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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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dass sie nur rein mechanisch funktionierte.
    Drei Briefe, zwei davon neu, einer fast fünfundsiebzig Jahre alt. Und trotzdem sind die drei sich so ähnlich. Nach Auskunft der staatlichen Graphologen sind der St.-Pierre-Brief und der Irkenham-Brief von einem Linkshänder in Druckbuchstaben geschrieben worden. Das Papier ist einfaches weißes Kopierpapier der Marke Hammermill, das in ganz Amerika in jedem Schreibwarengeschäft erhältlich ist. Der Kugelschreiber ist vermutlich ein Bic gewesen – wenn das kein großartiger Hinweis ist!
    Fish an Mrs. Budd, damals im Jahr 1928: Ich hab sie nicht
gefickt, obwohl ich’s hätte tun können, wenn ich gewollt hätte. Sie ist als Jungfrau gestorben.
    Der Unbekannte an Beezer St. Pierre: Ich hab sie NICHT gefickt, obwohl ich’s hätte tun können, wenn ich gewollt hätte. Sie ist als JUNGFRAU gestorben.
    Der Unbekannte an Helen Irkenham: Es mag Sie beruhigen, ich habe ihn NICHT gefickt, obwohl ich’s hätte tun können, wenn ich gewollt hätte. Er ist als JUNGFRAU gestorben.
    Dale ist hier überfordert, das weiß er selbst, aber er hofft doch, kein völliger Trottel zu sein. Obwohl dieser Täter seine Briefe nicht mit dem Namen des alten Kannibalen unterzeichnet hat, wollte er offensichtlich die Verbindung zu ihm herstellen. Er hat alles wie nach Schema getan, außer an den Fundorten der Leichen jeweils ein paar tote Forellen zurückzulassen.
    Bitterlich seufzend legt Dale die Briefe wieder in den Ordner, den Ordner wieder in den Aktenkoffer.
    »Dale? Schatz?« Sarahs verschlafene Stimme kommt oben von der Treppe.
    Dale fährt schuldbewusst zusammen wie ein Mann, der beinahe bei etwas Ungehörigem ertappt worden ist, und schließt die Schlösser seines Aktenkoffers. »Bin in der Küche!«, ruft er zurück. Dass er Davey wecken könnte, braucht ihm keine Sorgen zu machen. Der Junge schläft jeden Morgen bis mindestens halb acht wie tot.
    »Du fährst erst später rein?«
    »Mhm.« Er fährt oft erst spät zum Dienst, macht die verlorene Zeit aber wieder wett, indem er bis sieben oder acht oder neun Uhr abends arbeitet. Das hat Wendell Green nicht an die große Glocke gehängt … zumindest bisher nicht, könnte aber noch kommen. Kannibalen gibt’s überall!
    »Gib den Blumen einen Schluck Wasser, bevor du gehst, ja? Die Luft ist so trocken.«
    »Mach ich.« Dale gießt gern Sarahs Blumen. Mit dem Gartenschlauch in der Hand hat er oft die besten Ideen.
    Oben entsteht eine Pause … aber er hat ihre Pantoffeln nicht ins Schlafzimmer zurückschlurfen gehört. Er wartet. Und schließlich kommt die Frage: »Alles in Ordnung, Schatz?«

    »Alles bestens«, antwortet er laut und bemüht sich, den hoffentlich richtigen Grad an Herzhaftigkeit in seine Stimme zu legen.
    »Weil du dich noch rumgeworfen hast, als ich eingeschlafen bin.«
    »Nein, mir fehlt nichts.«
    »Weißt du, was Davey mich gestern Abend beim Haarewaschen gefragt hat?«
    Dale verdreht die Augen. Er mag diese Fernunterhaltungen nicht. Sarah scheint da anderer Meinung zu sein. Er steht auf und gießt sich noch eine Tasse Kaffee ein. »Nein, was denn?«
    »Er hat gefragt: ›Verliert Daddy jetzt seinen Job?‹«
    Dale hält mit halb erhobener Tasse inne. »Und was hast du ihm geantwortet?«
    »Ich habe nein gesagt. Natürlich.«
    »Dann hast du das Richtige gesagt.«
    Er wartet, aber von oben kommt nichts mehr. Nachdem Sarah ihm eine weitere kleine Dosis giftiger Sorgen injiziert hat – Davids fragile Psyche, aber auch, was ein bestimmter Unhold dem Jungen antun könnte, sollte David das Pech haben, ihm über den Weg zu laufen -, schlurft sie ins Elternschlafzimmer zurück, um sich dort vermutlich unter die Dusche zu stellen.
    Dale kehrt an den Küchentisch zurück, nimmt einen kleinen Schluck Kaffee, legt eine Hand an die Stirn und schließt die Augen. In diesem Moment können wir genau sehen, wie verängstigt und unglücklich er ist. Dale ist erst zweiundvierzig und lebt enthaltsam, aber im grausamen Morgenlicht, das durchs Fenster fällt, durch das wir hereingekommen sind, sieht er – zumindest im Augenblick – wie ein kränklicher Sechziger aus.
    Er macht sich tatsächlich Sorgen um seinen Job, weiß er doch, dass er nächstes Jahr fast mit Sicherheit seinen Posten verlieren wird, sollte der Kerl, der Amy und Johnny ermordet hat, weitermachen. Er macht sich auch Sorgen um Davey … obwohl seine Hauptsorge eigentlich nicht Davey gilt, wie Fred Marshall kann er sich nämlich nicht recht vorstellen, dass der

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