Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
transportieren.
„Aleks, verdammt!“
Und dann, als er schon nicht mehr daran glaubte, sie noch zu finden, stolperte er beinahe über sie.
Sie lag am Boden, direkt vor dem Eingang einer leeren Pferdebox. Ihre Augen waren geschlossen, und er konnte nicht erkennen, ob sie noch atmete. Er kniete sich neben sie und fühlte ihren Puls – er ging schwach, aber regelmäßig. Doch sie hatte bereits viel Rauch eingeatmet, die Gefahr für ihr Leben war noch längst nicht gebannt.
Hannes musste sie so schnell wie möglich hier herausbringen.
7. KAPITEL
„A leks wird doch nichts passieren, oder?“ Mit banger Miene schaute der kleine Gabriel zu Lisbet auf. „Hannes passt auf sie auf, nicht wahr?“
„Ganz sicher“, erwiderte sie mit einer Zuversicht, die sie nicht empfand. Sie hatte Jenny zurück in ihren Rollstuhl gesetzt und mit ihrem Handy die Feuerwehr gerufen. Seitdem schien eine kleine Ewigkeit vergangen zu sein, doch in Wahrheit lag der Anruf gerade einmal ein paar Minuten zurück.
Minuten, die für Hannes und Aleks den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen konnten.
Gerade als sie meinte, die Untätigkeit nicht mehr länger aushalten zu können, tauchte Lars’ Wagen plötzlich hinter der nächsten Wegbiegung auf.
Sie war unendlich dankbar für diesen Zufall. Nun hielt sie nichts mehr. „Bleibt bei Lars, er wird auf euch aufpassen, bis die Feuerwehr kommt!“, wies Lisbet die Kinder an.
Dann rannte sie los.
Schon von Weitem sah sie die Pferde, die sich ängstlich am Rand des Gatters zusammendrängten. Unter ihnen befand sich auch Charlotte. Das Tier war gar nicht im brennenden Stall gewesen – Aleksandra hatte sich völlig unnötig in Lebensgefahr begeben!
Lisbet hatte gerade erst die halbe Strecke hinter sich gebracht, da hörte sie ein Krachen wie von berstendem Holz. Im nächsten Augenblick stürzte das Dach des Stalles ein, und eine Wolke aus Rauch und Qualm erhob sich in den strahlend blauen Sommerhimmel.
Die Hitze, die ihr entgegenschlug, raubte ihr den Atem.
„Aleks …“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen. „Hannes!“ Ein Schluchzen kroch ihre Kehle hinauf, und Tränen brannten in ihren Augen. Sie hatten es nicht geschafft. „Nein …!“
Die grausame Wahrheit traf Lisbet wie ein Schlag in die Magengrube. Sie hatte versagt. Aleksandras Eltern hatten ihr die Verantwortung für ihr Kind übertragen, weil sie es bei ihr in sicheren Händen glaubten. Doch sie hatte dieses Vertrauen enttäuscht. Sie hätte besser auf Aleks aufpassen müssen.
O Gott!
Ein halb ersticktes Husten ließ sie hochfahren. „Hannes?“, rief sie. „Aleks?“
Der Wind trieb Staub und Rauch über der Brandruine auseinander. Und dann – endlich! – sah sie ihn. Mit schleppenden Schritten kämpfte Hannes sich vorwärts, Aleksandra in den Armen. Sein Gesicht war mit schwarzem Ruß bedeckt, und Schweiß glitzerte auf seiner Haut.
Lisbet rannte.
Tränen strömten ihr über das Gesicht und verschleierten ihren Blick. Vorsichtig nahm sie ihm Aleksandra ab. Das leise Stöhnen des Mädchens klang in ihren Ohren wie Musik. Aleks lebte! Beide lebten!
Allein sein eiserner Wille, das Mädchen aus der Todesfalle zu befreien, schien Hannes auf den Beinen gehalten zu haben. Jetzt, da er es geschafft hatte, sank er mit einem erstickten Keuchen in die Knie und schlug hart auf dem Boden auf. Doch er atmete, und das war weit mehr, als Lisbet zu hoffen gewagt hatte.
Plötzlich waren Menschen überall um sie herum.
Die Feuerwehr und der Rettungswagen waren eingetroffen. Jemand nahm ihr Aleksandra behutsam ab, ein anderer Mann wollte sich um Lisbet kümmern, doch sie winkte ab.
„Es geht mir gut“, brachte sie heiser hervor und deutete auf Hannes. „Er braucht dringender Hilfe als ich.“
„Schwester, bitte, können Sie mir sagen, wie es Aleksandra Bjorklund und Hannes Westenberg geht? Sie wurden mit Verdacht auf Rauchvergiftung eingeliefert.“
Die Krankenschwester schüttelte bedauernd den Kopf. „Die beiden werden noch untersucht. Bitte warten Sie, bis der
Doctor
Sie ins Zimmer ruft.“
Obwohl Lisbet weder mit Aleksandra noch mit Hannes verwandt war, hatte sie den Notarzt davon überzeugt, sie im Rettungswagen zum Krankenhaus mitzunehmen. Lars hatte sich bereitwillig darum gekümmert, dass die anderen Kinder zu ihren Eltern gebracht wurden.
Vor etwas mehr als einer Stunde waren sie im
Hospital
von Rättvik eingetroffen. Seitdem lief Lisbet unruhig auf dem Gang vor den Untersuchungsräumen
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