Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
…“
„Ich habe von Ihnen gehört“, fiel Hannes ihm ins Wort. „Und mir ist ebenfalls zu Ohren gekommen, dass Sie meiner Großtante ihre letzten Monate ziemlich schwer gemacht haben.“
Steen riss die Augen auf. „Das sind doch üble Verleumdungen“, protestierte er, doch Hannes kaufte ihm seine Entrüstung nicht ab. „Ich bin gekommen, um Lisbet Carlsson meine Aufwartung zu machen. Fälschlicherweise hatte ich angenommen, dass sie nach dem Tod Ihrer Großtante die neue Besitzerin von Beringholm Slott ist. Ich hatte ja keine Ahnung … Hannes – ich darf Sie doch so nennen, nicht wahr?“ Als Hannes nichts erwiderte, räusperte er sich kurz und fuhr fort: „Da Sie ja bereits von mir gehört haben, wissen Sie sicherlich, dass ich daran interessiert bin, Beringholm Slott zu kaufen.“
„In der Tat. Aber ich muss Sie enttäuschen.“
Steens Augen wurden schmal. „Was soll das heißen?“
„Nun, selbst wenn ich wollte – ich
könnte
Ihnen das Schloss im Augenblick gar nicht verkaufen. Es gibt da einige … Formalitäten, die noch geklärt werden müssen. Wie es scheint, wurde Lisbet Carlsson von meiner Großtante nämlich lebenslanges Wohn- und Nutzungsrecht garantiert.“
„Unter diesen Umständen dürfte es sich in der Tat schwierig gestalten, einen Käufer für das Anwesen zu finden.“ Steen nickte, dann verzog er die Lippen jedoch zu einem verschwörerischen Grinsen. „M
ir
würde diese Konstellation hingegen nichts ausmachen, Hannes. Denn wissen Sie, ich verfüge durchaus über Mittel, Lisbet Carlsson dazu zu bringen, mit ihrem Viehzeug und den Gören das Feld zu räumen.“
Daran zweifelte Hannes keine Sekunde. Er kniff die Augen zusammen. Was für ein widerlicher Kerl!
Aber warum kümmert dich das eigentlich? fragte plötzlich eine innere Stimme.
Hör dir an, was er zu sagen hat, und wenn sein Angebot gut ist, schlag ein. Eine bessere Gelegenheit, diesen alten Kasten loszuwerden, bekommst du so schnell nicht wieder!
Doch stattdessen fluchte er leise. „Verschwinden Sie!“ Als Steen lediglich überrascht blinzelte, runzelte er die Stirn. „Haben Sie nicht gehört, Mann? Sie setzen sich sofort wieder in Ihren Wagen und verlassen mein Grundstück!“
„Seien Sie kein Narr, Hannes“, beschwor Steen ihn eindringlich. „Hören Sie sich doch erst einmal an, was ich Ihnen biete!“
Er nannte eine Summe, die nicht gerade besonders hoch war – aber immer noch hoch genug, um sämtliche Reparaturen am
Alsterblick
damit bezahlen zu können.
Nichtsdestotrotz verspürte Hannes einen tiefen Widerwillen, das Schloss an Kristof Steen zu verkaufen. Steen hatte keinen Hehl daraus gemacht, was aus Lisbet, den Tieren und den Kindern werden sollte, wenn er erst einmal der Besitzer von Beringholm Slott war. Hannes mochte gar nicht darüber nachdenken, zu welchen Mitteln dieser Mann greifen würde, um sein Ziel zu erreichen …
Das ist nicht dein Problem! Du brauchst das Geld, Steen bietet es. Es ist nur ein Geschäft, von dem beide Seiten profitieren würden.
Alle, bis auf Lisbet und ihre Schützlinge.
„Sie sind doch kein Dummkopf, Hannes! Unter den gegebenen Umständen ist mein Angebot das Beste, das Sie bekommen werden – und das wissen Sie ebenso gut wie ich!“
Natürlich war sich Hannes darüber im Klaren – ebenso wie darüber, dass ihm nicht viel Zeit blieb, das Schloss zu verkaufen. Sein Vater würde schon Ende nächsten Monats nach Hamburg kommen, und bis dahin mussten alle Arbeiten am
Alsterblick
abgeschlossen sein. Wenn Richard Westenberg herausfand, dass Hannes sich von einer Frau hatte reinlegen lassen, und das auch noch aus rein sentimentalen Gründen, war er endgültig aus dem Rennen. In solchen Dingen war sein Vater knallhart. Ihm war es nicht wichtig, ob ein direkter Verwandter die Firma weiterführte. Für ihn war nur wesentlich, welcher Kandidat am besten geeignet war, die leitende Position zu besetzen. Und nach seinen Maßstäben erfüllte Albert diese Voraussetzungen vermutlich viel besser.
Noch vor ein paar Jahren wäre es Hannes vermutlich vollkommen egal gewesen. Er hätte Albert die Firmenleitung mit Freuden überlassen, denn er selbst hegte keine entsprechenden Ambitionen.
Doch Tobias’ Unfall hatte alles verändert. Als Hannes davon erfuhr, hatte er unwillkürlich an das letzte Telefonat mit seinem Bruder denken müssen. Tobias war dahintergekommen, dass jemand in der Firma in die eigene Tasche wirtschaftete.
Jemand, der die Möglichkeit besaß, sich unauffällig
Weitere Kostenlose Bücher