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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Einbruchdiebstahls und Hausfriedensbruchs. Eine Strafe auf Bewährung kam für ihn nicht mehr infrage. Die Alternative lautete also Gefängnis oder Tod: Was gab es da zu überlegen?
    Natürlich nichts. Trotzdem verwarf er diesen Ausweg wieder, den er in der Nacht ins Auge gefasst hatte. Der Gedanke an eine Haftstrafe war ihm unerträglich. Und er konnte sich nicht entschließen, sich der Polizei auszuliefern, ohne absolute Gewissheit zu haben. In seinem Herzen glomm noch ein Funken Hoffnung: Vielleicht bildete er sich ja alles nur ein. Vielleicht war Reverdi tatsächlich tot und der Weg frei.
    Donnerstag, 16. Oktober.
Er verkroch sich einen weiteren Tag.
Das Einzige, zu dem er sich aufraffen konnte, war die Lektüreder Pressemeldungen im Internet. Es gab nichts Neues. Die malaiische Polizei dachte bereits daran, die Suche einzustellen.
    In der folgenden Nacht hatte er um zwei Uhr morgens – neun Uhr in Malaysia – eine jähe Eingebung: Es gab eine Möglichkeit, etwas zu tun, zu reagieren. Er konnte sich zumindest Informationen aus erster Hand beschaffen, indem er sich mit den ihm bekannten Personen in Verbindung setzte. Alang war der Erste, der ihm einfiel.
    Der Gerichtsmediziner hörte sich ganz anders an als sonst. Mark erriet sofort, dass er etwas wusste.
»Was ist los?«
»Nun – inzwischen liegt der Bericht über die Autopsie des Fahrers vor – der Gerichtspathologe von Johor Baharu hat mich angerufen … unter Kollegen sozusagen.«
»Und was hat er festgestellt?«
»Dass es bei der Sache nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Der Fahrer ist gar nicht ertrunken. Er ist auch nicht durch den Aufprall gestorben.«
»Sondern wie?«
»Mein Kollege hat eine Injektionsnadel in seinem Nacken gefunden. Bei der Untersuchung hat er Luftblasen im Rückenmark gefunden. Das heißt, jemand hat ihm Luft zwischen die Nackenwirbel injiziert. Der Tod muss ziemlich plötzlich eingetreten sein.«
Mark dachte daran, dass Reverdi im Gefängnis in der Krankenstation gearbeitet hatte. Hatte er Zugang zu Injektionsnadeln gehabt?
»Hätte er denn an den Nacken des Fahrers herankommen können?«, fragte er.
Alang zögerte. Schließlich antwortete er tonlos: »Reverdi wurde nicht im gewöhnlichen Gefangenentransporter befördert, sondern in einem Sicherheitswagen, bei dem nur ein Gitter den Fahrersitz von den hinteren Plätzen trennt. Natürlich hätte er ihn durch das Drahtgeflecht stechen und damit den Unfall herbeiführen können. Die Information ist noch vertraulich, aber …«
Mark wischte Alangs Vorbehalte beiseite – sie hatten einander schon verstanden. Er dankte ihm und versprach, bald wieder anzurufen.
Es bestand kein Zweifel mehr, dass Reverdi ausgebrochen war. Die Bestätigung wirkte auf ihn wie ein Elektroschock.
    Am frühen Freitagmorgen rang er sich dazu durch, aktiv zu werden.
    Er würde nicht fliehen.
Aber auch nicht zur Polizei gehen.
Sondern sich Jacques Reverdi stellen.
    Und als Erstes würde er herausfinden, was Reverdi eigentlich vorhatte.
    Wie lange würde er brauchen, um nach Europa zurückzukehren?
Ein gewöhnlicher Ausbrecher hätte wohl kaum eine Chance, in Malaysia unbemerkt zu bleiben. Reverdi hingegen kannte sich im Land aus und sprach Malaiisch. Auch in den Nachbarländern – Thailand, Vietnam, Birma – kannte er sich aus und wusste zweifellos einen Weg, um heimlich über die Grenze zu gelangen. Allerdings gehörte er zu den Menschen, die stets auf alle Eventualitäten gefasst sind, und hatte sicher seit jeher einen »Plan B«.
Mark faltete die Landkarte von Südostasien auseinander. Er versuchte sich eine Fluchtroute vorzustellen und dabei die jeweils erforderliche Zeit zu überschlagen. Mit dem Finger folgte er dem Fluss Muar. Über das Meer konnte Reverdi nach Indonesien gelangen. Eine Alternative wäre, sich nach Süden, nach Singapur durchzuschlagen, doch diese Idee verwarf Mark gleich wieder: zu nahe an Johor Baharu. Reverdi konnte ebenso gut nach Kuala Lumpur zurückkehren und in der Stadt untertauchen … Ohne dass er einen Grund dafür hätte angeben können, neigte Mark am ehesten zu der Annahme, dass Reverdi in ein Nachbarland entwichen und dort im Dschungel verschwunden war.
Von dort konnte er die Touristengebiete aufsuchen: ein Weißer zwischen lauter Weißen, internationalen Hotels, Clubs, Reiseveranstaltern … Ein Baum fällt im Wald nicht auf. Reverdi würde sich auf irgendeine Art eine neue Identität zulegen – Pass, Führerschein, Bargeld – und in einer Gruppe westlicher

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