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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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es vielleicht geklappt. Aber die angeblich so starke russische Armee bekam eine Abreibung von den leichtbewaffneten tschetschenischen Guerillas, die sich einfach ins Kaukasusgebirge zurückzogen und weiterkämpften.
    Nun legte die tschetschenische Mafia in Moskau auch noch die letzten Skrupel gegenüber dem russischen Staat ab. Ein normales Leben für gesetzestreue Tschetschenen war praktisch unmöglich geworden. Da sich jeder gegen sie wandte, wurden die Tschetschenen in der russischen Hauptstadt zu einer verschworenen und bedingungslos loyalen Gemeinschaft, die weit undurchdringlicher war als etwa die georgische, armenische oder russische Unterwelt. In dieser Gemeinde wurde das Oberhaupt der Unterwelt zum Helden und zum Führer des Widerstands. Im Spätherbst 1999 hatte diese Rolle der frühere KGB-Hauptmann Umar Gunajew inne.
    Dennoch konnte sich Gunajew als Geschäftsmann frei bewegen und das Leben eines Multimillionärs führen, der er ja auch war. Sein »Büro« nahm das gesamte Obergeschoß eines seiner Hotels ein. Es wurde gemeinsam mit einer amerikanischen Kette betrieben und lag in der Nähe des Helsinki-Bahnhofs.
    Für die Fahrt zum Hotel benutzte man Umar Gunajews kugel- und bombensichere Mercedes-Limousine. Er hatte seinen eigenen Fahrer und Leibwächter, und die drei aus dem Cafe folgten ihnen in einem Volvo. Beide Autos fuhren in die Tiefgarage des Hotels, und nachdem das Tiefgeschoß von den drei Insassen des Volvo abgesucht worden war, nahmen Gunajew und Monk den Hochgeschwindigkeitslift zum Penthouse im zehnten Stock. Danach wurde die Stromzufuhr zum Aufzug unterbrochen.
    Im Vorraum standen weitere Bodyguards, und erst im Apartment des Tschetschenenführers waren sie unter sich. Ein weißgekleideter Zimmerkellner brachte auf Anweisung Gunajews Speisen und Getränke.
    »Ich muß Ihnen etwas zeigen«, sagte Monk. »Ich hoffe, Sie finden es interessant und vielleicht auch lehrreich.«
    Er öffnete seinen Aktenkoffer und drückte auf die beiden Knöpfe zur Entriegelung des doppelten Bodens. Gunajew schaute gespannt zu. Der Koffer und sein Potential erregten offensichtlich seine Bewunderung.
    Monk reichte ihm zuerst die russische Übersetzung des Verifizierungsberichts. Er umfaßte dreiunddreißig Seiten in einem grauen Pappeinband. Gunajew zog eine Augenbraue nach oben.
    »Muß ich?«
    »Ihre Geduld wird belohnt werden. Bitte.«
    Gunajew seufzte und begann zu lesen. Das Geschriebene zog ihn allmählich in seinen Bann, und er ließ seinen Kaffee unberührt. Es dauerte zwanzig Minuten. Schließlich legte er den Bericht zurück auf den Tisch.
    »Dieses Manifest ist also kein Scherz. Authentisch. Na und?«
    »Das sagt Ihr nächster Präsident«, erklärte Monk. »Das beabsichtigt er, in die Tat umzusetzen, wenn er an der Macht ist. Sehr bald schon.« Er schob das schwarz eingeschlagene Manifest über den Tisch.
    »Noch mal dreißig Seiten?«
    »Nein, vierzig. Aber noch interessanter. Bitte, tun Sie mir den Gefallen.«
    Gunajew ließ den Blick eilig über die ersten zehn Seiten wandern, die Pläne für den Einparteienstaat, die Wiederinbetriebnahme des Atomwaffenarsenals, die Rückeroberung der verlorenen Republiken und den neuen Archipel Gulag mit Sklavenlagern. Dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen, und er las langsamer.
    Monk wußte, welchen Punkt er erreicht hatte. Er konnte sich noch lebhaft an die messianischen Sätze erinnern, die er zum erstenmal vor dem glitzernden Wasser der Sapodilla Bay auf den Turks- und Caicosinseln gelesen hatte.
    »Die endgültige und komplette Ausrottung aller Tschetschenen im russischen Vaterland, die Vernichtung des Rattenvolks, damit es sich nie mehr erheben kann. die Verwandlung der Stammesheimat in eine Weidelandschaft für Wildziegen. kein Ziegel und kein Stein auf dem anderen… für immer. die umgebenden Völker der Osseten, Dagomanen und Inguschen werden zusehen und dabei lernen, welche Achtung und Furcht sie ihren neuen russischen Herren schulden.«
    Gunajew las zu Ende und legte das Manifest beiseite.
    »Das haben schon viele versucht«, sagte er. »Die Zaren haben es versucht, Stalin hat es versucht, Jelzin hat es versucht.«
    »Mit Schwertern, Maschinengewehren, Raketen. Aber was ist mit Gammastrahlung, Anthrax, Nervengas? Die Kunst der Ausrottung ist modernisiert worden.«
    Gunajew stand auf und zog seine Jacke aus. Et hängte sie über den Stuhl und ging zum Fenster mit dem malerischen Ausblick über die Dächer von Moskau.
    »Sie wollen, daß er

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