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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Beruhigungsinjektionen war er zu bewegen, ins Haus zu kommen; nachts schlief er nur mit schweren Mitteln, die sein Bewußtsein überdeckten.
    »Meine Kinder!« rief er, drückte Dorle und Andreas an sich und schwenkte sie herum. »Was! Ihr habt mich vermißt!«
    »Es ist langweilig ohne dich, Paps«, sagte Andreas. »Dorle hat mir dreimal falsch die Mathematikaufgaben gemacht! Bei dir ist das nie passiert. Höchstens mal zwei oder drei Fehler. Mir ist's ein Rätsel, wie die die mittlere Reife bekommen will.«
    »Er stellt sich dumm an, Paps!« rief Dorle dazwischen. »Jawohl, dumm und stur ist er. Wenn ich ihm viermal erkläre –«
    »Du kannst gar nichts erklären, du kannst nur meckern!«
    »Ma, du weißt genau …« Dorle wandte sich an Luise. Gerd Sassner lachte laut. Er war glücklich, er war stolz.
    Seine Kinder. Seine Familie. Die kleine Welt, die ihm ganz allein gehörte. Mit jedem Arm umfing er ein Kind, ging mit ihnen durch den Park und nahm ihre hellen Stimmen auf wie einen Gesang aus einer besseren Welt.
    »Man will mich operieren«, sagte er plötzlich und blieb stehen. »Wißt ihr es schon?«
    »Ma hat es uns gesagt.« Dorle warf einen schnellen Blick zu Luise. »Es wird bestimmt nichts Schlimmes sein. Du siehst so kerngesund aus, Paps.«
    »Das bin ich auch! Und was sagst du, mein Sohn Andreas?«
    Sassners Augen glänzten vor Freude. Wie der Junge in den paar Wochen gewachsen ist, dachte er. Er wird einmal so groß und stark wie ich sein. Nur dümmer ist er … aber so ist es oft bei den Kindern kluger Väter: Sie fallen ab. In Andreas' Alter hatte ich schon mein kleines Labor und machte chemische Versuche. Und wofür interessiert er sich? Für Fußball! Die Mathematik ist ihm egal … aber er kennt die Namen aller Torwarte. Und statt Formeln sammelt er Olympiabilder. Trotzdem: Er ist ein herrlicher Lausejunge … mein Lausejunge …
    Andreas hob die schmalen Schultern: »Das muß der Professor wissen«, sagte er. »Wozu ist er Professor? Ich habe da mal was gelesen, Paps. Die machen dir ein Loch in'n Kopf und lassen Luft hinein. Das ist alles.«
    Andreas schwieg betroffen. Dorle hatte ihm einen Tritt in die Kniekehlen gegeben. Er zog schmollend die Unterlippe herab und zuckte mit den Schultern. Was war denn nun wieder falsch? Gerd Sassner nickte bedeutungsvoll.
    »Ihr habt also nichts gegen die Operation?«
    »Nein!« antworteten Dorle und Andreas im Chor.
    »Das ist schön! Wenn ihr das alle sagt … also gut – ich willige ein!« Er umarmte seine Kinder wieder, ließ sie dann plötzlich los und trat einen Schritt zurück. »Wer ist schneller von uns?«
    Andreas grinste breit. Der Alte gibt nicht auf, dachte er. Dreimal hat er schon verloren. Jeden Sonntag behauptet er draußen im Wochenendhaus, er könne jetzt schneller laufen.
    »Ich!« sagte Andreas.
    »Hast du gedacht, mein Junge! Ich bin jetzt trainiert! Jeden Tag Gymnastik! Locker die Beine, locker die Muskeln … Los, Aufstellung!«
    Sassner ging etwas in die Knie. Dorle und Andreas stellten sich neben ihn. Luise sah sich hilfesuchend um. Darf er das denn, fragte sie sich. Keine Überanstrengung, sagte Dorian. Aber wer will ihn jetzt aufhalten, wo er mit seinen Kindern um die Wette laufen will? Jeder Sonntag begann so …
    »Luise! Du läßt starten!« Sassner lachte dröhnend. »Heute schlage ich meinen Sohn!«
    Andreas grinste überlegen.
    »Auf die Plätze … fertig …« Luise hob die Hände. Warum kommt denn niemand? Warum ist jetzt kein Arzt, kein Pfleger da? Ich kann ihn nicht zurückhalten. Wie glücklich sein Gesicht ist!
    »Na?« rief Sassner. »Was ist, Ma?«
    »Los!« Luise klatschte gleichzeitig in die Hände. Sassner und seine beiden Kinder rannten los … über die Wiese, dem Bach entgegen, der das natürliche Ziel war.
    Verbissen sah Andreas, daß sein Vater diesmal dem Sieg entgegenrannte. Schon vier Meter war er voraus, und so sehr Andreas seine Beine vorwarf … er holte ihn nicht mehr ein. Zurückgeschlagen folgte Dorle, sie rannte nur um des Vergnügens willen mit.
    Zehn Meter vor dem Bach warf sich Sassner plötzlich zurück. Es war, als stoße ihn eine riesige Faust vor die Brust, hielt seinen Lauf an und schleuderte ihn um zwei Meter nach hinten. Er warf beide Arme hoch und stieß einen dumpfen, brüllenden Laut aus. Andreas, der jetzt neben seinem Vater war, bremste und rutschte über das Gras.
    »Was ist denn, Paps?« keuchte er.
    Sassner taumelte wie blind umher. Um ihn wurde die Welt zerstört, brach das

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