Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
in Darien, Panama, finanziert, um der englischen East India Company ein Stück vom Kuchen zu nehmen, schneiden die Engländer den Siedlern die Versorgung ab und verweigern ihnen die lebensnotwendige Unterstützung. Als das Darien-Experiment scheitert, verlieren die Investoren alles. Nun ist Schottland hoch verschuldet und hat nichts anderes mehr zu verkaufen als seine Unabhängigkeit.
William, mittlerweile Witwer, kämpft immer noch gegen Frankreich und will den Franzosen nicht durch seinen Tod nützen. Solange Schottland unabhängig ist, besteht die Möglichkeit, dass King James Stuart oder sein Sohn, der junge James, mithilfe der Franzosen zurückkehrt und den Engländern Probleme macht. Folglich möchte William das englische und das schottische Parlament zu dem eines einzigen Großbritannien vereinen, weil England und Schottland ein paar hundert Jahre zuvor ohnehin einen gemeinsamen König hatten.«
»Aha«, sagte Stuart, der allmählich zu begreifen begann.
»Als William das Zeitliche segnet, gibt er diese Politik der Union weiter an Queen Anne, die Schwester seiner Frau und zweite Tochter des alten King James. Anne erkennt den jungen James immerhin als ihren Halbbruder an, und da sie keine eigenen Kinder hat, hoffen viele auf ihn als ihren Nachfolger. Ihre Berater dagegen haben andere Pläne und sorgen dafür, dass sie einen Verwandten aus dem deutschen Hause Hannover dazu bestimmt.
Das schottische Parlament aber will die hannoveranische Nachfolge nur akzeptieren, wenn Schottland sich aus seinen Interessen widersprechender Außenpolitik heraushalten kann, zum Beispiel aus dem Krieg, den Queen Anne immer noch gegen die Spanier und Franzosen führt.«
»Und vermutlich«, unterbrach Stuart ihn, »wollten die Engländer sich darauf nicht einlassen.«
»Sie reagierten mit dem sogenannten Alien Act«, sagte Graham, »der bestimmte, dass jeder in England lebende Schotte als Ausländer behandelt, sämtliche schottischen Besitztümer in England zurückgegeben und alle unsere Exporte verboten würden, wenn wir Schotten nicht zu Verhandlungen über eine Union bereit wären.«
»Was bedeutet, dass uns keine Wahl blieb«, sagte Stuart.
Sein Bruder sah ihn an. »Nun, es gibt immer eine Alternative. Aber die schottischen Adeligen hatten Besitztümer beiderseits der Grenze, und nur wenige von ihnen waren bereit, ihr Vermögen aufs Spiel zu setzen. Am Ende kamen sie dann doch an den Verhandlungstisch. Und unser Freund, der Duke of Hamilton, schlug vor, dass man die Auswahl derjenigen, die über die Union diskutieren sollten, Queen Anne selbst überlasse. Er peitschte die Entscheidung im Parlament durch, als noch nicht alle Angehörigen der Opposition anwesend waren, und so wurde der Beschluss mit ein paar Stimmen Mehrheit verabschiedet. Ein gutes Beispiel für seine kleinen, hinterhältigen Aktionen.«
»Der Beginn der Union.«
Graham grinste. »Hat man dir das denn nicht in der Schule beigebracht?«
»Na ja, jetzt haben wir doch unser eigenes Parlament.«
»Aber noch nicht lange. Mein Gott, Stuie, so jung bist du nun auch wieder nicht, dass du dich nicht mehr an die Diskussion über die Selbstverwaltung erinnern könntest. Oder an die Scottish National Party? An die Demonstrationen?« Als Stuart ihn verständnislos ansah, schüttelte Graham den Kopf. »Bei dir ist wirklich Hopfen und Malz verloren.«
»Wahrscheinlich war ich damals im Ausland«, sagte Stuart achselzuckend.
»Ich glaube eher, im Pub.«
»Möglich«, gab Stuart zu. »Aber ist das so wichtig?«
»Nur dann, wenn deine Kinder dich mal fragen sollten, wo du an dem Tag warst, an dem unser Parlament zu seiner ersten Sitzung nach fast dreihundert Jahren zusammenkam.«
Ich persönlich glaubte nicht, dass das jemals geschehen würde, denn Stuart Keith war nicht der Typ Mann, der heiratete und eine Familie gründete.
Es war interessant gewesen, die beiden während Grahams Schilderung des geschichtlichen Zusammenhangs zu beobachten. Trotz der gegenseitigen Neckereien mochten und achteten sie einander, so viel stand fest.
Das galt auch für ihr Verhältnis zu Jimmy, der nun ins Wohnzimmer zurückkehrte, wo schon lange keine Frau mehr gewirkt hatte. Es handelte sich um einen Männerhaushalt, in dem alle Dinge einem Zweck dienten.
Auf der Anrichte stand ein silberner Fotorahmen. Als Jimmy merkte, dass ich ihn betrachtete, erklärte er: »Meine Frau Isobel.«
Sie hatte Augen so grau wie die Nordsee im Winter. »Eine hübsche Frau«, sagte ich.
»Aye.
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