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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Gestalten als selbst die Häftlinge.
»Erzähl mal von den Wärtern, wie sind die so?«
»Bis letztes Jahr war alles paletti. Es war sogar ganz gemütlich. Kanara gilt als Vorbildknast, einer von der modernen Sorte. Aber seit Dezember ist hier ein neuer Sicherheitschef, ein Kerl namens Raman, der mit einer eigenen Truppe angerückt ist. Die Hölle.«
Jacques lehnte den Kopf an die Wand:
»Ich habe alle möglichen Höllen kennen gelernt.«
»Raman hat einen Sprung in der Schüssel. Korrupt bis auf die Knochen, aber das ist ja normal. Originell an ihm ist, dass er praktizierender Moslem ist, fast schon ein Fundi, und gleichzeitig schwul. In seinem Bekloppten-Hirnchen verträgt sich das nicht so toll. Manchmal kriegt er eine Wut, dass er völlig ausflippt. Er lässt es an uns aus. Aber die Prügel sind nicht das Schlimmste. Das Schlimmste sind eher seine Anwandlungen von Sanftmut, wenn du weißt, was ich meine. Bisher hat er mich nicht drangekriegt, und ich will mir lieber nicht so genau vorstellen, was sich in den Duschen abspielt.«
Reverdi lächelte und dachte: Es lebe die Hässlichkeit … Er musterte noch immer die uniformierten Männer, die ihn ihrerseits beobachteten. Sie kamen ihm fiebrig vor, von ungewöhnlicher Nervosität.
»Die dröhnen sich zu, oder?«
»Nur die Leute von Raman. Koks, Acid, Amphetamine. Wenn sie Yaa Baa eingeschmissen haben, bleib lieber außerhalb der Reichweite ihrer Totschläger.«
Seit rund fünfzehn Jahren waren Amphetamine die große Mode in Südostasien. Zu den Amphetaminen zählte auch Yaa Baa, eine wahre Geißel: Die herzförmige kleine Pille mit Erdbeer- oder Schokoladengeschmack zerstört die neuronalen Schaltkreise im Gehirn und löst Anfälle von unglaublicher Gewalttätigkeit aus. In Thailand berichteten die Zeitungen regelmäßig auf den Titelseiten von Morden im Yaa-Baa-Rausch.
»Aber wir sind schließlich nicht mehr im Mittelalter«, fuhr Éric fort, bemüht um einen beschwichtigenden Ton. »Der Knastdirektor behält sie im Auge. Es hat Beschwerden gegeben. Bei der ersten Prügelei muss der Dreckskerl mit seinem gesamten durchgeknallten Kommando vor den Disziplinarrat. Wir zählen schon die Tage.«
Jacques betrachtete jetzt die Häftlinge, die sich mit dem Teller in der Hand je nach ihrer ethnischen Herkunft gruppierten. Über ihre soßenverschmierten Finger gebeugt, kauerten sie auf dem Boden und sahen aus, als hockten sie beim Essen auf dem Abort.
»Sind die verschiedenen Volksgruppen hier blockweise untergebracht?«
»Ursprünglich waren sie gemischt. Aber mit der entsprechenden Kohle haben sie’s geschafft, sich mit ihresgleichen zusammenzutun. Das ist die natürliche Tendenz. Die Verwaltung drückt beide Augen zu. Aber bei der kleinsten Scheiße wird wieder alles aufgemischt.« Er lachte. »Ein Fußtritt in den Ameisenhaufen …«
»Und die Weißen?«
»Fallen in der Masse nicht weiter auf. Die zwei Engländer haben sich eine gemeinsame Zelle ergattert. Im Block der Chinesen. Die Italiener ebenfalls, sie sind bei den Indern.«
Reverdi dachte an sein kleines Apartment mit Nasszelle. Er wusste noch nicht, in welche Gemeinschaft es ihn verschlagen hatte. Sofern es nicht einfach das vornehme Viertel war, in dem Malaien und reiche Han zusammenwohnten.
»Hat jeder Clan seine Spezialität?«
»Na ja. Die Chinesen und Malaien ziehen ihren Stiefel durch wie immer, die einen verkaufen alles, was sich verkaufen lässt, die anderen machen keinen Finger krumm. Die Inder kümmern sich um Verwaltungsgeschichten, spielen Anwälte und verfassen für ein paar Ringgit irgendwelche Schmierereien. Die Indonesier sind die Sklaven. Allein von deiner Portion Käse könntest du dir jeden Tag einen kaufen. Bei den Filipinos sieht es schon böser aus.«
»Der Ordnungsdienst?«
»Killer. Die Schlimmsten von allen: Sie haben nichts zu verlieren.«
Reverdi setzte die Besichtigung fort, wie ein Gutsherr seinen Besitz inspiziert; jetzt lag sein Blick auf den mit Segeltuch gedeckten großen Schuppen jenseits der zentralen Gebäude.
»Die Werkstätten«, kommentierte Éric. »Pro Block gibt es eine. Du kennst das Prinzip: die Hände beschäftigen, damit der Kopf leer wird. Bezahlt werden wir mit Ölsardinen. Aber das kann dir egal sein: Untersuchungshäftlinge dürfen nicht arbeiten.«
Éric streckte seinen knotigen Arm aus.
»Hinter den Baracken ist ein Fußballplatz. Und noch ein Stück weiter, am Rand des Sumpfs, sind Pfahlbauten, Hütten, die sich gewisse Typen aus Gebrauchtmaterial

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