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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hier?«
    »In der Klinik menschlicher Umwandlung, so nennt es der Chefarzt. Er sagt auch: Im Schloß der blauen Vögel.« Ilse Trapps hob die Decke an und kontrollierte die Verschnürungen von Füßen und Händen. Sie hatten sich nicht gelockert. »Müssen Sie auf den Topf? Sagen Sie es immer rechtzeitig; der Chef hat es nicht gern, wenn die Kranken die Betten beschmutzen.«
    Bei diesen Ungeheuerlichkeiten lächelte Ilse Trapps sanft und mitleidvoll. Es tat ihr gut, diese Frau mit Worten zu erniedrigen, wie sie überhaupt jede Frau haßte, die ausgezogen vor Sassner liegen mußte, auch wenn sie hinterher unter seinem Messer alle Schönheit verlor. Im Stadium des Lebens war jede Frau für Ilse eine Feindin. Es könnte eine Schönere als ich kommen, dachte sie immer voll Schrecken. Dann liege ich auf dem Operationstisch. Ihr wurde bei diesem Gedanken übel vor Angst, und kalter Schweiß überzog ihre weiße Haut.
    »Was will man hier mit mir anstellen?« fragte Luise. Was Ilse Trapps erwartet hatte, trat nicht ein … sie schrie nicht um Hilfe, sie zerrte nicht sinnlos an den Fesseln, sie bettelte nicht um ihr Leben.
    »Der Doktor wird Ihnen zeigen, wie man fliegen kann.«
    »Ach …«
    »Er wird Sie durch Operation in einen Vogel verwandeln«, sagte Ilse Trapps genüßlich.
    Jetzt schreit sie, dachte sie. Das erträgt niemand. Spätestens jetzt verliert sie die Nerven. Sie setzte sich auf die Bettkante und wartete auf Luises Ausbruch.
    Aber er unterblieb. Luise starrte Ilse Trapps mit einem Blick voller Haß an, dann sagte sie etwas, was Ilse wie ein harter Schlag traf.
    »Sie sind verrückt! Sie sind ein verrückter Satan! Sehen Sie sich doch bloß im Spiegel an!«
    »Du sollst noch Angst bekommen, du Luder!« Ilse sprang vom Bett. Daß diese Frau nicht wie die anderen vor Grauen schrie, begriff sie nicht. Argwöhnisch betrachtete Ilse sie, ging dann zum Fenster zurück und schloß die Läden wieder. Die dumpfe Dämmerung kehrte zurück, noch erdrückender, weil keine neue Kerze angezündet wurde.
    »Ich möchte den Chefarzt sehen«, sagte Luise kühl.
    »Warum?«
    »Ich habe als Patientin das Recht, mit meinem Arzt zu sprechen. Das sollten Sie als Schwester wissen.«
    Ilse Trapps wich zur Tür zurück. Die klaren, nüchternen Worte dieser Frau, der völlige Mangel an Angst und Erschrecken, machten sie unsicher.
    »Ich werde es ihm bestellen«, sagte sie. »Aber es wird Nachmittag werden.«
    »Wieso?«
    »Um fünf Uhr nachmittags macht der Chef seine Visite.«
    »Es ist gut, dann warte ich so lange.« Luise ließ den Kopf ins Kissen zurücksinken. Mit geschlossenen Augen zwang sie sich, ganz ruhig zu atmen.
    Um fünf Uhr Visite.
    O Gerd … Gerd … wie wird dieses Wiedersehen sein …?
    Gegen zehn Uhr vormittags wurde Luise Sassners kleiner Sportwagen an der Autobahnausfahrt Emmendingen gefunden. Es war aber nicht die Polizei, die ihn entdeckte, sondern ein Bauer, der seit sieben Uhr morgens auf einem benachbarten Feld das Grummet wendete, wunderte sich, daß der schicke Wagen so verlassen am Straßenrand stand und auch nach Stunden noch niemand kam, um ihn wegzufahren. Er zockelte mit seinem Trecker hinüber, betrachtete das Fahrzeug und sah, daß der Zündschlüssel noch im Schloß steckte und die Türen nicht verschlossen waren. Ein Damenmantel lag auf dem rückwärtigen Notsitz, eine Handtasche aus Krokodilleder war, anscheinend beim Bremsen, zwischen die Sitze gerutscht.
    Das kam dem Bauern alles sehr merkwürdig vor. Er rappelte mit dem Trecker zum nächsten Autobahntelefon und rief die Autobahnmeisterei an. Dort lachte man ihn aus und sagte: »Stör die Kleine nicht, Josef. Und wenn sie aus dem Busch kommen, sieh höflich weg. Warst ja auch mal jung, was?«
    Um zehn Uhr wurde es dem Bauern unheimlich. Jung sein ist schön, aber drei Stunden im Wald, ohne daß sich etwas rührt, ist merkwürdig. Er rief wieder bei der Meisterei an, und diesmal kam ein Gerätewagen herüber. Der Straßenmeister wartete noch ein wenig, dann rief er nach allen Richtungen »Hallo! Hallo«, drückte auf die Hupe des kleinen Wagens und freute sich über die verdutzten Gesichter, die gleich irgendwo aus dem Unterholz auftauchen mußten.
    Aber niemand kam. Man entschloß sich, die Handtasche zu öffnen. Sie enthielt den Paß, einen Führerschein, die Zulassungskarte des Autos, einen Parfümzerstäuber, eine Puderdose, drei hauchdünne Taschentücher mit Spitzenrand, einen Schlüsselbund, eine goldene Pillendose, eine Schachtel

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