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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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Sehnsucht
nach seinen ungewaschenen Haaren, nach seiner Stimme.
    »Du bist ja doch
nicht nach Italien gekommen.«
    »Doch, ich war bei
Diego in Genua, fast einen Monat.«
    »Und da hast du mich
nicht angerufen?«
    »Diego hat gesagt, du
bist jetzt eine verheiratete Frau und willst nichts mehr von alten Verehrern
wissen.«
    »Ach, leck mich.«
    »Es ging ihm sehr
schlecht.«
    »Ich weiß.«
    »Es war nicht leicht,
ihn aus diesem Loch herauszuholen. Ich habe ihm geholfen, wir haben uns ein
paar Flaschen zu Gemüte geführt.«
    »Was du nicht sagst.«
    Er erzählt, er habe
den Zitronenschnaps für sich entdeckt, ausgezeichnet sei der, er erzählt, Diego
sei auf Reisen.
    »Ich weiß.«
    »Nächste Woche feiern
wir Sebinas Taufe.«
    »So spät?«
    »Wir haben die
Trauerzeit für meinen Vater abgewartet.«
    »Wie geht es Mirna?«
    »Gut, doch sie hatte
keine Milch, Sebina bekommt Pulver.«
    Ich lächle. »Gib ihr
einen dicken Kuss von mir.«
    »Willst du ihre
Taufpatin sein?«
    Er lässt nicht
locker, ruft am nächsten Abend wieder an. Mirna würde sich sehr freuen, sie
erinnere sich noch an die Salbe, mit der ich ihr die Beine eingecremt hätte. Er
lässt nicht locker, sagt, ich hätte ja nur Schnee gesehen, doch jetzt seien die
Berge grün, der Duft von Erika und Alpenveilchen dringe in die Felsklüfte und
ziehe durch die Gassen der Baščaršija.
    Ich gehe in ein
Juweliergeschäft und kaufe ein Kettchen mit einem Kreuz für Sebina. Fabio sagt
nichts, außer dass er mich nicht zum Flughafen bringen könne, er habe mit einer
versiegelten Baustelle zu tun, bei Erdarbeiten seien sie auf die üblichen
römischen Überreste gestoßen.
    Und so sind wir
wieder wir. Sitzen im Freien, mit Tauben, die auf den Tisch flattern. Gojko
trinkt sein Sarajevsko Pivo und ich einen Bosanska Kafa mit seinem dicken
Grund. Ich habe ihm eine Stange Marlboro und zwei Flaschen industriell
hergestellten Zitronenschnaps mitgebracht. Er bietet mir eine seiner grässlichen
Drina an.
    »Ich freue mich, dass
du wieder rauchst.«
    Er sieht mich an.
Stellt fest, dass ich meine Haare abgeschnitten habe. Sagt, ich sähe jünger
aus, die Ehe habe mir gut getan. Er fragt mich nach der Universität, ich sage
ihm, dass ich als Kellnerin in einer Bar arbeite.
    »Geben sie dir ein
gutes Trinkgeld?«
    »Nein.«
    »Du musst lernen, mit
dem Hintern zu wackeln.«
    Er steht auf und
zeigt mir, wie man das macht. Setzt sich wieder, liest mir eines seiner
Gedichte vor.
    Warum
schwimmt dein Körper nicht mehr auf meinem?
    Wie der
Lastkahn, den wir auf der Neretva sahen
    der
Nebel rosa wie dein Busen
    meine
Beine kühn wie das Hochwasser
    Die
glühende Sonne kam und trank selbst noch den Schlamm aus
    du
riebst, wie eine träge Kuh, die Zunge
    in den
Löchern, wo kleine Fliegen ächzten.
    Ich lag
auf dem Rücken wie ein totes Tier
    und
blieb in Erwartung deines Mundes
    auf
meinen Knochen.
    »Bist du verliebt?«
    »Sie hat mich
verlassen. Um einen anderen zu heiraten«, er lacht.
    Ich weine, sage ihm,
dass meine Ehe eine Farce ist, dass ich auch wie eine kleine Fliege ächze. Er
fragt, ob ich in Diego verliebt sei, ich sage nein.
    »Na, dann bleibt mir
ja noch ein Funke Hoffnung.«
    Sarajevo hatte seine
Olympiade wieder abgebaut. Weg mit den Fahnen, weg mit den großen, für die
Ausländer bestimmten Werbeplakaten. Die Stadt sah aus wie ein Haus, in dem sich
die Gäste auf den Heimweg machen. Sie war noch schöner, friedlich in ihrer Stille,
in ihrer Sparsamkeit.
    Am nächsten Tag stand
ich bei der schlichten, bewegenden Taufe in der Herz-Jesu-Kathedrale. Der
Priester sagte wenige, eindrucksvolle Worte, die alle auf das Irdische
gerichtet waren, wobei er die Gesichter der Anwesenden suchte.
    Sebina trug ein
Häubchen mit großen weißen Rüschen, die ihr Gesicht umrahmten wie ein
Heiligenschein, sie sah aus wie eine kleine Äbtissin mit roten Wangen, die
tiefen, aus der Ferne kommenden Augen eingebettet im Fleisch.
    Heißgeliebte Sebina,
ich denke an dich im bernsteinfarbenen Licht der Kathedrale zurück, an jenen
seltsamen Tag, als man das Sakrament spendete, durch das du im Kreis deiner
muslimischen Verwandten von der Erbsünde der Christen befreit wurdest. Dein
Frieden gewährte Frieden. Er ging von deinem Körper auf meine Arme über. Du
warst mit dem Nimbus des Guten, des Weisen umgeben, das wieder Fleisch wird.
Später solltest du eine große Pita-Esserin werden, einen Fisch namens Bijeli , Weiß, haben und im Fernsehen mit
Begeisterung die Simpsons anschauen, und du

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