Das Schloß
Kaffeemühle fort und kam zu K. in die Bank. »Du bist mir böse?« fragte sie. »Nein«, sagte K., »ich glaube, Du kannst nicht anders. Du hast zufrieden im Herrenhof gelebt. Ich hätte Dich dort lassen sollen.« »Ja«, sagte Frieda und sah traurig vor sich hin, »Du hättest mich dort lassen sollen. Ich bin dessen nicht wert mit Dir zu leben. Von mir befreit, könntest Du vielleicht alles erreichen was Du willst. Aus Rücksicht auf mich unterwirfst Du Dich dem tyrannischen Lehrer, übernimmst Du diesen kläglichen Posten, bewirbst Dich mühevoll um ein Gespräch mit Klamm. Alles für mich, aber ich lohne es Dir schlecht.« »Nein«, sagte K. und legte tröstend den Arm um sie, »alles das sind Kleinigkeiten, die mir nicht wehtun und zu Klamm will ich ja nicht nur Deinetwegen. Und was hast Du alles für mich getan! Ehe ich Dich kannte, ging ich ja hier ganz in die Irre. Niemand nahm mich auf und wem ich mich aufdrängte, der verabschiedete mich schnell. Und wenn ich bei jemandem Ruhe hätte finden können, so waren es Leute, vor denen wieder ich mich flüchtete, etwa die Leute des Barnabas –« »Du flüchtetest vor Ihnen? Nicht wahr? Liebster!« rief Frieda lebhaft dazwischen und versank dann nach einem zögernden »Ja« K.’s wieder in ihre Müdigkeit. Aber auch K. hatte nicht mehr die Entschlossenheit zu erklären, worin sich durch die Verbindung mit Frieda alles zum Guten für ihn gewendet hatte. Er löste langsam den Arm von ihr und sie saßen ein Weilchen schweigend, bis dann Frieda, so als hätte K.’s Arm ihr Wärme gegeben, die sie jetzt nicht mehr entbehren könne, sagte: »Ich werde dieses Leben hier nicht ertragen. Willst Du mich behalten, müssen wir auswandern, irgendwohin, nach Südfrankreich, nach Spanien.« »Auswandern kann ich nicht«, sagte K., »ich bin hierhergekommen, um hier zu bleiben. Ich werde hier bleiben.« Und in einem Widerspruch, den er gar nicht zu erklären sich Mühe gab, fügte er wie im Selbstgespräch zu: »Was hätte mich denn in dieses öde Land locken können, als das Verlangen hier zu bleiben.« Dann sagte er: »Aber auch Du willst hier bleiben, es ist ja Dein Land. Nur Klamm fehlt Dir und das bringt Dich auf verzweifelte Gedanken.« »Klamm sollte mir fehlen?« sagte Frieda, »von Klamm ist hier ja eine Überfülle, zu viel Klamm; um ihm zu entgehn, will ich fort. Nicht Klamm sondern Du fehlst mir. Deinetwegen will ich fort; weil ich mich an Dir nicht sättigen kann, hier wo alle an mir reißen. Würde mir doch lieber die hübsche Larve abgerissen, würde doch lieber mein Körper elend, daß ich in Frieden bei Dir leben könnte.« K. hörte daraus nur eines. »Klamm ist noch immer in Verbindung mit Dir?« fragte er gleich, »er ruft Dich?« »Von Klamm weiß ich nichts«, sagte Frieda, »ich rede jetzt von andern, z.B. von den Gehilfen.« »Ah die Gehilfen«, sagte K. überrascht, »sie verfolgen Dich?« »Hast Du es denn nicht bemerkt?« fragte Frieda. »Nein«, sagte K. und suchte sich vergeblich an Einzelnheiten zu erinnern, »zudringliche und lüsterne Jungen sind es wohl, aber daß sie sich an Dich herangewagt hätten, habe ich nicht bemerkt.« »Nicht?« sagte Frieda, »Du hast nicht bemerkt, wie sie aus unserem Zimmer im Brückenhof nicht fortzubringen waren, wie sie unsere Beziehungen eifersüchtig überwachten, wie sich einer letzthin auf meinen Platz auf dem Strohsack legte, wie sie jetzt gegen Dich aussagten, um Dich zu vertreiben, zu verderben und mit mir allein zu sein. Das alles hast Du nicht bemerkt?« K. sah Frieda an, ohne zu antworten. Diese Anklagen gegen die Gehilfen waren wohl richtig, aber sie konnten alle auch viel unschuldiger gedeutet werden aus dem ganzen lächerlichen, kindischen, fahrigen, unbeherrschten Wesen der zwei. Und sprach nicht gegen die Beschuldigung auch, daß sie doch immer danach gestrebt hatten überall hin mit K. zu gehn und nicht bei Frieda zurückzubleiben. K. erwähnte etwas derartiges. »Heuchelei«, sagte Frieda. »Das hast Du nicht durchschaut? Ja warum hast Du sie dann fortgetrieben, wenn nicht aus diesen Gründen?« Und sie ging zum Fenster, rückte den Vorhang ein wenig zur Seite, blickte hinaus und rief dann K. zu sich. Noch immer waren die Gehilfen draußen am Gitter; so müde sie auch sichtlich schon waren, streckten sie doch noch von Zeit zu Zeit, alle Kräfte zusammennehmend, die Arme bittend gegen die Schule aus. Einer hatte, um sich nicht immerfort festhalten zu müssen, den Rock hinten auf einer Gitterstange
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