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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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Stadt anders gemacht?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Wenn ich etwas anders gemacht hätte, wäre ich Euch ja vielleicht nie begegnet.«
    »Genau«, sagte Joe entschieden. »Alles, was du erlebt hast, schlecht oder gut, hat dich letztendlich hierhergeführt.«
    An dieser Stelle endete unser Gespräch, weil die Ladentür aufging und ein Kunde bedient werden musste. Beim Klappern der Tür wachte Joe immer auf, egal wie fest er zu schlafen schien. Überhörte er es aber doch einmal, gab Saluki einen knallenden Rülpser von sich, sobald jemand eintrat. Es kam mir wie eine Warnung vor.
    Für einen Frosch war Saluki ein angenehmer Mitbewohner. Wenn es sich ergab, fütterte ich sie gern und sah zu, wie ihre Zunge über den Rand des Glasbehälters hinausschoss und wie das Insekt oder die Made im Nu verschwunden war – so blitzschnell, dass man es kaum verfolgen konnte. Den Deckel hatte ich seit meinem ersten Tag bei Joe nicht mehr angerührt. Joe hatte es mir verboten, und ich wollte den Frosch auch nicht anfassen. Joe nahm Saluki ab und zu heraus und ließ sie auf seiner Handfläche sitzen. Er streichelte behutsam ihren Rücken, dann rülpste sie leise und schien zu leuchten. Ich hatte nicht vergessen, was Joe gesagt hatte – dass ich sie nicht anfassen dürfe, bis ich ihr Vertrauen gewonnen hätte. Ich hoffte, Saluki würde mir eines Tages vertrauen.
    Ich erinnere mich gern an diese Tage im Laden, wir hatten es warm und behaglich, und die kalte Welt draußen berührte uns nicht. Aber natürlich kam die Welt nach wie vor in unseren Laden. Die Dorfbewohner waren sichtlich dankbar für alles, was Joe für sie getan hatte, und allmählich konnte sich einer nach dem anderen aus Jeremiahs eisernem Griff befreien. Aus ihrer früheren Verzweiflung war Wut geworden, Wut darüber, dass Jeremiah sie so lange so schlecht behandelt hatte, dass er ihnen so viel abverlangt, dass er sie in Angst und Schrecken gehalten hatte. So wie sie Jeremiah ihre Schulden zurückzahlen konnten, so wollten sie ihm nun auch anderes zurückzahlen.
    Eines Nachts bekamen wir Besuch von dem hiesigen Arzt, Dr. Samuel Mouldered. Es überraschte mich nicht. Joe hatte ihn ja am Tag vorher aufgesucht, wie er es bei seinen mitternächtlichen Kunden immer tat, und hatte ihn aufgefordert zukommen. Wie die meisten hatte auch er eine interessante Geschichte zu erzählen.
    Samuel Mouldered war ein kränklich aussehender Mann, an dessen stets griesgrämigem Gesichtsausdruck seine Patienten nie erkennen konnten, ob sie leben oder sterben sollten. Hätten sie geahnt, dass der Arzt das oft selbst nicht wusste, wären sie gewiss alarmiert gewesen. Mouldered war nämlich kein Arzt, sondern nur ein Quacksalber, der sich überzeugend genug darstellen konnte und der sich auf der Flucht vor einer Schar betrogener Patienten befand. Sie hatten herausgefunden, dass sein Wundermittel nicht viel mehr war als eine Mixtur aus gekochten Nesseln und Wein, der nach Kork schmeckte.
    Pagus Parvus war ein ideales Versteck für einen solchen Mann. Gerechterweise muss aber gesagt werden, dass Mouldered völlig harmlos war. Seit er vor mehr als zehn Jahren ins Dorf gekommen war, praktizierte er hier als Arzt und ging dabei strikt davon aus, dass die meisten Krankheiten innerhalb von sieben Tagen von selbst vergingen. Also verschrieb er sein Wundermittel (inzwischen eine schmackhaftere Variante aus Honig und Bier), das eine Woche lang angewendet werden musste, und verzeichnete im Großen und Ganzen recht annehmbare Ergebnisse. Was die Todesfälle anging, so hinterfragte nie jemand das ungewöhnlich hohe Auftreten von Herzversagen hier in der Gegend. Die Leute vertrauten dem Doktor und seinen Diagnosen.
    Samuel Mouldereds größte Angst war es, dass Jeremiah sein Geheimnis entdecken würde.
    »Ich kann nicht versprechen, dass Jeremiah nie dahinterkommt«, sagte Joe am Ende. »Aber von uns wird er es nicht erfahren. Da habt Ihr mein Wort.«
    Joe hielt ihm die Tür auf, doch Mouldered schien zu zögern.
    »Der Mann ist ein Ungeheuer«, erklärte er. »Jahrelang haben wir durch ihn gelitten. Die Dorfleute wollen Rache. Ich weiß, dass sie auf Eure Hilfe hoffen.«
    »Was kann ich tun?«, fragte Joe ruhig. »Ich bin nur ein Pfandleiher.«
    »Das glaubt hier niemand«, murmelte der Doktor, während er hinaus auf die Straße trat. Joe zog nur die Schultern hoch und reichte Dr. Mouldered einen Beutel mit Münzen.
    »Vincit qui patitur« , rief er ihm nach, aber der Doktor war schon außer

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