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Das Schlitzohr

Das Schlitzohr

Titel: Das Schlitzohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Schöchle
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Neckar wieder
ins Meer befördern zu lassen und auf keinen Fall mein Essen damit zu würzen,
aber davon wollte er nichts wissen. Also auf zum Monopolamt!
    Hier wurde ich mit großer
Zuvorkommenheit empfangen und lernte viele Beamte dieser segensreichen Behörde
kennen, denn einer wies mich zum anderen, weil er nicht zuständig war. Zuletzt
kam ich zum entscheidenden Mann, aber der wollte offenbar auch nichts entscheiden,
denn er fragte mich, wo wir denn eigentlich dieses Meerwasser her hätten. Ich
verriet ihm, daß das Wasser aus dem Aquarium von Triest stammte. Das genügte
ihm offenbar nicht, denn er fragte mich weiter, woher dieses Meerwasser bezogen
würde. Eine Rückfrage ergab, daß es aus einem Außenhafen für Segelboote
entnommen wurde. Darauf wurde festgestellt, daß das Triester Aquarium nur das
Recht hätte, für den Eigenbedarf Meerwasser zu entnehmen. Schließlich bekamen
wir unseren Stempel doch noch. Geringfügigkeit war die Begründung. Jedenfalls
waren wir uns einig, daß die deutsche Bürokratie doch recht harmlos gegen die
italienische ist.
     
     
     

Gondelfahrt durchs
Märchenland
     
     
    Während des letzten Drittels der
fünfziger Jahre hatte sich dank des Märchengartens der Besuch im Blühenden
Barock in Ludwigsburg äußerst erfreulich entwickelt. Deshalb bestanden auch
keine Bedenken gegen seine Erweiterung.
    Ich ließ in der Emichsburg einen Turm
errichten, dessen Quader transparent waren, und der von Zeit zu Zeit von innen
beleuchtet wurde, so daß man das schlafende Dornröschen sah. Die Wendeltreppe,
die im Innern der Emichsburg nach unten führt, versahen wir mit bemalten
Fenstern, die Szenen aus dem Märchen »Die zertanzten Schuhe« zeigen. Der
Stollen am Ende der Treppe lud geradezu ein, den Rübezahl darzustellen. Von
hier bauten wir eine zusätzliche Treppe ins Freie, zum Aschenbrödel. Damit war
ein richtiger Rundgang geschaffen.
    Eine Überraschung zur Bundesgartenschau
1961 in Stuttgart war die große Broderie auf der Nordseite des Schlosses
Ludwigsburg, auf der sogenannten Planie. Daß hier nie eine große Broderie
bestand, war mir klar, denn erst in der Zeit des Klassizismus wurde das tiefe
Tal zwischen Schloß und Favoritepark aufgefüllt. Dieser Platz jedoch forderte
geradezu eine solche Anlage. Hier hat man nämlich den besten Blick von oben,
und nur von oben gewinnt man den überwältigenden Eindruck der bunten Farben der
verschiedenen Kiese in Verbindung mit dem Grün des Rasens und der Buchshecken.
    Aus diesem Grund waren auch die ersten
Broderien in trockengelegten Gräben alter Wasserschlösser und auf
Terrassengärten, wo man die Beete von oben betrachten konnte, zur Zeit der
Renaissance entstanden. Auch während des Barocks sorgte man dafür, daß man sie
von einem erhöhten Standpunkt aus genießen konnte.
    Für die Ludwigsburger Broderie legte
ich den Entwurf einer Anlage zugrunde, die vor dem Louvre in Paris zur Zeit
Eberhard Ludwigs bestand. Mit dem Unterschied, daß ich in die Mitte der
dreieckigen Beete ein Medaillon mit den vier Nebenwappen Eberhard Ludwigs
legte. Nun hätte eigentlich den klassischen Vorbildern entsprechend in das
Zentrum der ganzen Anlage das Hauptwappen des Fürsten gehört, aber ich fand
einen Butterflybrunnen attraktiver. Leider mußten wir ihn nach ein paar Jahren
wieder entfernen, da unser kalkhaltiges Wasser zu viele Störungen verursachte.
Die Dreiecksbeete waren von bunten Rabatten eingefaßt, die Gegenstand heftiger
Kritik wurden, da es angeblich solche Rabatten zur Zeit des Barocks nicht gab.
Zeitgenössische Bilder im Nymphenburger Schloß beweisen das Gegenteil, sie
zeigen solche Rabatten mit bunten Blumen. Als Abschirmung gegen die belebte
Stuttgarter und Marbacher Straße pflanzte ich hohe Hecken an, in denen wir
Volieren unterbrachten, gemäß dem barocken Gedanken, daß die Vögel unserer Erde
zum Serenissimus in seinem Schloß aufblicken. Trotz der großen Häufung der
Volieren mit zirka 500 Vögeln fallen sie durch die Art ihres Einbaus in die
Hecken kaum auf.
    Als die Broderie fertig war,
überraschte auch mich ihre ausgezeichnete Wirkung. Man kann die Broderie
nämlich von drei verschiedenen Standpunkten aus betrachten. Wenn man auf der
Schloßterrasse steht oder in der westlichen Spiegelgalerie, sieht man die
Broderie von oben und hat die Wirkung der bunten Kiese. Steht man direkt vor
der Broderie, wirken die zahllosen Buchsornamente. Kommt man aus dem Tal
heraus, bilden die Rabatten eine riesige Blumenwiese, aus

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