Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
nächsten Worte sorgfältig. »Nur gut, dass Colonel Hooke nicht wie Simon Fraser ist.«
»Stimmt.« Er bedachte sie mit einem nachdenklichen Blick. »Colonel Hooke möchte wieder einen König in Schottland; ihm ist es letztlich egal, wer auf dem Thron sitzt, King James oder der Duke of Hamilton. Jetzt will er feststellen, wo die Loyalitäten Ihrer Landsleute aus den Western Shires liegen, denn der geplante Aufstand hängt von den bestens organisierten und bewaffneten Presbyterianern ab. Wenn sie sich für James aussprechen, ist alles gut. Falls sie sich für Hamilton entscheiden, weiß ich, auf welcher Seite Hooke steht.«
»Aber das bedeutet Bürgerkrieg.«
»Ja. Möglicherweise hat es der französische König von Anfang an darauf angelegt.« Er klang sarkastisch.
Sophia runzelte die Stirn. Sie erreichten nun den Rand der Dünen. Hier gab Moray ihre Hand frei, um die Stiefel auszuziehen.
Als er ihren entsetzten Blick sah, sagte er: »Keine Sorge, ich möchte bloß ein paar Schritte ins Wasser gehen. Begleiten Sie mich?«
»Sie wollen baden?«, stammelte sie verwirrt.
Er bedachte sie mit einem belustigten Lächeln. »Mein Gott, Mädel, wenn schon meine nackten Füße Sie so aufregen, möchte ich nicht riskieren, noch was anderes auszuziehen.« Sophia wurde rot. Er streckte die Hand aus. »Kommen Sie. Sie haben doch behauptet, Sie hätten keine Angst vor mir.«
Sie hob das Kinn. »Nun, dann muss ich auch aus den Schuhen schlüpfen.«
»Ja, das wäre vernünftig.«
Er schaute hinüber zu den Hügeln, während sie die Strümpfe herunterrollte und in ihre leichten Schuhe steckte, die sie neben seinen Stiefeln in den Sand stellte.
Am Ende erwies sich ihr kleiner Ausflug in die Wellen als das größte Vergnügen seit ihrer Kindheit. Das Wasser war so kalt, dass es ihr den Atem nahm, aber schon bald fühlte es sich wärmer an, und sie genoss, wie ihre Füße in den Sand einsanken. Nur ihr Kleid störte, also hob sie es mit beiden Händen hoch, so dass sich der Saum über ihren nackten Knöcheln befand. Moray, der mit gesenktem Blick am Strand entlangging, schien das nicht aufzufallen.
»Wonach suchen Sie?«, fragte Sophia.
»Meine Mutter hat mir einmal gesagt, ich solle Ausschau halten nach einem kleinen Stein mit einem Loch darin, den ich an einem Band um den Hals tragen könnte und der mich vor Unheil beschützen würde. Natürlich ist das ein Aberglaube, aber ich suche trotzdem weiter.« Er sah sie kurz an. »Amüsiere ich Sie?«
»Nein, ich …« Da entdeckte sie etwas im Wasser und bückte sich hastig, um es aufzuheben, bevor der Sand es wieder bedecken konnte.
Der halbdaumengroße Stein glänzte schwarz wie Obsidian.
Moray wandte sich ihr zu. »Was ist?«
Sophia streckte ihm die Hand entgegen. »Schauen Sie.«
Er trat neben sie, wölbte eine Hand um die ihre und drehte den Stein sanft mit den Fingern der anderen, so dass das Loch zum Vorschein kam, das sich knapp über der Mitte befand.
»Jetzt haben Sie Ihren Stein«, sagte Sophia.
»Nein, der gehört Ihnen.« Er schloss lächelnd ihre Finger darum. »Passen Sie gut darauf auf. Wenn das stimmt, was meine Mutter damals gesagt hat, wird er Sie als Talisman vor allem Bösen schützen.«
Unwillkürlich begann sie zu zittern.
»Mein Gott, Sie sind ja völlig durchnässt!«, rief Moray aus. »Kommen Sie aus dem Wasser und lassen Sie Ihre Kleidung von der Sonne trocknen. Die Countess macht mich einen Kopf kürzer, wenn Sie Fieber kriegen.«
Im Schutz der Dünen breitete sie den Rock um ihre Beine aus, während Moray in seine Stiefel schlüpfte und sich neben sie setzte. »Hier«, sagte er und reichte ihr Schuhe und Strümpfe. »Ziehen Sie die mal lieber an. Es geht ein kalter Wind.«
Sie folgte seinem Rat.
»Wenn Sie die Schuhe noch einmal flicken, bestehen sie nur noch aus Fäden«, bemerkte Moray.
»Die gehörten meiner Schwester.«
»Wie ist sie gestorben?«, fragte Moray.
Sophia wusste nicht so recht, wie sie die Geschichte erzählen sollte. »Anna war dreizehn, zwei Jahre älter als ich, als meine Mutter das Schiff nach Darien bestieg. Wir lebten damals bei der Schwester meiner Mutter, einer guten Frau, und unserem Onkel …« Sie schaute hinaus aufs offene Meer. »Er war ganz anders als meine Tante, ein richtiger Drummond. Seiner Verbindung zur Familie der Countess habe ich es zu verdanken, dass ich in Slains bin. Aber das ist das einzig Gute, das sich je durch ihn ergeben hat, und auch erst nach seinem Tod.« Sie schob den Ärmel hoch,
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