Das Schlitzohr
neue Aquarium. Man kann sich wohl
vorstellen, mit welchen Sorgen wir den ersten Jahren entgegensahen, denn hier
waren trotz gründlicher Voruntersuchungen bei so vielen technischen Neuerungen
Pannen durchaus möglich. Weil wir alle um die Problematik wußten, waren wir
doppelt wachsam. Überraschungen erlebten wir natürlich trotzdem. So hatten wir
im Interimsaquarium ein paar Arapaima aufgezogen. Diese Riesenfische wuchsen
gut heran und paßten zuletzt knapp in das größte Becken. Wir waren glücklich,
sie in das große Becken der Amazonaslandschaft aussetzen zu können, denn hier
konnten sie nach Herzenslust schwimmen. Leider taten sie das auch. Diese
Bewegung war für sie so ungewohnt, daß sie an einem Herzschlag starben. Es war
die gleiche Erscheinung wie bei unserem ersten See-Elefanten, dessen zu gute
Ernährung und die mangelnde Bewegung zu Herzverfettung und den damit
verbundenen Folgen führte.
Eine andere Überraschung bereitete uns
ein Krokodil. Bei der Planung der Krokodilhalle hatten wir lange Diskussionen
mit erfahrenen Leitern großer Terrarien über die Sicherheitsabstände geführt.
Mit Rücksicht auf unsere besonders günstigen Bedingungen rechneten wir mit
einem optimalen Wachstum der Tiere und machten noch Zuschläge. Etwa ein Jahr
nach der Inbetriebnahme prüfte ein Gärtner wie allmorgendlich die Feuchtigkeit
des Bodens außerhalb der Krokodilbucht mit der Hand. Dabei stieß er auf etwas
Klebriges. Er hatte ein Krokodilei zerdrückt! Man kann sich unser Erstaunen, um
nicht zu sagen Erschrecken, vorstellen. Denn was hätte da passieren können,
wenn ein ahnungsloser Gärtner dem Krokodil während der Eiablage begegnet wäre?
Der Zwang, seine Eier an einem sicheren und geeigneten Platz abzulegen, hatte
dem Tier offenbar überkrokodilische Kräfte verliehen, so daß es jedes Hindernis
überwand. Nach der Eiablage war es offensichtlich wieder in die Krokodilbucht
zurückgekehrt und hatte auf der Pflanzfläche nicht die geringste Spur hinterlassen.
Vorsichtshalber brachten wir eine weitere Absicherung an der vermutlichen
Ausstiegsstelle an. Leider waren die Eier nicht befruchtet, so daß nicht einmal
junge Krokodile uns für den Schreck entschädigten.
Nach dem Umzug der Tiere aus dem
Interimsaquarium in ihre zukünftige Heimat war dieses Haus wieder zu besetzen.
Es war bereits für tropische Vögel und Kleinsäuger sowie Beuteltiere des
fünften Kontinents vorgesehen. Dabei war es uns ein Anliegen, die Tiere, vor
allem die Vögel, möglichst in ihrem heimischen Milieu vorzustellen. Das war
schwierig, denn ein großer Teil der Vögel benimmt sich gegen die Pflanzen, die
doch ihre Existenzgrundlage stellen, genauso rücksichtslos wie wir Menschen
gegen unsere Mutter Erde und ihre Schätze. Wir mußten die Pflanzen deshalb mit
Maschendraht vor ihren Schnäbeln schützen, was das Bild leider etwas
beeinträchtigt. Bei großen Papageienarten, wie Ara, machten wir erst gar nicht
den Versuch, Pflanzen anzusiedeln.
Mit dem Fortschritt der Neubauten im
Rosensteinpark kamen neue Probleme auf uns zu. Sämtliche Bauten standen entlang
der Pragstraße. Entsprechend dem geplanten Endzustand hätten nun auch auf der
Seite zum Rosensteinpark ebenfalls Tierhäuser stehen müssen, um einen Rundgang
zu bilden.
Deshalb mußte vor Eröffnung dieses
Erweiterungsteiles etwas geschehen. Da für Neubauten keine Mittel vorhanden
waren, mußten wir wieder mit unseren altbewährten Provisorien einspringen. So
entstanden noch zehn Gehege mit den dazugehörigen Stallungen. Dank der guten
Einnahmen, die wir in dieser Zeit hatten, konnten wir nicht nur Gehege und
Stallungen sehr solide erstellen, sondern sie auch mit wertvollen Tieren
besetzen. Bei der Besetzung des Raubtierhauses wollten wir das Risiko einer
Einschleppung der Stuttgarter Katzenseuche aus dem alten Raubtierhaus nicht
eingehen und kauften einen vollkommen neuen Bestand an Tigern, Leoparden,
schwarzen Panthern, Jaguaren, Silberlöwen und Löwen, wobei wir die alten Tiere
in Zahlung gaben.
Im ersten Jahr hatten wir
ausgezeichnete Zuchterfolge. Diese hörten leider bald auf, da eine unbekannte
Seuche ausbrach. Später stellten wir fest, daß sie durch den schwarzen Panther
eingeschleppt worden war, den uns ein zwar hochangesehener, aber eben nicht
übertrieben gewissenhafter Tierhändler verkauft hatte. Wir konnten ihm zwar
nichts nachweisen, aber die Krankheit saß in dem neuen Haus. Ich erwähne diesen
Fall, um darzutun, daß in der Tiergärtnerei zu
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