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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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hüllen ihn wie ein Leichentuch ein. »Und das ist dafür, dass du Irmas Mutter zugesetzt hast.«
    Die anderen beobachten ihn alle drei mit identischem Gesichtsausdruck, aus dem fassungslose Ehrfurcht spricht. Sogar fast etwas wie Angst. Das ist eine für Jack altbekannte Reaktion, der er eigentlich überdrüssig ist, obwohl er einsieht, dass er sich wohl auf alle Zeiten damit wird abfinden müssen. Er weiß noch, wie sein Freund Richard Sloat ihn auf gleiche Weise angestarrt hat, als jenem klar wurde, dass der »Seabrook-Island-Kram«, wie er es nannte, keineswegs auf Seabrook Island beschränkt war.
    »Kommt jetzt«, sagt Jack. »Alle ins Auto. Wir haben’s eilig.« Ja, sie müssen sich beeilen, denn ein bestimmter einäugiger Gentleman wird sich bald ebenfalls auf die Suche nach Ty machen. Mr. Munshun. Auge des Königs, denkt Jack. Auge des Abbalah. Den hat Judy gemeint – Mr. Munshun. Wer oder was der auch wirklich sein mag.
    »Mag die Bikes nicht hier am Straßenrand stehen lassen, Mann«, sagt Beezer. »Jeder, der hier vorbeikommt, kann …«
    »Niemand wird sie sehen«, versichert Jack ihm. »Seit wir hier stehen, sind drei oder vier Autos vorbeigekommen, aber keiner der Fahrer hat auch nur zu uns rübergesehen. Und ihr wisst auch, warum.«
    »Wir sind schon mit einem Bein drüben, ja?«, sagt Doc. »Das hier ist der Rand der anderen Welt. Die Grenze.«
    »Opopanax«, sagt Jack. Dieses Wort bricht einfach aus ihm hervor.

    »Hä?«
    Jack greift nach Tys Baseballschläger mit dem Autogramm von Richie Sexson und klettert auf den Beifahrersitz des Streifenwagens. »Soll heißen: Los jetzt!«, sagt er. »Beeilung!«
    Und so macht sich die Sawyer-Gang auf ihre letzte Unternehmung – die bewaldete, gefahrvolle Zufahrt zum schwarzen Haus entlang. Das helle Nachmittagslicht verblasst zusehends zum trüben Schein eines bewölkten Novemberabends. Unter den auf beiden Seiten dicht herandrängenden Bäumen kriechen und schlängeln sich dunkle Schemen, Schemen, die manchmal auch fliegen. Sie sind nicht weiter wichtig, das weiß Jack. Es sind nur Phantome.
    »Willst du die Pistole nicht nachladen?«, fragt Beezer vom Rücksitz aus.
    »Ach was«, sagt Jack, indem er die Ruger ohne großes Interesse betrachtet. »Sie hat ihre Aufgabe erfüllt, glaube ich.«
    »Worauf müssen wir jetzt gefasst sein?«, fragt Dale mit dünner Stimme.
    »Auf alles«, antwortet Jack. Er bedenkt Dale Gilbertson mit einem gezwungenen Grinsen. Vor ihnen steht ein Haus, das seine Form nicht beibehalten will, sondern auf höchst beunruhigende Weise tanzt und schwankt. Manchmal wirkt es nicht größer als ein bescheidenes Ranchhaus; im nächsten Augenblick scheint es ein zerklüfteter Monolith zu sein, der den gesamten Himmel verfinstert; im übernächsten Augenblick erscheint es als niedriger, unregelmäßig gegliederter Bau, der sich unter dem Walddach über Meilen hinweg erstrecken könnte. Aus dem Haus kommt ein leises Summen, das wie Stimmengewirr klingt.
    »Seid auf wirklich alles gefasst.«

28
    Zunächst passiert jedoch nichts.
    Die vier Männer steigen aus und bleiben vor Dales Streifenwagen stehen, wobei sie geradezu aussehen, als posierten sie für ein Gruppenfoto, das einer von ihnen sich irgendwann in seinem Hobbyraum an die Wand hängen wird. Nur müsste der Fotograf auf der Veranda von Black House stehen – dorthin blicken sie nämlich -, aber die Veranda ist leer bis auf das zweite Schild mit der Aufschrift ZUTRITT VERBOTEN, das an einem der verwitterten Treppenpfosten lehnt. Auf dieses Schild hat jemand mit wasserfestem Filz- oder Fettstift einen Totenkopf gezeichnet. Burny? Irgendein unerschrockener Teenager, der als Mutprobe bis hierher vorgedrungen ist? Dale mag als Heranwachsender ein paar verrückte Sachen gemacht, mehr als einmal sein Leben mit einer Sprühdose in der Hand riskiert haben, aber so etwas hier an dieser Stelle zu tun, kann er sich kaum vorstellen.
    Die Luft ist so drückend still wie vor einem Gewitter. Sie stinkt auch, aber der Honig scheint immerhin den schlimmsten Gestank herauszufiltern. Aus dem Wald dringt ein heiseres Brüllen, eines, das Dale so noch nie gehört hat. Gruu-uuuuh.
    »Was ist das?«, fragt er Jack.
    »Keine Ahnung«, antwortet Jack.
    »Ich hab mal Alligatoren gehört«, sagt Doc. »So brüllen die Männchen, wenn sie brunftig sind.«
    »Wir sind hier aber nicht in den Everglades«, sagt Dale.
    Doc bedenkt ihn mit einem schwachen Lächeln. »Aber auch
nicht mehr in Wisconsin, mein Bester.

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