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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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zurückwichen, rannten die
Tapire wie von der Tarantel gestochen geradeaus durch den Zaun hindurch. Eine
wesentlich angenehmere Überraschung bereitete uns unser Helmkasuar. Dieser
Riesenvogel legte eines Morgens ein Ei, das zeigte, daß der Er eine Sie war.
Darauf kaufte ich sofort einen weiteren Kasuar, in der Hoffnung, damit züchten
zu können. Wer beschreibt unsere Überraschung, als nach einiger Zeit auch
dieser Kasuar Eier legte. Da keine weiteren Helmkasuare auf dem Markt waren,
tauschte ich eine der Hennen gegen einen Kasuar aus einem anderen Zoo. Da er
noch nie Eier gelegt hatte, mußte es ein Hahn sein. Jedoch was tat dieser
garantierte Hahn bei uns? Er legte Eier!
    Die bedeutendste Erwerbung dieser Zeit
waren zwei Schimpansenpärchen. Es waren schöne, etwa vier Jahre alte Tiere, die
einer kranken Artistin gehörten. Dieser Kauf lohnte sich sehr, denn die beiden
Schimpansenmädchen erwiesen sich als sehr intelligent. Als wir den Schimpansen
auf der Ostseite des Terrariums einen Bau mit zwei Außenkäfigen einrichteten,
erwies sich Kicki als Ausbrecherin von hohem Rang. Sie tastete das Wellengitter
mit ihren Lippen ab und erkannte dabei offensichtlich jede spröde Stelle des
Materials. Dann zog und drückte sie so lange an dem Draht, bis er endlich
brach. Das erforderte allerdings viel Geduld und einen Kräfteaufwand, wie er
uns Menschen nicht zur Verfügung steht. Darauf löste sie das Drahtgeflecht
regelrecht auseinander und lud ihre Käfiggenossen zu einem Spaziergang ein.
Zuletzt hatte sie eine solche Gewandtheit erlangt, daß wir mit den Reparaturen
nicht mehr nachkamen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als sie an einen Zoo
mit stärkeren Käfigen abzugeben.
    Da waren uns die Fähigkeiten ihrer
Artgenossin Sonni entschieden lieber. Dank ihrer Lernfähigkeit wurde auch sie
bald zum Star und bestritt ein etwa halbstündiges Programm, angefangen bei der
Fütterung der Seelöwen und aufgehört mit einem Balanceakt. Ihr Lehrer war
wiederum Heinz Scharpf.
    So hatten wir, was uns betrifft, alles
getan, um die Zahl der Futtertiere zugunsten der Ausstellungstiere zu
verringern. Aber der Platz in der Wilhelma wurde immer enger, und im
Ministerium regte sich nichts. Deshalb war es wieder einmal nötig, an seinem
Lieblingsmöbelstück, an der langen Bank, kräftig zu rütteln. Dazu hatten wir
den Volksfestzug ausersehen.
    Zusammen mit dem Verein der Freunde der
Wilhelma füllten wir einen Unimog mit Steifftieren aller Art und beschrifteten
den Wagen mit folgendem Vers: »Auf unsre Pläne fiel ein Reif, bald reichts nur
mehr zum Zoo von Steiff. Doch willst Du nicht, daß das so sei, tritt
schleunigst dem Vereine bei.« Zwei Tage später brachten die Zeitungen die
Meldung, daß sich spontan 200 neue Mitglieder beim Verein der Freunde der
Wilhelma eingeschrieben hätten. Das stimmte zwar, aber nur insofern, als
Ehepaare, die bisher als ein Mitglied galten, nun getrennt geführt wurden. Die
Meldung tat ihre beschleunigende Wirkung, auch wenn wir ein bißchen manipuliert
hatten.
    Da inzwischen mein Freund und
Mitarbeiter Jochem krankheitshalber ausgeschieden war, stellte ich Herrn
Laukenmann als Nachfolger ein, der sich als große Stütze für mich und später
für meinen Nachfolger erwies.
     
     
     

Alles andere als
kleine Fische
     
     
    In diese Zeit fielen auch mehrere
Meeres-Fangfahrten. Da wir unsere erste Fahrt an die Riviera im Herbst 1955
wiederholt hatten, war es zweckmäßig, die Adria aufzusuchen, um von der
dortigen Meeresfauna zu profitieren. Da Professor Dr. Pflugfelder von der
Universität Hohenheim häufig Exkursionen nach Rovinj in Jugoslawien machte und
dort eine meeresbiologische Station bestand, wählte ich diese Stadt gleichfalls
als Basis, denn hier konnte ich die Fangergebnisse bis zu meiner Abfahrt gut
unterbringen.
    Bei Rovinj fanden wir im Meer um die
roten Inseln Wachsrosen, Purpur- und Edelsteinrosen in großer Zahl, auch
Seesterne, Schlangensterne und verschiedene Krebsarten. Da die
Unterwasserjagden hier noch nicht üblich waren, standen allenthalben große
Schwärme der vielfältigsten Fische, die wir leider nicht alle mitnehmen
konnten, da der Platz in unserem Mercedes zu beschränkt war. An der Hafenmole
vom Pula fanden wir wunderbare Schraubensabellen, und was das Schönste war,
hier hatten Tintenfische abgelaicht die wir in der Wilhelma aufziehen konnten.
    Das Tollste erlebte ich auf der
nächsten Fangfahrt in der Bucht von Bakar. Diese Bucht schneidet sehr tief in
das Land

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