Das schmutzige Spiel Kommissar
schreckliche Faden. Es bestand nicht der geringste Zweifel, daß er tatsächlich vom Sofa stammte. Wenn Knopf und Faden Berger überführen sollten, war auch sie verloren . . .
„Aber es geht hier doch gar nicht um einen Diebstahl, sondern um Mord!" rief Clarissa.
„Tja, das stimmt natürlich", bestätigte McCormick. „Es kann sein, daß zufällig zwei Unbekannte in der gleichen Nacht und mit der gleichen Absicht nach hier kamen . . . ohne voneinander etwas zu ahnen. Duplizität der Ereignisse, wissen Sie. Als sie im Schloß aufeinander stießen, glaubte jeder, sich mit allen Mitteln gegen ein Ertapptwerden schützen zu müssen. Dabei kam es zu dem Mord."
„Klingt nicht sehr wahrscheinlich", sagte Clarissa zweifelnd. „Haben Sie sich den Toten genau betrachtet? Er hat einen guten Kopf. Sieht nicht wie ein Dieb aus."
„Das kann täuschen. Es gibt auch sogenannte Gentleman-Verbrecher", erklärte McCormick.
„Haben Sie Papiere bei ihm gefunden?"
„Ich habe den Toten nicht angerührt. Das ist Aufgabe der Mordkommission."
„Hat es in der Gegend schon mal ein Gewaltverbrechen gegeben?" erkundigte sich Clarissa.
„Vor sechs Jahren wurde in der Nachbargemeinde der Dorfkrämer erschossen. Den Mörder konnte man bis heute noch nicht entdecken. Es wird vermutet, daß es ein vagabundierender Räuber war, der dringend Geld brauchte. Die Ladenkasse war nämlich ausgeraubt worden."
Clarissa schüttelte sich.
„Nicht zu glauben. Und ich lebte in der festen Überzeugung, daß das eine friedvolle, ja geradezu langweilige Gegend sei, in der sich nie etwas ereignet. Warum habe ich nie etwas von dem Mord erfahren, Mama?"
„Du warst damals in der Schweiz. Ich wollte dich nicht unnötig ängstigen."
McCormick legte wie lauschend den Kopf zur Seite. Man hörte das Kreischen von Autobremsen. „Das ist die Mordkommission", sagte er. „Entschuldigen Sie mich bitte!" Er nahm den Knopf an sich und verließ das Zimmer.
Clarissa beugte sich mit einem Ruck nach vorn.
„Wer war heute Nacht hier?" fragte sie und schaute der Mutter starr in die Augen.
„Woher soll ich das wissen?"
„Du brauchst mich nicht anzuschwindeln, Mama . . . ich werde dich nicht verraten!"
In den Ohren der Gräfin brauste es.
„Clarissa!" flüsterte sie ersticht. „Glaubst du etwa . . .?"
„Ich weiß, daß jemand hier war", meinte Clarissa ungeduldig. „Ich hörte Stimmen. Ich hörte, wie ein Mann lachte. Das Lachen beruhigte mich, und ich schlief ein. Heute morgen hatte ich alles vergessen. Aber jetzt ist mir klar, daß du einen Besucher empfangen hast..."
„Clarissa, ich schwöre dir . . .!"
„Willst du einen Meineid leisten?"
„Jetzt fällt es mir wieder ein. Das Radio war eingeschaltet... es gab irgendeinen Unsinn von Hörspiel, den ich rasch abstellte, weil er mich störte."
„Worum ging es?"
„Was sollen diese Fragen, Clarissa? Vorhin hast du John zu verhören versucht, und jetzt nimmst du mich in die Zange. Ich finde das einfach würdelos."
„Wir müssen doch Zusammenhalten, Mama. Es ist wichtig, daß sich unsere Aussagen decken . . . das siehst du doch ein? Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich muß genau wissen, was sich heute Nacht ereignet hat. Wenn du mir die Wahrheit sagst, bin ich bereit, dir ein Geständnis zu machen..."
„Ein Geständnis?" fragte die Gräfin verblüfft und merkte, wie die Furcht ihr Herz zusammen preßte.
„Ja. Ich kenne den Toten."
„Clarissa!“
„Um Himmels willen . . . sei doch nicht so laut. Niemand darf hören, daß er . . . ach was, es ist nicht wichtig. Erst muß ich erfahren, wer dich besuchte."
„Lenke nicht ab, Clarissa. Wollte der Mann . . . der Tote ... zu dir?"
„Ich glaube, das war seine Absicht."
„Du hast ihn erwartet?"
„Darüber möchte ich nicht sprechen, Mama. Nicht jetzt. Schau mich nicht so erschreckt und vorwurfsvoll an! Hast du nicht auch deinen Liebhaber empfangen?"
„Clarissa. Wie kannst du nur so etwas denken?"
„Ich habe doch die Stimmen und das Lachen gehört. Und was ist mit dem Faden an dem Mantelknopf? Nein, Mama... du kannst nicht bestreiten, daß ein Besucher hier war!"
„Es... es war das Radio!"
„Soll ich im Programmheft nachblättern, ob zu der fraglichen Zeit ein Hörspiel gesendet wurde?"
Die Gräfin errötete. „Tue, was du willst!"
Gleichzeitig bemühte sie sich, nichts von der Verwirrung spürbar werden zu lassen, in die sie Clarissas unerwartetes Geständnis gestürzt hatte.
Ließ sich jetzt noch die Überzeugung aufrecht
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