Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
Vom Netzwerk:
kastanienbraun, war früher aber zweifellos einmal rot gewesen. Ein rotes Kreuz, du Dummkopf, denkt er. »Aha! Aber ist es nicht ein bisschen … na ja … alt?«
    Sophies Lächeln wird stärker, und Jack erkennt, dass es ironisch gemeint ist. Unabhängig davon, was für ein Krankenhaus dies auch sein oder gewesen sein mag, es hat bestimmt wenig oder überhaupt keine Ähnlichkeit mit denen aus den einschlägigen Fernsehserien. »Ja, Jack. Sehr alt. Früher hat’s in den Territorien, in Aufwelt und Mittwelt ein Dutzend oder mehr dieser Zelte gegeben; jetzt sind nur noch ein paar wenige übrig. Vielleicht sogar nur dieses eine hier. Heute ist’s hier. Morgen …« Sophie hebt die Hände und lässt sie dann wieder langsam sinken. »Irgendwo! Vielleicht sogar auf Judys Seite der Mauer.«
    »Eine Art Wanderquacksalberei.«
    Das sollte ein Scherz sein, weshalb er verblüfft ist, als sie erst nickt, dann lacht und in die Hände klatscht. »Ja! Ja, genau! Obwohl du dir nicht wünschen würdest, hier behandelt zu werden.«
    Was will sie damit sagen? »Vermutlich nicht«, stimmt er ihr zu, während er die verrottenden Wände, die zerschlissenen Deckenbahnen und die angefaulten Zeltstützen begutachtet. »Sieht nicht gerade besonders steril aus.«
    Ernsthaft (aber ihre Augen blitzen dabei) sagt Sophie: »Wärst du jedoch hier Patient, würdest du es über alle Maßen schön finden. Und du würdest deine Pflegerinnen, die Kleinen Schwestern, für die schönsten halten, die ein bemitleidenswerter Patient jemals gehabt hat.«
    Jack sieht sich um. »Wo sind sie?«

    »Die Kleinen Schwestern zeigen sich nicht, solange die Sonne scheint. Und wenn wir mit dem Segen weiterleben wollen, Jack, sind wir lange vor Einbruch der Dunkelheit von hier fort und unsere getrennten Wege gegangen.«
    Es schmerzt ihn, sie von getrennten Wegen sprechen zu hören, obwohl er weiß, dass es unvermeidlich so kommen wird. Der Schmerz dämpft seine Neugier jedoch nicht; einmal ein Schutzmann, so scheint es, immer ein Schutzmann.
    »Warum?«
    »Weil die Kleinen Schwestern Vampire sind, deren Patienten niemals gesund werden.«
    Erschrocken, unbehaglich sieht Jack sich nach Spuren ihrer Anwesenheit um. Ungläubigkeit kommt ihm jedenfalls nicht in den Sinn – eine Welt, die Werwölfe hervorbringen kann, kann alles hervorbringen, denkt er sich.
    Sie berührt ihn am Handgelenk. Ein kleines Zittern der Begierde durchläuft ihn.
    »Keine Angst, Jack – auch sie dienen dem Balken. Alle Dinge dienen dem Balken.«
    »Welchem Balken?«
    »Nicht jetzt.« Sie umfasst sein Handgelenk fester. »Derjenige, der deine Fragen beantworten kann, muss bald kommen, wenn er nicht sogar schon hier ist.« Sie betrachtetet ihn mit einem Blick aus den Augenwinkeln heraus, in dem die Spur eines Lächelns liegt. »Und nachdem du ihn gehört hast, wirst du verständigere Fragen stellen.«
    Jack erkennt, dass Sophie ihn geschickt zurechtgewiesen hat, aber eine Rüge von ihr schmerzt nicht. Er lässt sich Raum für Raum durch das große, uralte Krankenhaus führen. Erst dabei wird ihm klar, wie wahrhaft riesengroß der ganze Zeltbau ist. Und er merkt auch, dass er trotz den frischen Brisen einen schwachen, unangenehmen Hintergrundgeruch wahrnehmen kann, der an eine Mischung aus vergorenem Wein und verdorbenem Fleisch erinnert. Um was für Fleisch es sich handelt, kann Jack leider nur allzu gut erraten. Nachdem er an über hundert Tatorten gewesen ist, an denen Menschen ermordet wurden, sollte er dazu auch imstande sein.

    Es wäre unhöflich (und ein stilistischer Kunstfehler) gewesen, sich zu absentieren, während Jack der großen Liebe seines Lebens begegnet, weshalb wir das auch nicht getan haben. Jetzt wollen wir jedoch durch die dünnen Wände des Zelthospitals schlüpfen. Draußen liegt eine trockene, aber nicht unfreundliche Landschaft mit rötlichem Gestein, Besensalbei, Wüstenblumen, die etwas an Sego-Lilien erinnern, Krüppelkiefern und einige Säulenkakteen. Irgendwo nicht allzu weit entfernt ist das gleichmäßige kühle Murmeln eines Flusses zu hören. Das Zelthospital raschelt und flattert verträumt wie die Segel eines Schiffs, das mühelos vor dem Passatwind segelt. Als wir auf unsere mühelose, eigenartig angenehme Weise die Ostseite des großen verfallenen Zelts entlang weiterschweben, werden wir auf verstreuten Abfall aufmerksam. Hier liegen weitere Steine mit eingeschnittenen Zeichnungen, eine wunderschön handgefertigte Kupferrose, die wie durch große Hitze

Weitere Kostenlose Bücher