Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
Vom Netzwerk:
geradezu mütterlich, forderte aber strengste Pflichterfüllung und duldete keine Liebeleien unter ihrem
Dache. Das entschlossene Wesen brachte Benedikte mählich in den Ruf eines Mannweibes, das sie aber keineswegs war. An
Werbern hatte es nicht gefehlt, doch Fräulein von Zankstein antwortete stets höflich dankend mit einem klaren Nein
in der Erkenntnis, daß die Werbung nicht der Person, sondern dem Vermögen gelte. Auf dem elterlichen Gute wollte
Benedikte unumschränkte Herrscherin sein und bleiben, sie liebte die heimische Scholle im Moor und konnte den Gedanken
nicht ertragen, daß auf eigenem Grund und Boden ein angeheirateter Mann etwa mit dreinreden oder Änderungen
vornehmen möchte. Einen Gatten, der auf Zankstein nichts als der Mann seiner Frau sei, wünschte Benedikte sich
nicht, ebensowenig wollte sie den Oberbefehl abtreten. Vom Gute wegheiraten war erst recht nicht ihre Absicht, und unter
solchen Verhältnissen konnte es gar nicht anders kommen, als daß Benedikte von Zankstein eine alte Jungfer werden
wird. Das sagte sich das Fräulein des öfteren selbst und belächelte vor dem Spiegel den
Sommersprossenreichtum. Es muß ja nicht geheiratet werden um einer Versorgung willen, Vermögen wie Grundbesitz ist
vorhanden und beglückende Zufriedenheit auch; wozu also ein Sehnen nach Mannesliebe und Kindersegen?
    An langen Winterabenden in kirchenstiller Stube fühlte sich Benedikte freilich manchmal etwas vereinsamt, besonders
in der Dämmerstunde, welche die Regsamkeit fleißiger Hände unterbrach. Kam aber der Lenz schüchtern in
das Moor und wagten sich seine Sendboten zaghaft hervor, da erwachte in des Fräuleins Herz erneut die Freude an Natur
und Leben, es verschwanden die trüben Gedanken, der Frühling brachte vermehrte Arbeit und mit ihr die
Schaffenslust.
    Der Nachbarschaft wegen war die Gutsherrin selbstverständlich Kundin der Rieder Schloßbrauerei, doch in so
winziger Weise, daß Benedikte bei der vierteljährlichen Kontobegleichung sich nahezu beklommen fühlte. Im
Drange, den geringfügigen Bierbezug entschuldigen zu sollen, war Fräulein von Zankstein an einem Quartalsersten
nach Ried hinübergefahren, und dieser Besuch wurde grundlegend für einen etwas intimeren Verkehr zwischen Tristners
und Benedikte, die insonders Sympathie für Frau Helene, die wackere Witwe, empfand. Auch mit Olga verkehrte sie gern,
nur mißfiel Benedikte der Mangel an Heimatsliebe, die Sehnsucht Olgas nach einer Ortsveränderung. In ihrer
resoluten Art hatte die Zanksteinerin es Theo auf den Kopf gesagt, daß der Schloßherr nicht soviel in den vier
Pfählen sitzen, sich nicht bei Zigarettenduft und am warmen Ofen verweichlichen sollte. Da Theo sich willig bemuttern
ließ, fand Benedikte Gefallen am jungen Schloßherrn, doch blieb der Verkehr durch längere Zeit
beschränkt, die Arbeit auf Zankstein nahm die Herrin zuviel in Anspruch.
    Die Kunde vom Unfall Theos war über das menschentrennende Moor doch auch nach Zankstein gedrungen, und
freundnachbarlich fuhr Benedikte hinüber nach Schloß Ried, im ältesten Wagen und pferdeschonend hübsch
langsam. Unter einem vorsintflutlichen Manilastrohhut sah sie fast matronenhaft aus. Eine alte, einst allerdings kostbare
Spitzenmantille verhüllte ängstlich die Körperreize. Benedikte hatte beim letzten Blick in den Spiegel vor der
Abfahrt hellauf über ihre Erscheinung in solcher Kleidung gelacht und ausgerufen: »Eroberungen werde ich in diesem
Aufzug nicht machen! Ist auch nicht nötig!«
    Nun humpelte der alte Wagen von klapperdürren kleinen struppigen Pferden gezogen nach Ried, und so mancher Wanderer
auf der Landstraße murmelte in Verkennung der wirklichen Verhältnisse ein herbes Wort über die alte Schachtel
im alten Karren.
    Mutter und Tochter Tristner hießen Benedikte herzlich willkommen und boten nach Landessitte den Nachmittagskaffee
mit Kuchen an. Lachend lehnte sie jedoch ab und verwahrte sich gegen die Zumutung, beizutragen zu einer Diskreditierung der
Rieder Schloßbrauerei. Nach gut bayerischer Art einen Schluck frischen Bieres mit Schwarzbrot werde sie dankbar
annehmen, aber nichts weiter; doch erst müßte, wenn erlaubt, der Kranke besucht und getröstet werden, ihm
gelte der Besuch. Benedikte verfehlte aber nicht, sich nach dem Augenleiden der Frau Tristner zu erkundigen, und als Witwe
Helene tief seufzte, sprudelte die scharfe Benedikte eine kleine Strafpredigt hervor über übelangebrachte Knickerei
in

Weitere Kostenlose Bücher