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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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voll von Journalisten und
Fernsehteams. Zwielichtige Gestalten kamen auf mich zu und fragten, ob ich eine
kugelsichere Weste kaufen wolle, ob ich ein Auto brauche, ob ich Valuta zum
Wechseln habe, ob ich Informationen kaufen wolle. Ein Mann ging mit einem
nackten Bein, das frisch vernäht war, und mit einem Granatstück unterm Arm
umher und suchte einen Käufer für seine Geschichte. Ich stand in dieser Kasbah
und wartete. Es gab keine freien Zimmer mehr, nicht auf der sicheren Seite, nur
noch welche, die nach Grbavica zeigten. Ich hatte Angst einzuschlafen, Angst,
dass man mir den Koffer wegnehmen könnte. Ich zog ihn bis zu dem Raum, der als
Restaurant diente. Ich aß eine warme, fade Mahlzeit, die mir bestens schmeckte,
und saß an einer langen Tafel mit vielen Journalisten, die laut redeten und
lachten.
    » Here you need to laugh! « Ein deutscher Kameramann zwinkerte
mir zu.
    Wir gingen zusammen
zu den Sofas in der Hotelhalle zurück, er spendierte mir ein Bier und begann
mir zu erklären, wie man sich in der belagerten Stadt bewegen müsse. Er wirkte
ziemlich aufgekratzt, an diesem Tag hatte er die Front auf dem Žuć gefilmt. Er legte seine Hand auf mein
Bein und fragte mich, ob ich bei ihm im Zimmer schlafen wolle. Er grinste mich
mit seinem hochroten Idiotengesicht an und fand es normal, dass ich in sein Bett
steige, schließlich waren wir im Krieg. Ich hörte ein Krachen und nach wenigen
Sekunden in größerer Nähe ein zweites. Ich erkannte das Pfeifen der Granaten
wieder.
    Ich sah nach oben, zu
den langen, spiralförmig angeordneten Gängen, die zu den Zimmern führten. Ich
musste an die Nacht denken, als Diego und ich uns von dort oben in der
menschenleeren, glitzernden Halle gespiegelt hatten.
    Ich konnte mich nicht
erinnern, je eine Prostituierte in Sarajevo gesehen zu haben. Doch nun saßen
Mädchen im Minirock in Gesellschaft ausländischer Journalisten auf den Barhockern
am Tresen. Am Nachbartisch hatte ein Mann eine Pistole hervorgezogen und sie
hingelegt wie eine Schachtel Zigaretten, während ein Kerl in einer schwarzen
Lederjacke ein Bündel Markscheine zählte. Sie unterhielten sich über Wetten,
über einen Platz in Marijin Dvor, wo Hundekämpfe ausgetragen wurden.
    Wenn ich darüber
nachdenke, wie sich diese Stunden, dieses Präludium, anfühlten, dann vor allem
wie Fett, wie Dinge, die vor mir aufglänzten und sich dann von mir entfernten
wie Ölblasen auf Wasser.
    Eine Hand gräbt sich
fast schlagend in meine Schulter. Gojko kniet sich neben mich und umarmt mich,
ohne mich anzusehen, er hält mich fest.
    »Du schöne Frau.«
    Wir gehen in den hinteren
Raum, jetzt zieht er den Koffer.
    »Und Diego?«
    »Er wartet auf dich.«
    Er hat noch seinen
Golf, nur dass der jetzt aussieht wie aus einem Comic, die Karosserie verbeult
und durchlöchert, die Türen alle verschieden, ausgebaut aus anderen Autos, die
Fenster ohne Scheiben.
    »Das sind die neuen
Modelle von Sarajevo City«, lacht er. Mir kommt es vor wie ein Wunder, dass ihm
dieses Lachen noch gelingt.
    Es ist kurz vor
Tagesanbruch. Wir rasen in diesem futuristischen Auto einer Zukunft entgegen,
die vielleicht genau daraus besteht, aus den Resten des Vorher. Der Himmel ist
Eis, aus einem Dunkelblau, das von innen zu leuchten beginnt. Ich betrachte die
Landschaft aus eingestürzten und durchlöcherten Dingen. Schwarze Wohnblocks wie
Schlote, Eisenknäuel, Wracks von Autos und Straßenbahnen, die strengen Fassaden
des sozialen Wohnungsbaus, die jetzt aussehen wie verbrannte Pappe. Wir
versuchen, zur Baščaršija durchzukommen. Gojko fährt durch
Trümmer, auf provisorischen Wegen, durch Straßen, die ich noch nie gesehen habe.
An den ungeschützten Kreuzungen tritt er das Gaspedal durch und drückt meinen
Kopf herunter. Es ist eine herrische Geste. Er will mir das Leben retten, doch
vielleicht macht er sich auch lustig und übertreibt. Er brüllt herum und stößt
ein langes, tierisches Geheul aus. Kurz, er ist ganz der Alte, ein bosnischer
Schaumschläger in dieser zerschlagenen Stadt.
    Er brettert in den
Hof, eingestürzte Bögen, hohes, gelbliches Gras. Außen ist das Haus von
Schussgarben angefressen, doch innen ist es unversehrt, nur dunkler und
schmutziger. Die Steinplatten der Treppenstufen wackeln, ich stürme hinauf.
Diego.
    Da steht er, inmitten
eines Gärtchens aus Kerzen, die er für mich brennen lässt. Er kommt mir
entgegen. Ich falle ihm um den Hals und spüre da etwas, eine nie gekannte
Härte. Seine Knochen scheinen aus Eisen

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