Das schwarze Manifest
Deviseneinfuhrerklärung, die ebenfalls einen gefälschten Stempel trug.
Am Vormittag fuhr Monk hinunter ins Erdgeschoß, durchquerte die gewölbte Vorhalle und verließ das Hotel durch die vom Empfang ab gewandte Tür. Er nahm eines der echten Taxis am Stand vor dem Metropol. Inzwischen sprach er fließend russisch.
»Olympisches Penta«, sagte er.
Der Fahrer kannte das Hotel. Er nickte und fuhr los.
Der gesamte für die Olympischen Spiele von 1980 erbaute Komplex liegt nördlich des Stadtzentrums direkt außerhalb des Sadowo-Spaskoje, des Gartenrings. Das Stadion überragte noch immer die umgebenden Gebäude, und in seinem Schatten lag das von Deutschen gebaute Penta-Hotel. Monk ließ sich unter der Eingangsmarkise absetzen und betrat die Vorhalle. Als das Taxi verschwunden war, verließ er das Hotel und ging den Rest der Strecke zu Fuß. Es war nur eine Viertelmeile.
Die ganze Gegend südlich des Stadions verbreitete eine Atmosphäre von Trostlosigkeit, wie sie entsteht, wenn sich niemand mehr um die Instandhaltung kümmert. In den Häuserblocks aus der kommunistischen Ära waren ein Dutzend Botschaften, Büros und einige Restaurants untergebracht. Sie waren von einer Patina aus Sommerstaub überzogen, aus der sich in der kommenden Kälte eine Kruste bilden würde. Papierfetzen und Styroporstücke wehten durch die Straßen.
An die Durowastraße grenzte ein eingezäuntes Areal, das einen ganz anderen Eindruck erweckte, einen von Gepflegtheit und Sauberkeit. Innerhalb der Umzäunung standen drei große Gebäude: eine Herberge für Reisende aus den Provinzen, eine stattliche Schule und ein Gotteshaus.
Die wichtigste Moschee Moskaus war 1905 erbaut worden, zwölf Jahre vor Lenins Rückkehr nach Rußland, und sie war geprägt von der Eleganz der vorrevolutionären Epoche. Siebzig Jahre lang hatte sie wie die christlichen Kirchen unter der Verfolgung des atheistischen Staates gelitten. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus hatte Saudi-Arabien durch großzügige Unterstützung ein Fünfjahresprojekt zur Erweiterung und Renovierung des Komplexes ermöglicht. So waren Mitte der neunziger Jahre die Herberge und die Schule entstanden.
Die Moschee hatte sich in ihrer Größe nicht verändert. Es war ein ziemlich kleines Gebäude in Hellblau und Weiß mit winzigen Fenstern, das man durch ein Tor mit antiken Eichenschnitzereien betrat. Monk zog die Schuhe aus und stellte sie in eines der Fächer auf der linken Seite der Vorhalle. Er ging hinein.
Wie bei allen Moscheen fehlten Stühle und Bänke, das Innere war vollkommen leer. Kostbare Teppiche, ebenfalls ein Geschenk aus Saudi-Arabien, bedeckten den Boden; eine von Säulen gestützte Empore zog sich um den Innenraum.
Im Einklang mit den Glaubensvorschriften gab es hier weder Bilder noch Skulpturen. Auf den Tafeln an den Wänden standen nur verschiedene Zitate aus dem Koran.
Die Moschee befriedigte die spirituellen Bedürfnisse der islamischen Gemeinde von Moskau, mit Ausnahme der Diplomaten, die hauptsächlich in die saudiarabische Botschaft zum Gottesdienst gingen. In Rußland leben mehrere Millionen Moslems, aber die Hauptstadt verfügt nur über zwei öffentliche Moscheen. Da heute nicht Freitag war, hatten sich nur wenige zum Beten eingefunden.
Monk fand einen Platz an der Wand in der Nähe des Eingangs. Er setzte sich mit überkreuzten Beinen auf den Boden und blickte um sich. Die meisten der Männer waren alt; Aserbaidschaner, Tataren, Inguschen, Osseten. Alle trugen abgenutzte, aber saubere Anzüge.
Nach einer halben Stunde erhob sich ein alter Mann von den Knien und wandte sich zur Tür. Er bemerkte Monk, und ein Ausdruck des Erstaunens huschte über sein Gesicht. Diese sonnengebräunte Haut, das blonde Haar, das Fehlen einer Gebetskette.
Er zögerte und ließ sich dann mit dem Rücken zur Wand nieder. Er war bestimmt weit über siebzig. An seinem Revers hingen drei Orden aus dem Zweiten Weltkrieg.
»Friede sei mit dir«, murmelte er.
»Und mit dir«, erwiderte Monk.
»Sind Sie des rechten Glaubens?« fragte der alte Mann.
»Leider nein, ich suche einen Freund.«
»Ah. Einen bestimmten Freund?«
»Ja, einen aus alter Zeit. Wir haben den Kontakt verloren. Ich habe gehofft, daß ich ihn hier finde. Oder jemanden, der ihn vielleicht kennt.«
Der Alte nickte. »Unsere Gemeinde ist klein. Viele kleine Gemeinden. Zu welcher gehört Ihr Freund?«
»Er ist Tschetschene«, antwortete Monk. Der alte Mann nickte erneut und erhob sich steif.
»Warten Sie«,
Weitere Kostenlose Bücher