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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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was dem Aufbau meiner
Organisation auch mehr entsprechen würde. Nun tat ich wieder etwas ganz
Regelwidriges, indem ich erklärte, das Gemüse für die Truppen wäre wichtiger
als die Sterne auf meinen Schulterstücken. Im übrigen wäre es höchste Zeit,
etwas zu unternehmen, da der Samen bald in die Erde müßte, damit die Pflanzen
im Frühjahr zur Verfügung stünden. So wurde ich kurzerhand auf die Krim
beordert. Da die Halbinsel von russischen Truppen abgeschnitten war, mußte ich
eingeflogen werden.
    Noch am Abend meiner Ankunft meldete
ich mich bei meinem Vorgesetzten, Generalintendant Rabus. Er war sehr
wohlwollend, konnte sich aber nicht vorstellen, daß meine Mission von Erfolg
begleitet sein würde. Ich wurde auf die freie Planstelle eines
Verpflegungserfassungsstabes gesetzt, dort erhielt ich auch einen Dolmetscher.
Im übrigen war ich selbständig, da bei einer so merkwürdigen Sache jeder
fürchtete, daß sie schiefgehen würde. Es hatte begreiflicherweise niemand Lust,
sich einzuschalten und die Finger zu verbrennen.
    Nun setzte ich mich zuerst mit den Gebietslandwirten
der deutschen Zivilverwaltung in Verbindung. Diese waren auch bereit, einige
wirklich gute, aber leider sehr desolate Staatsgüter abzugeben. Dann forderte
ich von jeder Division einen Gärtner an und stellte eine reiche Gemüseernte in
Aussicht. Bei der Verhandlung mit den russischen Verwaltern der riesigen Güter
machte ich die Entdeckung, daß es sich um wirklich erstklassige Fachleute
handelte, mit denen zusammenzuarbeiten eine Lust war. Es dauerte noch keine
Woche, bis ich festgestellt hatte, welch tiefgreifende Fehler dank unserer
törichten Propaganda, welche nur von Untermenschen sprach, gemacht wurden. Die
Bewohner der Krim, gleichgültig ob es Ukrainer, Türken oder Tataren waren,
hatten alle den Wunsch, mit uns zusammenzuarbeiten und hießen uns freudig
willkommen. So war es eigentlich gar nicht mein Verdienst, als ich anläßlich
einer Besichtigungsfahrt Ende Mai 1941 dem Generalintendanten den prächtigen
Stand der Kulturen zeigen konnte.
    Dabei kam mir zugute, daß die Krim
nördlich des Jailagebirges im Winter einen trostlosen Anblick bietet, so daß
jedermann glaubte, von diesem Land nichts mehr erhoffen zu können. Um so
überraschender ist natürlich der Eindruck, wenn man plötzlich in einen
riesengroßen Garten kommt, der schon im zeitigen Frühjahr von den herrlichsten
Gemüsen förmlich überquillt. Wir hatten, wie durch Zauberschlag, hektarweise
Salat, Blumenkohl, Radieschen, Spinat und andere Gemüse auf den Feldern stehen.
Auf einem Staatsgut wuchsen allein 500 Hektar Tomaten und Gurken. Der Generalintendant
und seine Begleiter waren von diesem Garten restlos überwältigt. Besonders weil
sie den Erfolg mir und meinen paar Soldaten zuschrieben. In Wirklichkeit hatten
wir aber höchstens das Verdienst, daß wir den Ehrgeiz der einheimischen
Bevölkerung anstachelten und die Belegschaft vor Übergriffen schützten.
    Aber sei es wie es wolle, die Truppe
und vor allem die Lazarette waren reichlich mit Frischgemüse versorgt, wenn
auch mein System des Pflanzentransports nicht in Frage kam, da sich bereits die
Wende abzeichnete und wir in den folgenden Jahren froh sein mußten, wenn nicht
die Russen das unter unserer Aufsicht gepflanzte Gemüse ernteten.
    Dieser Besuch hatte zur Folge, daß ich
in den Stab des Generalintendanten kommandiert wurde. Außerdem wurde ich vom
OKH beauftragt, im Winter 1941/42 in Schäftlarn etwa 20 Zahlmeister mit einem
gartenbaulichen Fachstudium auszubilden, damit sie nach meinen Richtlinien die
Truppen mit Frischgemüse versorgen konnten. Ich bin überzeugt, daß durch diese
Maßnahme vielen Tausenden infolge Vitaminzufuhr die Gesundheit erhalten wurde.
Da in den folgenden Jahren die Front immer weiter zurückgenommen wurde, mußten
wir die Jungpflanzen meist nach rückwärts statt nach vorne transportieren.
Dabei mußten wir äußerst vorsichtig zu Werke gehen, damit uns nicht Defaitismus
oder Schlimmeres vorgeworfen wurde.
    Das Gebiet, das wir versorgten, war
riesengroß und es blieb vielfach nur ein Fieseier Storch als Verkehrsmittel
übrig. Einmal wollte die Maschine einfach nicht abheben, weil der Boden zu
morastig war, und wir landeten frontal auf der Böschung eines Dammes. Der
Storch war vom Oberquartiermeister der Heeresgruppe, General Fink, ausgeliehen;
dieser biedere Schwabe rief dann auch gleich den Generalintendanten an;
    Fink: »Wisset se, wo ihr Schöchle ist?«
    Rabus:

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