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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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abriegeln. Der Mercedes des Oberst fuhr bis vor die enge Straße, dann stieg Grischin aus, besprach sich kurz mit seinen Männern, setzte sich anschließend wieder in den Wagen und griff zum Telefon.
    »Wie kommen Sie voran?« fragte er.
    Vom Flur des zweiten Stockwerks des Hotel National hörte er die Antwort: »Arbeite noch am Schloß.«
    Zwei Männer von den vieren, die ursprünglich vor dem National postiert worden waren, standen noch dort. Der eine hielt sich jetzt am Ende des Flurs bei den Fahrstühlen auf. Er sollte darauf achten, ob jemand ausstieg und in den Flur Richtung Zimmer 252 einbog. War dies der Fall, überholte er die Gäste, pfiff eine Melodie, um den Einbrecher zu warnen, und ging an ihm vorbei.
    Sein Kollege war beim Tresorknacker, der sich über das Schloß zum Zimmer 252 beugte und sein Bestes tat.
    »Sagen Sie mir Bescheid, sobald Sie drin sind«, sagte Grischin.
    Zehn Minuten später war ein leises Klicken zu hören, und das Schloß gab nach. Grischin wurde informiert.
    »Jedes Blatt Papier, sämtliche Dokumente fotografieren und zurücklegen«, sagte er.
    Die Durchsuchung von Sir Nigel Irvines Zimmer erfolgte schnell und gründlich. Der Einbrecher blieb zehn Minuten im Bad, kam dann wieder heraus und schüttelte den Kopf. Die Schubladen der Kommode enthielten nur die zu erwartende Ansammlung von Schlipsen, Hemden, Unterwäsche und Taschentücher. Die Schublade vom Nachttisch war leer. Das galt ebenso für den kleinen Koffer oben auf dem Schrank und die Taschen der beiden Anzüge im Schrank.
    Der Einbrecher ging in die Knie und stieß einen langen, zufriedenen Seufzer aus.
    Der Attachekoffer lag mitten unter dem Bett, wo er kaum zufällig zu entdecken war. Der Einbrecher angelte ihn mit einem Kleiderhaken hervor. Für das Zahlenschloß brauchte er ganze drei Minuten.
    Als der Deckel aufklappte, war er enttäuscht. In einem Plastikumschlag fand er Travellerschecks, die er eingesteckt hätte, wäre ihm das nicht verboten worden, eine Brieftasche mit einigen Kreditkarten sowie eine Rechnung vom White's Club in London. Eine silberne Taschenflasche verströmte einen Geruch, der ihm unbekannt war.
    Die Deckelinnentasche enthielt ein Rückflugticket von Moskau nach London und einen Moskauer Stadtplan. Er schaute im Plan nach, ob irgendwelche Straßen markiert waren, konnte aber nichts entdecken.
    Mit einer Kleinbildkamera fotografierte er die Papiere. Der Schwarzgardist gab seine Funde an Oberst Grischin durch.
    »Es muß noch ein Brief da sein«, drang die metallische Stimme aus der fünfhundert Meter entfernten Straße durch das Telefon.
    Dieser Hinweis brachte den Einbrecher dazu, den Attachekoffer noch einmal gründlich zu untersuchen, und so entdeckte er den doppelten Boden. Er enthielt einen langen, cremefarbenen Umschlag, in dem sich ein einzelnes Blatt Papier derselben Farbe befand, das den eingravierten Briefkopf des Patriarchen von Moskau und ganz Rußland trug. Dies wurde gleich dreimal fotografiert, nur um sicherzugehen.
    »Packen Sie Ihre Sachen zusammen und verschwinden Sie«, befahl Grischin.
    Die beiden Männer legten den Brief wieder in den Umschlag, steckten ihn zurück in den doppelten Boden, stellten am Zahlenschloß dieselbe Zahlenkombination ein, die sie vorgefunden hatten, und schoben den Koffer wieder unters Bett, genau an seinen alten Platz. Als das Zimmer aussah, als wäre es nicht mehr betreten worden, seit Sir Nigel Irvine es verlassen hatte, gingen die Männer hinaus.
    Die Tür zum Silver Age ging auf und schloß sich wieder mit leisem Zischen. Grischin und vier Männer durchquerten den kleinen Vorraum und schoben die schweren Vorhänge zur Seite, die den Durchgang zum Speisesaal verdeckten. Der Chefkellner stürzte auf sie zu.
    »Tut mir leid, meine Herren.«
    »Aus dem Weg«, herrschte Grischin ihn an, ohne ihn auch nur anzuschauen.
    Der Kellner zuckte zusammen, entdeckte die vier Männer hinter dem großen Mann in dem schwarzen Mantel und wich zurück. Er wußte Bescheid und erkannte ernsthafte Schwierigkeiten, wenn sie vor ihm standen. Die vier Leibwächter mochten Zivil tragen, aber sie waren allesamt ziemlich stämmig gebaut und hatten Gesichter, die offenbar schon so manche Schlägerei überstanden hatten. Auch wenn sie keine Uniformen trugen, wußte der Kellner doch, daß sie zur Schwarzen Garde gehörten. Er hatte im Fernsehen ihre Uniformen gesehen, die marschierenden Bataillone, die ihren Arm nach oben streckten, wenn sie ihren Führer auf dem Podest

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