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Das Schloss der tausend Sünden

Das Schloss der tausend Sünden

Titel: Das Schloss der tausend Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Portia Da Costa
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Herausforderung zu stellen. Michiko war mächtig und angsteinflößend. Sie löste bei Belinda ein eigenartiges Gefühl aus, das vage an ein Kind erinnerte, das sich vor einem strengen, allmächtigen Lehrer duckt – aber dann auch wieder ganz anders. Es war Angst, es war Ehrfurcht, und es war Erregung. Eine körperliche Erregung, die durch und durch sexuell war. Dieses Gefühl – das Bedürfnis zu gehorchen und beherrscht zu werden – hatte sie teilweise auch bei André empfunden. Doch seine gespenstische Aura hatte den Effekt auf sie gemildert.
    «Ich   …», setzte Belinda an, stockte dann aber. Michikos Blicke und Berührungen lösten eine gewisse Schwäche in ihr aus. Ihre Knie gaben etwas nach, und sie schwankte in der Umarmung der Japanerin. Aber ihr Körper meldete sich noch auf andere Weise – ihre Nippel waren hart wie Kirschkerneunter dem dünnen, schräg geschnittenen Kleid, das man ihr gegeben hatte. Belinda nahm an, dass es sich eigentlich um ein Nachthemd aus den dreißiger Jahren handelte und nicht um ein richtiges Kleid. Langsam kroch ihr eine verräterische Röte über Brust und Hals.
    «Stell deine Fragen nur, Belinda», forderte Michiko sie freundlich und ohne jede Aggression auf. «Ich habe nichts vor dir zu verbergen.» Die Telepathie schien sie für einen Moment vergessen zu haben.
    «Bist   … bist du wie André?», fragte die junge Frau. Ihr Kleid war überaus freizügig. Der Satinstoff in gebrochenem Weiß wirkte wie eine zähe Flüssigkeit, die man über ihre Kurven gegossen hatte. Auch das Fehlen jeglicher Unterwäsche trug dazu bei, dass Belinda sich sehr schutzlos vorkam. Michiko war im Gegensatz dazu in Leder gehüllt, das ihre Überlegenheit nur noch betonte. Sie trug enge Hosen und eine Weste aus dunkelgrauem Kalbsleder. Dazu weiche, glatte Stiefel im selben Farbton. Um ihren Hals baumelte an einem weißen Band ein Anhänger aus gebürstetem Stahl, der die Form eines unbekannten Schriftzeichens hatte.
    «In gewisser Weise schon», beantwortete die Japanerin Belindas Frage. «Nur dass meine Langlebigkeit eine andere Quelle hat.» Sie schaute nachdenklich, aber auch amüsiert. «Ein Handel mit gewissen Gottheiten. Eine Wendung der Gesetze der Wiedergeburt, könnte man sagen. Es ist mir erlaubt, denselben Körper zu behalten, und meine Jugend bewahre ich mir durch den Glauben.»
    «Also nicht durch Sex», entfuhr es Belinda ohne groß nachzudenken.
    Michiko lachte laut auf. Um ihre schmalen Augen bildeten sich Lachfältchen, und sie küsste die Engländerin direkt auf die Lippen.
    «Nein, nicht durch Sex!», erwiderte sie nach einem Moment. «Ich habe zwar durchaus Spaß daran, brauche ihn aber nicht zum Überleben.»
    «Ach», sagte Belinda und fühlte sich seltsam niedergeschlagen. Sie leckte mit der Zunge über den Abdruck, den Michikos Lippen hinterlassen hatten.
    «Bist du enttäuscht?», erkundigte sich die Japanerin, löste ihren Griff etwas und legte dann einen Arm um Belindas Taille, während sie weitergingen. Wie zwei Verliebte, die einen Spaziergang machten – unterwegs an einen geheimen Ort. «Hattest du gehofft, dass ich auf der verzweifelten Suche nach sexueller Stimulation bin und du mein nächstes Opfer wärst?»
    Unheimlicherweise war genau das Belindas Gedanke gewesen, und die Worte machten ihre verworrenen Begierden greifbar. Seit sie Andrés japanische Freundin zum ersten Mal auf einen Drink in der Bibliothek getroffen hatte, fragte die junge Frau sich, wie wohl der Körper unter dem Leder aussah. Sie wollte ihn entdecken, liebkosen und sich im Gegenzug ganz Michiko hingeben.
    Liest du immer noch meine Gedanken?, fragte sie stumm.
    Du hast es mir noch nicht verboten, kam die Antwort, die sie nur in ihrem Kopf hörte.
    «Dann weißt du ja, wie ich empfinde», sagte Belinda und schluckte. Sie wusste genau, dass sowohl Hals als auch Gesicht mittlerweile dunkelrot waren.
    Michiko nickte. «Komm mit. Ich kenne einen idealen Ort.»
    Es ist zu spät, dachte Belinda, als ihre neue Freundin sie durch den überwucherten Rosengarten mit seinem betäubenden Duft der Nachtblüher führte. Es ging in Richtung des Gebäudes, das sie erst vorhin überhaupt bemerkt hatte: die fast eingestürzte Kapelle mit ihrer verfallenen Fassade.
    Als sie vor dem Portal standen und Michiko die schwere Tür mit ihren rostigen Scharnieren öffnete, wurde Belinda von einer Flut mentaler Bilder überschwemmt, der sie keinen Einhalt gebieten konnte. Sie – von Elisa und Feltris befummelt. Sie

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