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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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durfte hinaus, und Besuche waren bis auf weiteres untersagt.
    »Wir haben ein Problem.«Reverdi richtete sich auf seiner Matte auf und lud den Anwalt ein, neben ihm Platz zu nehmen. Der Chinese blieb stehen.
»Die Autopsie von Raman ist abgeschlossen. Gewisse ›technische‹ Details lenken den Verdacht auf Sie.«
»Was denn für Details?«
»Der Faden, mit dem ihm Lippen, Augen und Unterleib zugenäht wurden, ist Katgut, chirurgisches Material, das es nur in der Krankenstation gibt.«
»Ich bin nicht der Einzige, der dort arbeitet. Selbst nicht der Einzige, der seine Probleme mit diesem Kerl hatte. Auch hier im Knast braucht es Beweise für eine Anklage.«
Der Anwalt ging nicht darauf ein. »Da ist auch die Sache mit den Eingeweiden«, sagte er.
»Was für Eingeweide?«
»Die Innereien, die sie in Ramans Bauch gefunden haben, das waren nicht seine.«
»Nein?«
»Sondern die Innereien eines Schweins.«
Jacques runzelte die Stirn. Jimmy beobachtete ihn mit seinen Schlitzaugen.
»Schweineinnereien! Ist Ihnen klar, was das für einen Muslim bedeutet? Der Mörder hat ihm sämtliche Organe entnommen und den leeren Bauchraum mit dem Gekröse eines Spanferkels gefüllt! Und dann hat er das Ganze wieder zugenäht!«
Reverdi malte sich das Gesicht des Pathologen bei der Autopsie aus, der sicher noch nie in seinem Leben Wurstwaren aus dieser Nähe betrachtet hatte. Gleichgültig fragte er:. »Und woher kam dieses … Material?«
Wong-Fat baute sich breitbeinig vor ihm auf, den roten Aktenkoffer in den Armen, der ihn wie ein kleines Haustier überallhin begleitete.
»Aus den Küchen«, sagte er. »Alles deutet darauf hin, dass es das Gekröse des Spanferkels war, das die chinesische Gemeinde sich ins Gefängnis hat kommen lassen, um was weiß ich was zu feiern. Du lieber Himmel, das Vieh war an sich schon ein Skandal.«
Reverdi hatte gehofft, es würde ihn amüsieren, wenn herauskam, was für eine Strafmaßnahme er sich für Raman hatte einfallen lassen, doch es ließ ihn kalt: Er konnte nur an Elisabeth denken. Ungeduldig wartete er auf den nächsten Kontakt mit ihr. Der Form halber fragte er jedoch:
»Hat man denn … nun … Ramans Innenleben wiedergefunden?«
»Nein. Und dass die Schweineinnereien verschwunden waren, hat niemand gemerkt. Sie wissen, wieso, oder?«
»Ich kann es mir denken.«
»Genau. Der Mörder hat Ramans Innereien in das Schwein eingefüllt. Und die Chinesen haben sie gestern abend aufgegessen. Gott im Himmel: menschliche Innereien!«
Jacques ließ den Kopf gegen die Wand sinken. Er empfand nichts. Nur das perfekte Timing gefiel ihm: Die Chinesen, die Auftraggeber des Mordes an Hadschdscha, hatten ihren Lehrmeister gefressen.
»Die Überraschung des Chefs also«, murmelte er.
Jimmy, dem eine Zornesader auf der Stirn schwoll, deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. »Ihnen wird das Lachen schon noch vergehen«, herrschte er ihn an. »Alle wissen, dass Sie’s waren! Nur Sie sind derartiger Schandtaten fähig!«
Reverdi sagte nichts.
»Nachdem meine Verteidigung praktisch stand! Jetzt ist alles beim Teufel. Was ist bloß in Sie gefahren?« Schweißglänzend und fassungslos beugte der Anwalt sich vor. »Ist es Ihnen egal, dass Sie krepieren werden?«
Gewandt sprang Reverdi auf und nahm eine der Kerzen, die zwischen Räucherstäbchen auf einer umgestülpten Obstkiste am anderen Ende der Zelle brannten. Das Arrangement erinnerte an einen Altar.
»Glaubst du an die Wiedergeburt?«, fragte er.
»Nein.«
Jacques nahm eine zweite, nicht brennende Kerze und trat auf Jimmy zu.
»Aber du kennst vielleicht die klassische Metapher für die Seelenwanderung.« Er zündete die zweite an der ersten Kerze an. »Die Körper vergehen, doch die Flamme geht einfach vom einen auf den anderen über. Sie ist ewig.«
»Was soll das heißen?«
Reverdi lächelte und drückte ihm eine Kerze in die Hand:
»Das heißt, ich sterbe nicht. Ich werde wiedergeboren.«
Wong-Fat betrachtete die kleine Kerze in seiner Hand. Er wusste nicht, was er damit anfangen sollte, und stellte sie auf den Altar zurück. Dabei bemerkte er das Foto, das über den Räucherstäbchen an der Wand hing.
»Wer ist das?«
»Meine Frau.«
Der Chinese fuhr herum. »Wie bitte?«
»Wir sind noch nicht verheiratet. Aber ich möchte unsere Vereinigung noch vor meiner Hinrichtung besiegeln.«
Jimmy starrte auf das Porträt. Mit gepresster Stimme fragte er: »Ist das die, der Sie immer schreiben? Das Mädchen aus Paris?«
»Das malaiische Gesetz berechtigt mich dazu.«
Jimmy

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