Das Schloß der blauen Vögel
kein alter Mann war. Er hatte Ilse bezwungen wie in alten Tagen, erbarmungslos und bis zum keuchenden Zusammenbruch … und dann hatte er seinen Triumph begossen und sich sinnlos betrunken. Nun lag er da, wie ein geschändeter Körper, und wußte nicht, daß aller Kampf nur eine Komödie gewesen war, daß man ihm den Triumph ließ, Sieger zu sein, und ihn damit zur Seite schaffte.
»So werden wir ihn immer still bekommen«, hatte Ilse Trapps hinterher zu Gerd Sassner gesagt. »Er wird uns nie mehr stören.«
»Es ist nur eine Notlösung.« Sassner starrte auf den schnarchenden Trapps, die heruntergerollte Unterhose, die knöchernen, behaarten Beine und Schenkel. Dann sah er Ilse an, ihren lebensprallen Körper, und ihm wurde übel.
»So geht es nicht«, sagte er heiser. Er zog sie an sich, und seine Übelkeit verstärkte sich. Ihre Haut war warm und mit Schweiß überzogen, ihr Gesicht glühte noch, die roten Haare klebten im Nacken. »Ich will nicht, daß du noch einem anderen gehörst als mir. Es ekelt mich sonst, dich anzufassen … und du weißt nicht, was Ekel bei mir bedeutet!« Sein Blick ruhte starr auf ihrem erhitzten Gesicht. Sie sah ihn an mit flimmernden Augen. Wie schön sie ist, dachte er. Wie elementar. In ihr lebt der Urschrei der Natur wieder auf. Sie ist nur Lust. Wenn sie atmet, füllen sich alle Zellen ihres Körpers mit Sehnsucht. Sie kann nichts anderes denken als Vereinigung. Sie ist nichts als ein Leib, der dauernd geöffnet ist, eine Blüte, die ständig befruchtet wird. Und sie wird mein Geschöpf sein, mein ureigenes Geschöpf, die ins Leben führende Verlängerung meiner Gedanken. Was ich ersinne, wird sie praktizieren. Ihr Leben hat aufgehört, ein eigenes Leben zu sein. Sie ist meine dritte Hand, mein zweites Hirn.
»Es ist die einzige Möglichkeit, ihn still zu bekommen«, sagte sie noch einmal. »Weißt du etwas anderes?«
Sassner schwieg. Er zog Ilse Trapps aus dem Hinterzimmer und fühlte wieder ihre schweißige Haut. »Geh … bade dich«, sagte er rauh. »Leg dich in die Wanne und wässere dich. Ich will seinen Geruch nicht in der Nase haben. Geh …« Er stieß sie weg. Sie taumelte gegen die Wand, duckte sich wie ein geschlagener Hund und rannte davon.
Nach einer Stunde stand sie wieder bei Sassner im Zimmer, nackt unter einem zerschlissenen Bademantel. Sassner saß am Fenster und zeichnete. Er hatte schon einen kleinen Stapel Papier verbraucht und schien über große Probleme nachzudenken.
»Ich bin wieder sauber«, sagte Ilse. Sie öffnete den Bademantel und zog ihn auseinander. Ihr weißhäutiger, glatter Körper leuchtete in der Mittagssonne. Sassner schaute auf. Sein Blick glitt über ihre straffen Brüste, über den Leib, die runden Schenkel hinab. »Ich habe mich sogar mit Parfum eingerieben«, fügte sie hinzu. »Überall …«
Sassner stand auf, ging auf sie zu, streifte den Bademantel von ihren Schultern und ließ ihn zu Boden fallen. Er ging ein paarmal um sie herum, taxierte sie ab wie ein Händler auf dem Sklavenmarkt, und sie blieb starr stehen, mit hängenden Armen, nur ihre Augen wanderten mit, überschattet von einer kindlichen Angst.
Was wird er tun? Gefalle ich ihm nicht? Warum faßt er mich nicht an? Vier Schritte weit entfernt ist das Bett. Wird er mich hinüberzerren? Oder schlägt er mich jetzt?
Sassner blieb hinter ihr stehen. Seine Hände strichen über ihren Rücken, zum Gesäß, um die Hüften herum und den Leib hinauf bis zu den Brüsten, wo sie liegenblieben. Ein heißer Strom durchrann sie, sie seufzte und legte den Kopf nach hinten gegen seine Brust.
»Du liebst mich, nicht wahr?« sagte sie mit trockener Kehle. »Ich gefalle dir. Sag, daß ich schön bin. Ich muß es aus deinem Mund hören.«
»Du bist eine Ausgeburt des Satans.«
»Ich gehöre dir. Ganz, ohne Einschränkung. Du kannst mit mir machen, was du willst. Wenn du mich schlagen willst … tu es. Wenn du mich quälen willst … ich halte still. Deine Hände sind das Schönste auf dieser Welt …«
Sie seufzte, legte sich in seinen Griff und genoß die zehn Finger, die ihre prallen Brüste umspannten.
»Warum stehen wir mitten im Zimmer?« flüsterte sie.
»Ich bin dabei, das Schloß der blauen Vögel einzurichten.« Sassner ließ Ilse Trapps los. Sie taumelte ein wenig, als sie plötzlich frei stand, und starrte ihn betroffen an. Sassner ging zu dem Tisch am Fenster und nahm einige der bemalten Papiere auf.
»Jetzt …?« fragte sie gedehnt.
»Ich habe wenig Zeit. Meine
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