Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
Sie in meiner Gesellschaft Angst um Ihren Ruf?«, fragte Moray.
»Nein.« Sie blickte ihn erstaunt an. »Das ist es nicht …« Sophia brachte es nicht übers Herz, ihm ihre wahre Sorge zu gestehen: dass jemand ihn erkennen und verraten könnte. »Nein, ich habe keine Angst, in Ihrer Gesellschaft gesehen zu werden.«
»Das freut mich zu hören.« Er zog ihre Hand an seinen Körper und geleitete sie zum Strand hinunter.
Von dort aus waren die Masten des französischen Schiffs nicht mehr zu sehen, das vor der anderen Seite der Klippen ankerte. Vor ihnen breiteten sich ein strahlend blauer Himmel und die Wellen des Meeres aus, die sanft auf dem Sand ausliefen.
»Wie ist es, wenn man auf einem Schiff segelt?«, fragte sie unvermittelt.
»Nun, das hängt davon ab, ob man seekrank wird oder nicht«, antwortete Moray mit einem Achselzucken. »Colonel Hooke findet diese Art des Reisens bestimmt grässlich, und ich kann ihm nicht widersprechen. Auf so engem Raum mit so vielen Männern und so wenig Luft zum Atmen habe ich nicht die beste Laune. Aber an Deck sieht die Sache völlig anders aus. Wenn das Schiff mit geblähten Segeln dahingleitet …« Er suchte nach Worten. »Tja, dann ist das, als würde man fliegen.«
Dieses Gefühl, sagte sie, würde sie mit ziemlicher Sicherheit nie kennenlernen.
»Man weiß nie, was das Leben bringt. Wenn mir in der Kindheit jemand gesagt hätte, dass ich die Heimat verlassen würde, um für einen fremden König zu kämpfen, wäre das für mich ein Grund gewesen, ihn für verrückt zu erklären.« Er sah sie von der Seite an. »Vielleicht werden Sie doch einmal an Bord eines Schiffes kommen.« Und dann fügte er, den Blick nach vorn gerichtet, hinzu: »Captain Gordon könnte das sicher einrichten, wenn Sie ihn darum bitten.«
»Sie mögen ihn nicht«, sagte sie.
»Ganz im Gegenteil: Ich bewundere ihn sehr.«
»Aber Sie können ihn nicht leiden.«
»Vor drei Jahren kam ich auf Befehl von King James hierher, in Begleitung von Simon Fraser«, begann er zu erzählen. »Sagt Ihnen der Name etwas?«
O ja, wie allen in Schottland. Sogar in einem Land wie dem ihren, in dem die Gräuel der Vergangenheit noch immer im Alltag fortwirkten, waren Simon Frasers Gewalttaten Legende. Um den Titel Lord of Lovat zu erlangen, hatte er versucht, seine eigene Cousine, die Erbin des letzten Lords, zu entführen und zu heiraten, doch sein Plan war fehlgeschlagen. An ihrer Stelle hatte er ihre verwitwete Mutter vor Zeugen zum Klang seiner Dudelsackpfeifer, die ihre Schreie übertönen sollten, brutal vergewaltigt und die schluchzende Frau dann als Gattin eingefordert.
Den Titel hatte er nicht lange halten können und war schließlich zum Rechtlosen erklärt worden. Im Exil hatte man ihn am Ende begnadigt, doch sein Ruf als übler Schurke hielt sich bis in die Gegenwart.
Sophia wurde blass.
»Aye«, sagte Moray, »ich kam mir vor wie in Gesellschaft des Teufels, aber auch der weiß seinen Charme zu seinem Vorteil einzusetzen. In Saint-Germain glaubten in jenem Jahr die meisten, dass Simon Fraser Schottland dazu bringen würde, sich für den König zu erheben. Er behauptete, einen Plan zu haben, und überzeugte die Mutter des Königs davon, worauf sie ihn nach Schottland schickte, um das Terrain zu sondieren. Mich wählte man, wie man mir später mitteilte, als seinen Begleiter, weil ich mich aufgrund des guten Rufs meiner Familie unseren Verhandlungspartnern eher empfehlen würde als ein Mann wie Fraser. Und das erwies sich als zutreffend.« Er wirkte betrübt. »Wir sprachen mit vielen ehrenhaften Männern, und Simon Fraser betrog sie alle. Genau wie mich.« Er rang sich ein schmallippiges Lächeln ab. »Er gab sein gesamtes Wissen an Agenten von Queen Anne weiter.«
So war Moray offenbar in England in den Ruf geraten, ein Verräter zu sein, auf den man ein Kopfgeld aussetzte.
»Ich merkte nichts. Captain Gordon klärte mich auf«, sagte Moray. »Er nannte mich vor meinem Vater einen Narren, und schlimmer noch: Er rügte mich, dass ich mich von einem Mann ausnutzen ließ, der anständige Leute verriet und ins Verderben stürzte. Ich musste mit ansehen, wie Freunde gefangen genommen, gefoltert und zum Tod verurteilt wurden. Mir gelang die Flucht, doch mein Vater schämte sich bis ins Grab für mich.«
»Das tut mir leid.«
»Gordon hatte recht – ich war tatsächlich ein Narr. Aber man lernt dazu. Seitdem lasse ich mich nicht mehr so leicht hinters Licht führen.«
Sophia wählte ihre
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