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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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hatten. Ich hörte »Lügner« und »Betrug« und war empört. Ich trat einen Schritt vor, weil ich dachte, ich könnte Joe vielleicht schützen, aber er hielt mich zurück.
    »Das stimmt nicht«, sagte er. »Ich habe euch nicht angelogen. Ich habe nie verspro…«
    Aber Joe konnte nicht ausreden, weil sich die Menge jetzt offen gegen ihn wandte. Sie buhten, sie zischten ihn aus.
    Benommen stand Joe da, die Arme schlaff am Körper. Die Leute fingen an, ihn mit Schnee zu bewerfen, mit Steinchen und mit allem, was sie gerade fanden. Da nahm ich ihn an der Hand und zog ihn fort. Hier im Freien waren wir in Gefahr. Nur einmal drehte ich mich um, da sah ich zu meiner Bestürzung Jeremiah Ratchet unter seiner Tür stehen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und als er meinem Blick begegnete, riss er den Mund auf und lachte und lachte.

    Ich schloss den Laden auf und ließ die Jalousien herunter. Für den Rest des Tages blieben wir drinnen. Ich konnte immer noch nicht glauben, was geschehen war, ich lief zwischen Laden und Hinterzimmer auf und ab und ließ die Szene in Gedanken noch einmal vor mir ablaufen.
    »Wie konnten sie Euch so behandeln? Nach allem, was Ihr für sie getan habt.«
    Joe saß ruhig am Feuer. Er hörte mein wütendes Geschimpfe, aber er antwortete nicht. Den ganzen Nachmittag lang sagte er so gut wie nichts, aber ich sah ihm an, dass es in seinem Hirn arbeitete. Was hatte er vor? Wollte er sich rächen an Pagus Parvus? Oder an Jeremiah? Das eine oder das andere war es bestimmt. Doch im Inneren wusste ich, dass ernichts dergleichen tun würde. Sich zu rächen war nicht Joes Art.
    Er sprach mit sich selbst und versicherte sich ein ums andere Mal, dass er nichts Unrechtes getan habe. »Immer habe ich ihnen einen gerechten Preis gezahlt«, murmelte er. »Ist der Handel einmal abgeschlossen, ist er abgeschlossen, und keiner ist dem anderen etwas schuldig. Und trotzdem ist es diesen Leuten nicht genug. Sie beschuldigen mich, ich hätte falsche Versprechungen gemacht.«
    »Sie haben Euch falsch verstanden«, sagte ich.
    Er sah zu mir auf. »Ich habe nichts versprochen. Jeremiah hat mich nicht in seiner Gewalt, aber das heißt noch lange nicht, dass ich etwas gegen ihn tun kann.« Er zog die Stirn so tief in Falten, dass sich beinahe seine Augenbrauen berührten. »Es gibt bestimmte Regeln, und die muss ich befolgen.«
    »Regeln? Welche Regeln?«, fragte ich. Aber Joe sprach wieder zu sich selbst.
    »Ich habe ihnen Geld gegeben, viel mehr, als sie verdient haben, und ich habe gesagt, sie sollen Geduld haben. Das ist alles. Das ist ja wohl kaum ein Versprechen. Aber jetzt behandeln sie mich, als hätte ich sie betrogen. Warum muss es in der menschlichen Natur liegen, dass man das eine hört und etwas anderes glaubt?«
    »Weil wir wollen, dass es besser wird auf der Welt«, sagte ich. »Sonst könnten wir ja keine Hoffnung mehr haben.«
    Joe schloss die Augen. »Dum spiro, spero«, sagte er. »Solange ich atme, hoffe ich.«

Kapitel 31

    Die zaudernde Botin
    I n der Schenke Zur Blauen Forelle hatte Benjamin Tup alle Hände voll zu tun, um den Wünschen seiner Gäste nachzukommen. Ein voll besetztes Wirtshaus hatte er noch nie erlebt, heute Abend jedoch drängten sich hier die Dorfbewohner, auch solche wie Perigoe Leafbinder, die noch kein einziges Mal über seine Schwelle gekommen waren. Dicht nebeneinander saßen und standen sie auf jeder verfügbaren Fläche, lehnten und lümmelten sich gegen Schränke und Tische und schafften es irgendwie, gleichzeitig auch noch einen Becher oder einen Krug Bier festzuhalten. Job Wright war der Einzige, der einigermaßen bequem saß: Er hatte mitten im Raum an einem wackligen, bierbefleckten Tisch Platz genommen.
    »Liebe Freunde, Nachbarn, Mitbürger!«, rief er dröhnend in die erregte, leicht beschwipste Versammlung. »Ich sage euch, die Zeit ist reif, dass wir uns zurückholen, was uns rechtmäßig zusteht. Ihr alle habt heute Nachmittag Horatio gesehen – einen mutigeren Mann habe ich noch nicht erlebt. Wie er diesen Truthahn festgehalten hat, das war ein Anblick, den ich mein Lebtag nicht vergessen werde.«
    Horatio errötete bei dem Lob und geriet fast ins Taumeln von all den anerkennenden Schlägen, die plötzlich auf seinen Rücken niederprasselten. Er musste sich die Ohren zuhalten, weil ihn der stürmische Beifall ganz durcheinanderbrachte.
    »Aber das ist erst der Anfang«, fuhr Job fort. »Die ganze Zeit hielten wir Jeremiah für die Quelle unseres

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