Das schönste Wort der Welt
packt
seine Tasche. Zeigt mir die Schuhe, die er sich gekauft hat, sündhaft teuer und
übersät mit durchsichtigen Gummiblasen, die Erschütterungen dämpfen sollen. Er
hat jetzt einen Sportfimmel, es gefällt ihm, sich in Form zu fühlen und gut
auszusehen. Ich rauche, bin kurzatmig, er sagt nichts, nur, ob ich es vermeiden
könne, zu Hause zu rauchen.
Eines Nachmittags,
der fast schon ein Abend ist, gehe ich zu Ricordi und setze mir neben den
Jugendlichen Kopfhörer auf. Ich kaufe mir ein paar Kassetten, kaufe auch unser Lied … You never smile, girl, you never speak … Ich höre es auf dem Motorroller und
kurve im Zentrum herum. Ich rase jetzt, so wie er gerast ist. Auf meiner Haut,
die den Wind durchstößt, fließen Tränen nach hinten, ich bin aufgewühlt wie mit
vierzehn Jahren. Bin eine jämmerliche dumme Gans. An der Piazza Farnese halte
ich an. Inzwischen ist es tief in der Nacht, sogar die Junkies sind schon weg.
Ich strecke mich auf dem Marmor aus und rauche eine Zigarette. Es tut mir gut,
den Rauch zu inhalieren. Er schmeckt nach etwas, was mir fehlt, was meinen
Körper füllt.
Ich bleibe nun oft
bei meinen Eltern. »Es liegt näher an der Uni«, habe ich zu Fabio gesagt. Dass
ich nicht mehr zur Uni gehe, habe ich ihm nicht gesagt. Ich habe einen
Wohnungsschlüssel, meine Eltern schlafen. Sie haben gemerkt, dass etwas nicht stimmt,
stellen jedoch keine Fragen, sie tun so, als ob nichts wäre. »Was hast du vor,
isst du mit uns?« Meine Mutter brät Fleischklöße, die ich so gern esse. Mein
Vater macht einen Wein auf, wir reden über Politik, über Reagan und Thatcher,
über unsere Fünfparteienregierung. Mein Vater sagt, ich sei auf dem besten
Wege, ein subversiver Geist zu werden, und das findet er nicht schlecht, er
bittet mich um eine Zigarette. So fängt auch er wieder mit dem Rauchen an,
meine Mutter beklagt sich nicht, wir rauchen, wo wir wollen.
In der Nacht stelle
ich die Musik leise und lösche das Licht. Ich tanze vor der offenen Schranktür,
vor dem Stück Spiegel, das die Lichtritzen der Fensterläden reflektiert. Ich
betrachte meine Brust und meinen Bauch. Die nasse Fackel der Zigarettenglut im Dunkel.
Ich bin in meinem Kinderzimmer. Hier habe ich geweint, gelernt, Radio gehört.
Hier sind noch meine Poster, meine Bücher und meine alten Kleider in den
Cellophanhüllen der Reinigung. Hier ist die weiße Maske von meinem
Fechtunterricht, der Poncho mit den abgenutzten Fransen, an denen ich im Bus
zum Gymnasium genuckelt habe. Hier ist mein Leben bis zu meinem dreißigsten
Lebensjahr. Ich sehe es mir an. Sehe mir an, was tagaus, tagein auf mich
gewartet hat. Ich war allein, eine Geisel meines Willens und keiner Sache je
wirklich gewachsen. Ich tanze im Dunkeln. Ich kranke an Unfertigkeit, an
Illusionen.
»Ich habe Arbeit
gefunden.«
»Was für eine
Arbeit?«
»Ich mixe abends
Cocktails in einer Bar. Das macht mir Spaß. Ich lerne schnell.«
Mein Mann schüttelt
den Kopf, sieht mich anders an als sonst, macht sich jetzt über mich lustig,
sagt, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Ich antworte, ich sei jung,
wir hätten keine Kinder, ich könne mir eine extravagante Arbeit leisten. Eines Abends
kommt er in die Bar in Testaccio, in der ich arbeite. Er ist nicht allein, hat
ein paar von den Typen mitgebracht, mit denen er Hallenfußball spielt, einen
Anwalt und einen, der wie er Ingenieur ist. Er starrt mich an, während ich mich
im Minirock und mit schwarzem Schürzchen zwischen den Tischen bewege. Ich sehe
nur einmal zu ihm hinüber, mein Tablett ist immer voll. Mitten in dem ganzen
Trubel sehe ich unscharf einen blonden Kopf. Er hält den Krach und den Qualm
nicht aus, bleibt aber, bis wir schließen. Er lässt mich ins Auto einsteigen.
Hält am Gianicolo, stürzt sich auf mich. Stammelt, dass ich ihm gefalle, dass wir
uns wieder wie frisch Verliebte benehmen sollten, ich sei ihm nicht wie seine
Frau vorgekommen, sondern wie eine ganz andere, seine Freunde hätten mich auf
so eine Art angestarrt, er sei eifersüchtig gewesen. Er finde es schade, dass
wir keinen Sex mehr hätten, aber jetzt … Er ist schlaff und betrunken.
Ich sage ihm, dass
ich ihn nicht liebe.
»Und du liebst mich
auch nicht.«
Ich sage ihm, dass
wir mit dieser Heirat einen Fehler gemacht hätten. Er pinkelt, ich höre seinen
Urin ins Gras prasseln, er sagt, ich übertreibe, ich sei zu dramatisch, es sei
nicht leicht mit mir.
In dieser Nacht rief
Gojko an.
»He, schöne Frau …«
Ich bekam
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