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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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obwohl er weder weiß noch sich darum kümmert, ob er es mit der Nase oder dem Verstand tut. »Burnside wird niemandem mehr einen Schlag verpassen«, sagt er.
    Die Bienenkönigin zischt an ihnen vorbei, um dann zurück auf dem Korridor ungeduldige Warteschleifen zu fliegen. Links,
dort wo sie hergekommen sind, ist der Korridor schwarz vor Bienen. Die Männer wenden sich nach rechts und folgen der Biene wenig später eine weitere scheinbar endlose Treppe hinunter. An einer Stelle tropft für kurze Zeit etwas Klebriges auf sie herab, als wäre irgendwo über diesem Teil der Treppe ein Rohr in den unvorstellbaren Eingeweiden von Black House leck geworden. Ein halbes Dutzend Stufen sind nass, und sie alle können dort Fußabdrücke erkennen. Die Abdrücke sind zwar zu verschwommen, als dass Spurensicherer viel damit anfangen könnten (das überlegen Jack und Dale sich unabhängig voneinander), aber die Sawyer-Gang wird durch sie trotzdem ermutigt: Hier sind je ein Satz großer und kleiner Fußabdrücke zu sehen, und beide wirken relativ frisch. Jetzt sind sie auf der richtigen Fährte, bei Gott! Sie fangen unwillkürlich an, sich schneller zu bewegen, und hinter ihnen sinken die Bienen in einer riesigen summenden Wolke wie eine alttestamentarische Plage herab.
     
    Für die Sawyer-Gang mag die Zeit still stehen, aber für Ty Marshall ist sie zu einer quälenden Realität geworden. Er weiß nicht recht, ob sein Gefühl, dass Mr. Munshun hierher unterwegs ist, auf Einbildung oder Vorahnung beruht, aber ihn plagt schreckliche Angst, dass Letzteres der Fall ist. Er muss aus dieser Hütte heraus, nur will der verdammte Lederbeutel sich nicht ergreifen lassen. Er hat es zwar immerhin geschafft, ihn mit der Darmschlinge zu sich heranzuziehen, verrückterweise war das aber der leichtere Teil. Als viel schwieriger stellt sich nun heraus, das verdammte Ding auch tatsächlich zu fassen zu bekommen.
    Er kann den Beutel nicht erreichen, selbst wenn er sich noch so sehr streckt; auch wenn er die linke Schulter und das gefesselte linke Handgelenk noch so sehr belastet, fehlt mindestens ein halber Meter. Tränen des Schmerzes rollen ihm über die Wangen. Was auf diese Weise an Augenfeuchtigkeit verloren geht, wird zügig durch den Schweiß ersetzt, der ihm von der schmutzigen Stirn in die Augen läuft und dort brennt.
    »Mit dem Fuß jonglieren«, sagt er sich. »Wie einen Fußball.« Er sieht zu dem entstellten Leichnam auf der Schwelle
hinüber – zu seinem ehemaligen Peiniger. »Genau wie einen Fußball, stimmt’s?«
    Er stellt den rechten Fuß seitlich neben den Beutel, drückt diesen an die Wand und beginnt dann, ihn an dem mit Blut befleckten Holz hochzuschieben. Gleichzeitig streckt er die rechte Hand danach aus … noch vierzig Zentimeter … nur noch dreißig … gleich hat er ihn …
    … bis der Lederbeutel von der Zehenkappe des Turnschuhs rutscht und wieder zu Boden fällt. Plumps.
    »Du passt auf, ob er kommt, okay, Burny?«, keucht Ty. »Das kannst nur du, weil ich nämlich mit dem Rücken zur Tür stehe. Du bist der Ausguck, okay? Du bist … Scheiße! « Diesmal ist der Beutel ihm schon vom Fuß gerutscht, bevor es auch nur zum Versuch kommen kann, ihn hochzuziehen. Ty hämmert mit der rechten Faust an die Hüttenwand.
    Warum tust du das?, fragt ihn eine Stimme kühl. Sie gehört der Frau, die wie seine Mutter spricht, aber nicht seine Mutter ist, jedenfalls nicht ganz. Hilft dir das weiter?
    »Nein«, sagt Ty missmutig, »aber so fühle ich mich wenigstens besser.«
    Noch besser fühlst du dich, wenn du freikommst. Versuch’s jetzt noch einmal.
    Ty schiebt den Lederbeutel wieder an die Wand. Er drückt den Fuß dagegen und versucht zu ertasten, was der Beutel alles enthalten könnte – zum Beispiel den Schlüssel für die Handschellen -, kann aber nichts spüren. Nicht durch den Turnschuh hindurch. Er macht sich wieder daran, den Beutel an der Wand nach oben zu drücken. Vorsichtig … nicht zu hastig … als ob man einen Ball aus der Luft annähme …
    »Lass ihn bloß nicht rein, Burny«, keucht er dem Toten hinter sich zu. »Das bist du mir schuldig. Ich will nicht mit der Einschienenbahn fahren. Ich will nicht in die Endwelt. Und ich will kein Brecher sein. Was immer das ist, ich will’s nicht sein. Ich will Forscher werden … vielleicht unter Wasser wie Jacques Cousteau … oder Pilot bei der Air Force … oder vielleicht … Scheiße! « Diesmal gilt der Ausruf nicht der Verärgerung, den Beutel wieder vom

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