
werden. Wir versuchten, unsere Barschaft dadurch zu strecken, daß ich meinen
Freund bei den Empfängen mit hineinschmuggelte. Am vorletzten Tag hatten wir
gerade noch vier Apfelsinen und das Geld für das Benzin zur Heimfahrt und für
die Hotelrechnung. Zum Glück gab auch noch der Oberbürgermeister von Den Haag
ein Bankett. Es gelang mir auch diesmal, meinen Freund einzuschleusen. Zu
unserem Trost waren vier kalte Büfetts in den verschiedenen Räumen aufgebaut,
so daß wir uns nochmals satt essen konnten. Man könnte auch sagen: Einer war
eingeladen, zu zweit kamen wir, und für vier haben wir gegessen. Am nächsten
Morgen starteten wir nach einem kräftigen holländischen Frühstück, das zum
Glück im Hotelpreis inbegriffen war, zur Heimfahrt und atmeten hörbar auf, als
wir ohne Panne die Grenze überschritten hatten.
    Kurz darauf begann in Stuttgart die
Reichsgartenschau, die Krönung meiner Arbeit in der Wilhelma vor dem Kriege.
Schon seit Jahren hatte ich auf diesen Zeitpunkt hingearbeitet und einen großen
Bestand hervorragender, ausstellungswürdiger Pflanzen herangezogen.
Insbesondere hatte ich einen großen Bestand wild gesammelter Orchideen der
verschiedensten Arten

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