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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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im Auto lagen die Dinge ganz anders, und er wußte genug von Männern dieses Schlags, um ihre extreme Gefährlichkeit zu erkennen.
    Nach einer Meile griff der Beifahrer in das Handschuhfach und holte eine dunkle Brille hervor, die nach allen Seiten abgedichtet war. Mit einer Geste forderte er Monk auf, sie aufzusetzen. Sie war besser als eine Augenbinde, denn die Gläser waren geschwärzt. Den Rest der Fahrt verbrachte Monk im Dunkeln.
    Im Herzen Moskaus, in einer Seitenstraße, die man besser nicht betritt, gibt es schon seit Jahren ein kleines Cafe namens Kaschtan, die Kastanie.
    Jeder Tourist, der zufällig auf die Eingangstür zuschlendert, wird sich einem durchtrainierten jungen Mann gegenübersehen, der dem Fremden zu verstehen gibt, daß er gut daran täte, seinen Morgenkaffee anderswo einzunehmen. Selbst die russische Miliz macht einen weiten Bogen um das Cafe.
    Man half Monk aus dem Wagen und nahm ihm beim Durchqueren der Eingangstür die dunkle Brille ab. Im Cafe erstarb mit einem Schlag die auf tschetschenisch geführte Unterhaltung.
    Zwanzig Augenpaare beobachteten stumm, wie er in einen Privatraum hinter der Bar geführt wurde. Sollte er nicht mehr auftauchen hatte niemand etwas gesehen.
    Es gab einen Tisch, vier Stühle und an der Wand einen Spiegel. Aus einer nahe gelegenen Küche roch es nach Knoblauch, Gewürzen und Kaffee. Zum erstenmal ergriff der Anführer der drei Aufpasser, der während der Befragung beim Eingang gesessen hatte, das Wort.
    »Setzen Sie sich. Kaffee?«
    »Danke. Schwarz. Mit Zucker.«
    Er kam, und er schmeckte gut. Monk schlürfte die dampfende Flüssigkeit und vermied jeden Blick in den Spiegel. Er war davon überzeugt, daß es sich um einen durchsichtigen Spiegel handelte und daß er von der anderen Seite beobachtet wurde. Als er die leere Tasse absetzte, öffnete sich eine Tür, und Umar Gunajew trat ein.
    Er hatte sich verändert. Der Hemdkragen hing nicht mehr über das Jackett, und der Anzug hatte keinen billigen Schnitt. Es war eine italienische Designermarke, und die breite Seidenkrawatte stammte wahrscheinlich aus der Jermyn Street oder der Fifth Avenue.
    Der Tschetschene, ein dunkler Typ, war in den zwölf Jahren gereift und wirkte jetzt mit vierzig attraktiv, weltmännisch und elegant. Mit einem stillen Lächeln nickte er Monk mehrmals zu. Dann setzte er sich und legte die flache Pappschachtel auf den Tisch.
    »Ich habe Ihr Geschenk erhalten«, sagte er. Er klappte den Deckel hoch und holte ein jemenitisches
Gambiah
hervor. Er hielt es gegen das Licht und fuhr mit der Fingerspitze die Schneide entlang.
    »Das ist es?«
    »Einer von ihnen hat es auf dem Pflaster liegenlassen«, sagte Monk. »Ich dachte, vielleicht können Sie es als Brieföffner verwenden.«
    Diesmal schien Gunajew wirklich amüsiert. »Wie haben Sie meinen Namen erfahren?«
    Monk erzählte ihm von den Schnappschüssen ankommender Russen, die die Briten in Oman sammelten.
    »Und was haben Sie seither gehört?«
    »Viele Dinge.«
    »Gute oder schlechte?«
    »Interessante.«
    »Erzählen Sie.«
    »Ich habe gehört, daß Hauptmann Gunajew nach zehn Jahren in der Ersten Hauptverwaltung die rassistischen Witze und die fehlenden Aufstiegschancen satt hatte. Ich habe gehört, er hat den KGB verlassen und widmet sich jetzt anderen Aufgaben. Auch verdeckt, aber anders.«
    Gunajew lachte. Auch die drei Aufpasser entspannten sich. Der Meister hatte das Signal für einen Stimmungsumschwung gegeben.
    »Verdeckt, aber anders. Ja, das stimmt. Und weiter?«
    »Weiter habe ich gehört, daß Umar Gunajew in seinem neuen Leben zum unumstrittenen Herrscher westlich des Ural aufgestiegen ist.«
    »Möglich. Sonst noch was?«
    »Ich habe gehört, daß dieser Gunajew trotz seiner noch jungen Jahre ein traditionell denkender Mann ist. Daß er den alten Werten des tschetschenischen Volkes treu geblieben ist.«
    »Sie haben viel gehört, mein amerikanischer Freund. Und was sind das für Werte?«
    »Man hat mir gesagt, daß sich die Tschetschenen in einer Welt des Verfalls immer noch an ihren Ehrenkodex halten, daß sie ihre Schulden begleichen, die guten und die schlechten.«
    Monk spürte die Spannung der drei Männer hinter ihm. Machte sich der Amerikaner über sie lustig? Sie beobachteten ihren Führer. Endlich nickte Gunajew.
    »Was Sie gehört haben, stimmt. Was wollen Sie von mir?«
    »Schutz. Einen Platz zum Leben.«
    »Es gibt Hotels in Moskau.«
    »Nicht besonders sicher.«
    »Jemand will Sie umbringen?«
    »Noch nicht,

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