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Das schwarze Blut

Titel: Das schwarze Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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…«
Er zog weitere Berichte hervor:
»Und dann natürlich die Fischer von Papan. Aber ich werde mich dafür einsetzen, dass deren Aussagen vor Gericht abgelehnt werden – sie sitzen selbst wegen versuchter Lynchjustiz hinter Schloss und Riegel.« Er legte seine fleischige Hand auf seine gesammelten Unterlagen. »Nichtsdestotrotz sind die Anklagepunkte gegen Sie erdrückend, Jacques. Ich darf Sie doch Jacques nennen?«
Nachdem er noch immer keine Antwort bekam, schwand endlich das Lächeln aus seinem Gesicht, und er wiederholte:
»Erdrückend … Angesichts dieser Sachlage besteht keinerlei Aussicht auf einen Freispruch.«
Reverdi las aus dem Tonfall, der Körperhaltung des Juristen eine gewisse Begeisterung heraus. Der Mann war von dem Verbrechen, dessen Verteidigung er übernommen hatte, weder entsetzt noch angewidert, im Gegenteil – der Fall schien ihn zu faszinieren, und Jacques begriff instinktiv, dass Wong-Fat aus freien Stücken darum gebeten hatte, sich dem »Ungeheuer« zu nähern.
»Es gibt nur einen Ausweg: auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Das ist die einzige Möglichkeit, wie Ihnen die Todesstrafe erspart bleibt. Sie werden lebenslänglich bekommen. Wenn Sie aber Anzeichen der Läuterung zeigen, können Sie bei Vorliegen entsprechender Expertengutachten nach rund zehn Jahren entlassen werden.«
Reverdi blieb stumm. Der Chinese hüstelte und fuhr fort:
»So gesehen war Ihre kleine Krise in Papan durchaus nützlich. Desgleichen Ihr Aufenthalt in Ipoh. Schade, dass Sie nicht dort geblieben sind.« Er ballte die Faust. »Wenn ich den Trottel zu fassen bekäme, der für Ihre Verlegung verantwortlich ist, würde ich …«
»Das war ich selbst.«
Jimmy fuhr auf.
»Ich habe darauf bestanden, nach Kanara verlegt zu werden.«
»Das wusste ich nicht … Sehr bedauerlich … Um auf Unzurechnungsfähigkeit …«
»Fällt mir überhaupt nicht ein, den Wahnsinnigen zu mimen. Ich bin nicht wahnsinnig.«
Wong-Fat brach in Gelächter aus – er krümmte sich förmlich vor Lachen und sah auf einmal aus wie ein schlechter, unwilliger Schüler.
»Das ist aber der einzige Ausweg – nur so entgehen Sie dem Tod am Galgen!«, rief er aus.
»Hör zu«, fuhr ihn Reverdi an, der noch immer stocksteif dasaß. »Ich gehe nicht nach Ipoh zurück, niemals. Ich brauche keine Therapie.«
Der Chinese runzelte die Stirn.
»Was haben Sie vor? Sich schuldig zu bekennen?«
»Nein.«
»Sie werden doch wohl nicht Ihre Unschuld beteuern, oder?«
»Ich werde gar nichts sagen. Ich schweige. Soll die malaiische Justiz ihre Arbeit tun, das geht mich nichts an. Im Übrigen beantworte ich auch keine Fragen.«
Jimmy trommelte auf seinem altgedienten Aktenkoffer – damit hatte er nicht gerechnet. Sein Kehlkopf fuhr wie ein Fangball auf und nieder. Er fixierte Reverdi mit schrägem Blick, dann versuchte er es noch einmal:
»Fürs Erste müssen Sie mir eines versprechen.« Er schlug einen vertraulichen Ton an: »Lassen Sie niemanden in Ihre Nähe. Vor allem nicht die Leute von der französischen Botschaft! Sie werden Ihnen einen Berater schicken wollen. Einen französischen Anwalt, der sich in die Sache einmischt. Das wird sich sehr schlecht auf Ihren Fall auswirken. Die malaiischen Richter sind empfindlich.«
Jacques sagte nichts, aber diesmal konnte sein Schweigen als Zustimmung gedeutet werden.
»Und auch keine Journalisten natürlich«, fuhr der Anwalt fort. »Keine Erklärungen, kein Interview. Sie müssen sich bedeckt halten. Verstehen Sie?«
»Genau das sagte ich bereits. Ich rede nicht. Weder mit dem Richter noch mit den Journalisten. Noch mit dir.«
Wong-Fat spannte sich an. Reverdi wechselte den Ton:
»Es sei denn, du sagst mir was.«
»Wie bitte?«
»Wenn du Geständnisse willst, musst du erst selber was preisgeben.«
»Ich verstehe nicht, was Sie …«
»Pst«, flüsterte Reverdi und legte den Zeigefinger an die Lippen. Zum ersten Mal rasselten seine Ketten.
Der Chinese brach in ein übertrieben lautes Gelächter aus, mit dem er seine Verlegenheit zu kaschieren versuchte.
»Bist du in Malaysia geboren?«
Jimmy nickte.
»Welche Provinz?«
»Perak. Cameron Highlands.«
Reverdi kannte einen Wong-Fat in den Cameron Highlands. Sollte der Zufall …?
»Was macht dein Vater dort?«
»Er hat einen Zuchtbetrieb.«
»Schmetterlinge?«
»Ja. Wieso … Woher wissen Sie das?«
Reverdi lächelte:
»Ich kenne deinen Vater. Eine Zeit lang hab ich Produkte bei ihm gekauft.«
Der Chinese schien vollkommen verwirrt:
»Wa … was für

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