Das Schlitzohr
der die
Wasserstrahlen der Fontäne emporspringen.
Bei unseren Veränderungen in den
Anlagen des Ludwigsburger Schloßgartens lagen uns aber auch
arbeitskräftesparende Verbesserungen am Herzen. Deshalb versahen wir fast das
ganze Blühende Barock mit einer Versenk-Regneranlage, die das umständliche
Schleppen von Schläuchen überflüssig machte. Zur Anzucht der Sommerpflanzen
bauten wir große Gewächshäuser. So konnten wir unsere Gärtner bei Regen im
Trockenen mit der Pflanzenanzucht beschäftigen. Durch die steigenden Lohnkosten
konnten wir allerdings immer weniger investieren, zumal auch die Materialpreise
gestiegen waren, bis die Finanzdecke so kurz geworden war, daß wir um eine
kräftige Anhebung der Eintrittspreise auch für Dauerkarten nicht mehr
herumkamen.
Eine gründliche Untersuchung bestätigte
meine Überzeugung, daß wir auch diesmal nur über den Märchengarten Aussicht hatten,
den Besuch so anzuheben, daß das Blühende Barock aus den roten Zahlen kam. Nun
hatten die Schweizer 1939 bei ihrer alle 25 Jahre stattfindenden
Landesausstellung einen Bach durch die Ausstellungshallen geleitet, auf dem man
in kleinen Schiffchen fahren konnte. Der Bach war so geführt, daß das Wasser
zum Ausgangspunkt zurückfloß. Hier wurde es dann einfach hochgepumpt und die
Boote hochgezogen. Diese Fahrt hatte uns damals viel Spaß gemacht, und ich
erinnerte mich, daß sich am Einstieg ständig eine Menschenschlange drängte. Ich
war überzeugt, daß ein solcher Bach das Blühende Barock finanziell gesundmachen
könnte. Nur war mir vorerst noch zu viel Technik an dem System. Das Problem
verfolgte mich dauernd, sogar bis in die Badewanne. Hier kam mir denn auch die
zündende Idee. Genau wie man mit der Hand das Wasser zu einem Rundverkehr
bewegen konnte, mußte es bei dem Bach auch gehen. Am besten mit einem Mühlrad,
denn wenn ein Bach ein Mühlrad treiben konnte, mußte es doch umgekehrt auch
funktionieren. Das entsprach auch der Märchenvorstellung, bei der das
Unwirkliche wirklich und das Ungewöhnliche selbstverständlich wird. Es galt nur
noch, kenterfreie Boote zu konstruieren und das Bachbett anzulegen. Beides ließ
ich aus Kunststoff herstellen.
Da es sich ja um einen Märchenbach
handelt, durfte er natürlich nicht an den Häusern vorbei, sondern mußte durch
diese hindurchfließen. In einem der Häuser siedelten wir die kluge Else an, die
mit der ganzen Familie im Keller sitzt, während oben das Essen kalt wird. In einem
anderen Haus begrüßt uns das tapfere Schneiderlein mit den Worten: »Sieben auf
einen Streich.«
Die Wochen vor der Eröffnung der, wie
wir es nannten »Gondelfahrt durchs Märchenland«, waren turbulent. Zwei Tage vor
der Eröffnung konnte das Bachbett erstmals mit Wasser gefüllt werden. Es zeigte
sich, daß alle Beteiligten ganze Arbeit geleistet hatten. Das Bett war dicht.
Die berechnete Strömungsgeschwindigkeit von einem Meter in der Sekunde wurde
erreicht, und die Boote glitten über ein Schiffshebewerkchen, als ob sie das
seit eh und je getan hätten. Mir fiel wieder einmal ein Stein vom Herzen.
Ich hatte den Finanzminister Dr. Robert
Gleichauf gebeten, die Eröffnung vorzunehmen. Allerdings nicht, weil er
Finanzminister, sondern weil er der kinderreichste Minister Deutschlands war.
Ich bat ihn, seinen »Reichtum« mitzubringen, was er auch tat, und so konnte er
mit seiner Gattin und einem Teil seiner elf Kinder einige Boote der
Blühenden-Barock-Flotte besetzen.
Diese »Gondelfahrt durchs Märchenland«
kam bei der Bevölkerung ganz groß an, und die Besucherfahrt kletterte wieder
auf die alte Höhe.
Der Minister im
Aquarium
In der Wilhelma hatte sich inzwischen
einiges getan, unsere Fahrten hatten Früchte getragen, es wurde eine
Planungsgruppe gegründet, der Diplom-Ingenieur Schmidberger vorstand. Mit ihm
hatten wir einen Mann gewonnen, der als Bauleiter des Landtagsgebäudes sein
Können bereits unter Beweis gestellt hatte. Als erstes betrieb er die
Fertigstellung des Maurischen Landhauses.
Um eine gute Koordinierung zwischen
Architekten, Bauleiter, Zoologen und Gärtner zu erreichen, fand jeden Montag in
meinem Büro eine Besprechung statt, in der jeder seine Gedanken und
Vorstellungen vortragen konnte. Diese Besprechungen waren äußerst fruchtbar,
zumal ich möglichst für eine heitere, gelöste Stimmung sorgte. Das wirkte sich
schon beim Bau des Maurischen Landhauses hervorragend aus.
Die Gewächshäuser links des Landhauses
bildeten den
Weitere Kostenlose Bücher