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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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Knacken des Heizkörpers in einem Hotelzimmer lästiger sind, nachdem sie einem erst einmal aufgefallen sind.
    Jack dreht sich nochmals langsam um die eigene Achse. Süden: Die Vibrationen sind schwächer. Osten: Sie sind verschwunden.
Norden: Sie setzen allmählich wieder ein. Westen: Sie werden stärker. Südwesten: Sie pulsieren, als hätte der Sendersuchlauf eines Autoradios den stärksten Sender weit und breit gefunden. Peng, peng, peng. Dunkle, hässliche Vibrationen wie hämmernde Kopfschmerzen, dazu ein Geruch nach brandigem Rauch …
    »Nein, nein, nein, nicht Rauch«, sagt Jack. Er steht in hüfthohem Sommergras, die Hose taunass, der Kopf von weißen Faltern umschwärmt, die einen irgendwie verrückten Heiligenschein bilden, die Augen aufgerissen, die Wangen wieder bleich. In diesem Augenblick sieht er wieder wie ein Zwölfjähriger aus. Unheimlich, wie er sich in sein jüngeres (und vielleicht besseres) Ich zurückverwandelt hat. »Nicht Rauch, das riecht nach …«
    Plötzlich gibt er wieder Würgelaute von sich. Dieser Geruch – nicht in der Nase, sondern mitten im Kopf – ist nämlich Verwesungsgeruch. Der Geruch von Irma Freneaus abgetrenntem Fuß.
    »Ich rieche ihn«, flüstert Jack und weiß, dass er damit nicht den Geruch meint. Er kann dieses Pulsieren in alles verwandeln, was er will … es aber auch verschwinden lassen, wie er jetzt merkt. »Ich rieche den Fisherman. Entweder ihn oder … ich weiß nicht, was.«
    Er geht weiter und bleibt nach hundert Metern erneut stehen. Das Pulsieren im Kopf ist tatsächlich weg. Es ist schwächer geworden und verstummt, wie Rundfunksender es tun, wenn der Tag allmählich heißer wird. Das ist eine Erleichterung.
    Jack hat die Straße fast erreicht, die in einer Richtung zweifellos zu irgendeiner Version von Arden und in der anderen zu Versionen von Centralia und French Landing führt, da hört er ein unregelmäßiges Trommeln. Er fühlt es auch körperlich, spürt es die Beine wie den Backbeat von Gene Krupa hinauflaufen.
    Er wendet sich nach links, dann stößt er einen Schrei aus, in dem sich Überraschung und Entzücken mischen. Drei riesige braune Tiere mit langen, vorn abgeknickten Löffeln hoppeln an ihm vorbei, tauchen aus dem Gras auf, versinken wieder darin, tauchen erneut auf. Sie sehen wie mit Kängurus
gekreuzte Kaninchen aus. Ihre hervorquellenden schwarzen Augen starren ihn mit komischem Entsetzen an. Dann hoppeln sie über die Straße, und ihre flachen Pfoten (weiß statt braun bepelzt) wirbeln klatschend Staub auf.
    »Jesus!«, sagt Jack halb lachend, halb schluchzend. Er schlägt sich mit einem Handballen an die Stirnmitte. »Was war das, Richie-Boy? Irgendeinen Kommentar dazu? «
    Natürlich hat Richie einen dazu. Er erklärt Jack, er habe soeben eine äußerst lebhafte … ba-haaaa! … Halluzination gehabt.
    »Klar doch«, sagt Jack. »Riesenkarnickel. Bringt mich zum nächsten AA-Treffen.« Als er jetzt auf die Straße hinaustritt, betrachtet er wieder den südwestlichen Horizont. Die dort aufsteigenden Rauchschleier. Ein Dorf. Und haben seine Bewohner Angst, wenn die Abendschatten länger werden? Angst vor der herabsinkenden Nacht? Vor dem Ungeheuer, das ihre Kinder raubt? Brauchen sie einen Schutzmann? Natürlich brauchen sie einen. Natürlich haben sie …
    Vor ihm auf der Straße liegt etwas. Jack bückt sich und hebt eine Baseballmütze der Milwaukee Brewers auf, die in dieser Welt hoppelnder Riesenkarnickel augenfällig fehl am Platz, aber unbestreitbar real ist. Das eng eingestellte Kunststoffband am hinteren Mützenrand lässt vermuten, dass es sich um die Mütze eines Kindes handelt. Jack dreht sie um, weiß bereits, was er finden wird, und liest dann auf der Unterseite des Mützenschirms in sorgfältiger Druckschrift tatsächlich den Namen TY MARSHALL. Die Mütze ist nicht so nass wie Jacks Jeans, die vom Tau klatschnass sind, aber auch nicht ganz trocken. Sie muss ja seit gestern hier am Straßenrand gelegen haben, denkt er. Logischerweise könnte man annehmen, Tys Entführer sei mit dem Jungen auf dieser Straße unterwegs gewesen, aber das glaubt Jack eher nicht. Vielleicht weckt das nachhallende Pulsieren der Vibrationen eine andere Idee, suggeriert ihm ein anderes Bild: Der Fisherman, der Ty irgendwo ausbruchsicher untergebracht hat, ist zu Fuß auf dieser unbefestigten Straße unterwegs. Unter einen Arm hat er sich den mit nachgeahmten Briefmarken verzierten Schuhkarton geklemmt. Auf dem Kopf trägt er Tys

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