Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
die Renovierung bis dahin abgeschlossen ist? Du solltest nicht vergessen, dass uns jeder Tag, den das Hotel geschlossen ist, ein Vermögen kostet.“
Sein Vater wollte nach Hamburg kommen? Schon Ende des kommenden Monats? Wie konnte er ihn davon abhalten? Seine Gedanken rasten.
„Ich … Vater, du …“ Er kam nicht mehr dazu, seinen Einwand zu formulieren, denn im nächsten Moment drang auch schon das Besetztzeichen an sein Ohr.
Richard Westenberg hatte aufgelegt.
Fluchend warf Hannes das Handy aufs Bett. Wunderbar! Er war, was den Verkauf des Schlosses betraf, seit seiner Ankunft noch nicht einen Schritt vorangekommen. Im Gegenteil, es gab Komplikationen. Und jetzt machte ausgerechnet sein Vater die Sache noch komplizierter, als sie es ohnehin bereits war.
Nun, er würde sich etwas einfallen lassen müssen. Und angesichts dieser Wendung durfte er fortan erst recht keine Rücksicht auf Lisbet nehmen.
Entschlossen ballte er die Hände zu Fäusten. Er würde seinem Vater beweisen, dass er der richtige Mann war, um seine Nachfolge anzutreten. Koste es, was es wolle!
Lisbet stand gerade im Stall und mistete eine der Boxen aus, als sie den alten Esel Viktor protestierend schreien hörte.
„Nein, pass auf, Kristina.“ Lisbet legte die Mistgabel zur Seite und trat hinter das neunjährige Mädchen, das am Downsyndrom litt. Sie nahm Kristinas Hand, die den Striegel hielt, und führte sie mit sanftem Druck über das Fell des Esels. „Wenn du zu fest drückst, tust du Viktor weh. So gefällt es ihm bestimmt besser.“
Kristina quietschte vergnügt, als das Tier den Kopf zu ihr wandte und sie mit seiner feuchten Nase gegen die Schulter stupste.
„Siehst du?“ Lisbet lächelte. „Er zeigt dir, dass er es so lieber mag.“
Als sie sich wieder ihrer eigenen Arbeit zuwandte, bemerkte sie den Mann, der an der Stalltür stand.
Hannes.
Ihr Herz stockte kurz, dann klopfte es umso schneller. Rasch senkte sie den Blick, um ihre Nervosität zu verbergen. Dabei ärgerte sie sich über sich selbst. Sie war mit diesem Mann nicht zusammen, warum reagierte ihr Körper so heftig auf ihn? Sie mochte ihn ja nicht einmal, machte er ihr doch den Anspruch auf Beringholm Slott streitig.
Nein, er macht ihn mir nicht
streitig –
rechtlich gesehen ist er die einzige Person, die
überhaupt
einen Anspruch besitzt!
Sie schob den unbequemen Gedanken weit von sich. Hilda hätte gewollt, dass sie das Schloss bekam und alles genauso weiterführte, wie es zu ihren Lebzeiten gewesen war, da war sie sich absolut sicher. Hatte sie damit nicht zumindest einen moralischen Anspruch auf das Anwesen?
Doch leider würde ihr das vor Gericht wohl kaum helfen. Sie musste sich also dringend etwas einfallen lassen, denn Hannes würde sich mit diesem Vertrag, den sie erfunden hatte, nicht lange ruhigstellen lassen.
Sie drehte sich zu ihm um. „Stehen Sie schon lange hier?“
„Lange genug, um zu sehen, wie gut Sie mit Kindern umgehen können.“ Seine anerkennenden Worte überraschten Lisbet. Doch sogleich verfinsterte sich sein Blick wieder. „Warum, haben Sie was dagegen, dass ich mich auf meinem Grund und Boden umsehe?“
Das hätte sie sich ja denken können, dass wieder so etwas kam! Lisbet zwang sich zur Ruhe. Um keinen Preis wollte sie sich vor ihm eine Blöße geben. „Nein, weshalb sollte ich?“, entgegnete sie kühl. „Allerdings können Sie sich, wenn Sie schon hier herumstehen, ebenso gut nützlich machen.“
Sie warf Hannes die zweite Mistgabel zu, die neben ihr an der Wand lehnte. Er fing sie geschickt auf und begann ohne jeden Protest mit der Arbeit. Verblüfft schaute Lisbet ihm zu. Dieser Mann besaß eindeutig zwei Gesichter!
„Hören Sie, ich wollte noch einmal mit Ihnen reden.“ Er schaufelte eine Ladung Eselsmist in die Schubkarre. „Wir sind doch erwachsene Menschen und sollten in der Lage sein, uns gütlich zu einigen, was Beringholm Slott angeht, finden Sie nicht auch?“
Sie hielt inne und stützte sich auf den Stiel der Mistgabel. Argwöhnisch schaute sie ihn an. „Im Grunde ja. Aber was wollen Sie genau damit sagen? Haben Sie es sich etwa anders überlegt und lassen mich mit den Tieren auf dem Schloss bleiben?“
„Nun, wenn dieser Vertrag, von dem Sie gesprochen haben, tatsächlich existiert, wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als mich irgendwie mit Ihnen zu arrangieren.“
Sein Blick machte deutlich, dass er nicht wusste, ob er ihr trauen konnte. Lisbet spürte, wie sich in ihrem Magen ein
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