Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus
ausruhen, Konserven essen und in seinen Sammelalben blättern kann. Er genießt den diesen Räumen eigentümlichen Geruch: eine Mischung aus Fäulnis, Schweiß, angetrocknetem Blut, Moder, Fäkalien. Könnte er diesen Duft destillieren, würde er ihn wie Kölnisch Wasser benutzen. Und auf einer weiteren Ebene im Black House – in einer anderen Welt – sitzt ein süßer kleiner Leckerbissen namens Tyler Marshall sicher verwahrt in einer Kammer, und Burny kann es kaum mehr erwarten, den kleinen Tyler zu foltern, die runzligen Hände über die schöne Haut des Jungen gleiten zu lassen. Burny ist von Tyler Marshall begeistert .
Aber auch auf dieser Welt kann er sich noch Freuden verschaffen, und es wird Zeid , sie wahrzunehmen. Burny späht durch die einen Spaltbreit geöffnete Toilettentür und stellt fest, dass Butch Yerxa seiner Müdigkeit und dem Hackbraten der Kantine erlegen ist. Er hockt auf seinem Drehstuhl wie eine übergroße Puppe: beide Arme auf dem Schreibtisch, das feiste Kinn dort ruhend, wo bei einem normalen Menschen der Hals wäre. Der nützliche bemalte Stein liegt nur eine Handbreit von Butchs Rechter entfernt, aber Burny braucht diesen Stein nicht mehr, weil er jetzt nämlich ein weit vielseitigeres Werkzeug besitzt. Er wünscht sich, er hätte das Potenzial von Heckenscheren schon viel früher erkannt. Statt einer Schneide
haben sie gleich zwei. Eine rauf, eine runter, schnipp-schnapp . Und scharf! Er hat nicht vorgehabt, dem Blinden die Finger zu amputieren. Zu jenem Zeitpunkt hielt er die Heckenschere noch für eine übergroße, primitive Variante eines Messers, aber als der Stich ihn am Arm traf, hat er mit der Heckenschere nach dem Blinden ausgeholt, und sie hat dem Blinden die Finger mehr oder weniger von selbst abgetrennt – so glatt und schnell, wie die Fleischer im alten Chicago Frühstücksspeck aufzuschneiden pflegten.
Chipper Maxton wird ihm Spaß bereiten. Auch er hat verdient, was er nun bekommen wird. Burny ist davon überzeugt, dass Chipper dafür verantwortlich ist, wie sehr er auf den Hund gekommen ist. Der Spiegel hat ihm gezeigt, dass er etwa zehn Kilo Untergewicht hat, vielleicht sogar mehr, was aber auch kein Wunder ist – man braucht sich bloß den Fraß anzusehen, den es hier gibt. Chipper hat beim Essen betrogen, denkt Burny, wie er bei allem anderen betrügt. Staat, Sozialversicherung, Sozialhilfe, Krankenhilfe … Chipper beklaut sie alle. Zu Zeiten, in denen er davon ausging, Charles Burnside sei zu wirr im Kopf, um mitzubekommen, was gespielt wurde, hat Maxton ihn mehrmals Vordrucke unterschreiben lassen, mit denen bestätigt wurde, er sei an Lunge oder Prostata operiert worden. Burny findet, die Hälfte der von der Krankenhilfe für diese angeblichen Operationen gezahlten Beträge hätte ihm zugestanden. Schließlich hat sein Name auf den Vordrucken gestanden, oder etwa nicht?
Burnside schiebt sich auf den Gang hinaus und tappt in Richtung Eingangshalle, wobei die quatschenden Pantoffeln blutige Abdrücke hinterlassen. Weil er an der Schwesternstation vorbeimuss, schiebt er die Heckenschere in den Hosenbund und bedeckt sie mit dem Hemd. Über der Theke der Schwesternstation kann Burnside die schlaffen Wangen, die goldgeränderte Brille und das lavendelblau getönte Haar einer wertlosen alten Schlampe namens Georgette Porter erkennen. Könnte schlimmer sein, denkt er. Seit sie bei ihm reingeplatzt ist und ihn dabei überrascht hat, wie er mitten im Zimmer splitternackt beim Masturbieren war, hat Georgette Porter eine Heidenangst vor ihm.
Sie blickt kurz zu ihm hinüber, scheint einen Schauder zu unterdrücken und sieht dann wieder auf das hinunter, was sie mit den Händen tut. Wahrscheinlich strickt sie oder liest so einen Kriminalroman, wo die Katze den Mord aufklärt. Burny schlurft näher an die Station heran und überlegt kurz, ob er Georgettes Gesicht mit der Heckenschere behandeln soll, sagt sich dann aber, dass das Energievergeudung wäre. Als er die Theke erreicht, wirft er einen Blick darüber und sieht, dass sie tatsächlich ein Taschenbuch in den Händen hält, genau wie er es sich vorgestellt hat.
Sie sieht mit tiefem Misstrauen im Blick zu ihm auf.
»Heute Abend sehen wir echt lecker aus, Georgie.«
Sie blickt den Korridor entlang, sucht die Eingangshalle ab und erkennt, dass sie allein mit ihm fertig werden muss. »Sie sollten auf Ihrem Zimmer sein, Mr. Burnside. Es ist schon spät.«
»Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Scheiß, Georgie. Ich
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