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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Stunde wieder, in der Sassner seine Verschüttung noch einmal erlebte.
    Die Stunde X, die das Ende bedeutete.
    Die Stunde, die Dorian aufhalten wollte.
    Vier Tage lang lebte Sassner im Freien auf dem Balkon. Abends bekam er eine starke Schlafmittelinjektion. Dann schlief er im Zimmer, im Bett, ohne es zu wissen. Professor Dorian lehnte es ab, Beruhigungsmittel wie Megaphen zu spritzen oder mit Tofranil die Psyche zu heben. Es wäre nur ein Abdecken, keine Heilung gewesen.
    Am fünften Tag lief Gerd Sassner nach Luft ringend im Park umher. Luise ging neben ihm und hielt seine Hand, ein Pfleger folgte ihnen, um notfalls einzugreifen.
    »Luft!« keuchte Sassner. »Luft! Man nimmt mir hier einfach die Luft weg! Wir müssen höher hinauf, Luise … auf die Berge, zu den Wolken … Luft …«
    An diesem Tag – Sassner schlief erschöpft in einem Liegestuhl im Park, bewacht von Dr. Keller – fiel die Entscheidung. Professor Dorian ergriff Luises Hände und hielt sie fest.
    »Es gibt nur noch eine Möglichkeit«, sagte er und sah ihr dabei tief in die Augen. »Eine Möglichkeit, die noch nie angewandt wurde. Ihr Mann wäre der erste Mensch, an dem das geschieht …«
    »Tun Sie es, Herr Professor.« Luises Kopf sank auf die Brust. »So kann es nicht weitergehen. Ich habe bald keine Kraft mehr, es anzusehen. Tun Sie es …«
    »Ich operiere. Ich greife in sein Gehirn …«
    »Bitte …«
    »Ich danke Ihnen.« Dorian zog Luises Hände hoch und küßte sie. »Gehen Sie hinaus und sagen Sie es Ihrem Mann.«

3
    Gerd Sassner war aus seinem Mittagsschlaf erwacht und sofort aus dem Liegestuhl gesprungen. Die schreckliche Luftnot überfiel ihn wieder. Mit großen bettelnden Kinderaugen sah er Dr. Keller an, breitete die Arme aus und saugte röchelnd die Luft in seine Lungen.
    »Es schmeckt alles nach Staub!« sagte er heiser. »Nach Erde. Nach Pulver. Begreifen Sie das, Doktor?«
    »Ja«, antwortete Dr. Keller. »Aber es wird bald vorübergehen.«
    »Ich bin doch nicht verrückt!«
    »Durchaus nicht.«
    Sassner umklammerte den Arm des Arztes. Es war schmerzhaft, aber Dr. Keller ließ sich nichts anmerken. »Ich will Ihnen beweisen, daß ich normal bin!« stieß Sassner hervor. »Testen Sie mich. Soll ich anfangen?«
    »Bitte …«
    Sassner sah sich um. »Dort ist ein Wald. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Dahinter erheben sich Berge. Sie schimmern blau gegen die Sonne. Links geht es ins Tal. Quer durch die Wiese fließt ein Bach. Am Himmel sind Wolken, Haufenwolken nennt man sie. Dick geballt. Die vorderste Wolke hat die Form eines Elefanten, wenn man sie mit ein bißchen Phantasie ansieht. Stimmt das alles?«
    »Alles, Herr Sassner.«
    »Gott sei Dank!« Sassner atmete wieder tief ein. »Ich hatte solche Angst, Doktor. Aber warum riecht die reine Bergluft nach Staub? Das ist doch ungewöhnlich. Ein Hauch von Moder ist dabei, aber nur ein Hauch …«
    Das Erscheinen Luises ersparte Dr. Keller eine Erklärung, die eine fromme Lüge gewesen wäre. Sie kam über die Terrasse des Herrenhauses und eilte die breite Treppe zum Park hinab. Ihr Kleid leuchtete gelbrot in der Sonne. Es war ein kurzes Kleid, und sie sah wie ein junges Mädchen aus mit ihren langen, schlanken Beinen und den blonden Haaren.
    »Ist sie nicht eine wunderbare Frau?« sagte Sassner. »Sie wird nicht älter! Sie ist die ewige Jugend! Traut man ihr eine fünfzehnjährige Tochter zu? Und einen dreizehnjährigen Jungen? Nur ich werde älter … ein erschreckender Prozeß.« Dr. Keller wollte sich diskret entfernen, aber Sassner hielt ihn wieder am Arm fest. »Bleiben Sie, Doktor«, keuchte er. »Ich habe Angst.«
    »Vor Ihrer schönen Frau?«
    »Vor mir, Doktor. Vor mir! Ich gebe das Bild eines Psychopathen ab, ich weiß es. Mein Drang nach Luft, die Zimmerdecken, die mich im Haus erdrücken … oh, ich beobachte mich genau. Wenn Sie um mich sind, ist es besser. Bleiben Sie in meiner Nähe, Doktor … bitte … Ich will meine Frau nicht erschrecken. Sie soll nicht merken, daß die Luft hier nach Staub und Pulver riecht …«
    Dr. Keller trat etwas zurück, als Luise bei ihnen war. Er nickte ihr zu, blieb ein paar Schritte hinter Sassner und kam sich – er konnte selbst nicht erklären, warum – wie ein Wärter vor, der ein gezähmtes Raubtier ausführt.
    »Mein Rehlein«, sagte Sassner, legte den Arm um seine Frau und küßte sie auf die erhitzte Stirn. »Du siehst aus, als hättest du eine gute Nachricht.«
    Luise schwieg und lehnte den Kopf an die Schulter ihres

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