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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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Er spricht wie ein Mann, der sich eben von einem kräftigen Magenschwinger erholt.
    »Ja.«
    »Sophie.«
    »Ja.«
    »Sophie.«
    »Ja.«
    Irgendwie kommt ihm dieser Dialog auf verrückte Art bekannt vor – dass er immer wieder ihren Namen sagt, den sie mit einem einfachen Ja bestätigt. Vertraut und komisch. Und dann fällt ihm ein, woher er ihn kennt: In dem Film Der Schrecken von Deadwood Gulch gibt es eine fast identische Szene, nachdem einer der Gäste des Lazy 8 Saloons Bill Towns mit einer Whiskeyflasche niedergeschlagen hat. In ihrer Rolle als die resolute Nancy O’Neal kippt Lily ihm einen Eimer Wasser über den Kopf, und als Bill sich aufsetzt, entsteht dieser bizarre Dialog …

    »Das ist komisch«, sagt Jack. »Sogar ziemlich. Wir sollten lachen.«
    Mit der Andeutung eines Lächelns sagt Sophie: »Ja.«
    »Uns schieflachen.«
    »Ja.«
    »Wie tarnal lachen.«
    »Ja.«
    »Ich spreche nicht mehr Englisch, stimmt’s?«
    »Ja.«
    In ihren blauen Augen sieht er zweierlei: Erstens kennt sie das Wort Englisch nicht. Und zweitens versteht sie genau, was er meint.
    »Sophie.«
    »Ja.«
    »Sophie-Sophie-Sophie.«
    Er versucht, sich auf diese Realität einzustellen. Sie wie einen Pflock festzuklopfen.
    Ein Lächeln erhellt ihr Gesicht und verschönt ihren Mund. Jack stellt sich vor, wie es wäre, diesen Mund zu küssen, und bekommt ganz weiche Knie. Er ist plötzlich wieder vierzehn und fragt sich, ob er es wagen soll, seiner Tanzpartnerin ein Küsschen zu geben, wenn er sie nach Hause begleitet hat.
    »Ja-ja-ja«, sagt sie, während ihr Lächeln sich verstärkt. Und dann: »Bist du dir schon über alles im Klaren? Verstehst du, dass du hier bist und wie du hergekommen bist?«
    Um ihn herum und über ihm flattern und seufzen Wogen aus durchsichtigem weißen Stoff, wie durch Atemzüge bewegt. Ein halbes Dutzend gegensätzlicher Brisen fächeln sein Gesicht und machen ihm bewusst, dass er mit Schweiß bedeckt aus der anderen Welt herübergekommen ist. Um Sophie nicht länger als eine Sekunde aus den Augen lassen zu müssen, wischt er sich die Schweißtropfen mit hastigen Armbewegungen von Stirn und Wangen.
    Sie befinden sich in irgendeiner Art Zelt. Es ist riesig – vielfach unterteilt – und lässt Jack kurz an den Pavillon denken, in dem die Königin der Territorien, der Twinner seiner Mutter, im Sterben lag. Jener Pavillon war farbenprächtig gewesen, hatte zahlreiche Räume enthalten und war von Weihrauchduft
und Trauer erfüllt gewesen (der Tod der Königin war nämlich unvermeidlich, sicher erschienen – nur noch eine Frage der Zeit). Das gegenwärtige Zelt ist heruntergekommen und zerfetzt. Die Wände und Decken sind voller Löcher, und wo das weiße Gewebe erhalten ist, ist es so durchsichtig, dass Jack durch den Stoff hindurch eine hügelige Wüstenlandschaft mit verkrüppelten Bäumen erkennen kann. Einzelne Windstö ße lassen die Fetzen an den Rändern der Löcher flattern. Unmittelbar über sich sieht er ein schemenhaftes kastanienbraunes Gebilde. Irgendeine Art Kreuz.
    »Jack, verstehst du, wie du …«
    »Ja. Ich bin geflippt.« Das ist allerdings nicht das Wort, das aus seinem Mund kommt. Die buchstäbliche Bedeutung des Wortes, das er ausspricht, scheint Horizontstraße zu sein. »Und ich habe anscheinend einiges von Spieglemans Büroeinrichtung mitgebracht.« Er bückt sich und hebt einen flachen Stein mit einer eingravierten Blume auf. »In meiner Welt war das hier ein Georgia-O’Keeffe-Poster, glaube ich. Und das dort drüben …« Jack zeigt auf eine rauchgeschwärzte, erloschene Fackel, die an einer der fragilen Wände des Pavillons lehnt. »Ich glaube, das war eine …« Aber in dieser Welt gibt es kein Wort dafür, und was aus seinem Mund kommt, klingt hässlich wie ein deutscher Fluch: »… Halogenlampe.«
    Sie runzelt die Stirn. »Hal-do-jen … Lambe? Lamp?«
    Er spürt, wie seine tauben Lippen sich zu einem kleinen Grinsen verziehen. »Schon gut.«
    »Aber dir fehlt nichts.«
    Da er versteht, dass sie darauf angewiesen zu sein scheint, dass ihm nichts fehlt, wird er behaupten, ihm fehle nichts, aber das stimmt nicht. Er ist krank – und glücklich darüber, krank zu sein. Er ist krank vor Liebe, aber das ist ihm gerade recht. Lässt man unberücksichtigt, was er für seine Mutter empfunden hat – eine ganz andere Art Liebe, unabhängig davon, was die Freudianer davon halten mögen -, ist dies das erste Mal für ihn. Oh, er hat natürlich schon mehrmals geglaubt , verliebt gewesen zu

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