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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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am Abend vorher nicht ohne einen Tropfen Wodka in ihre Kasernen eingesperrt werden. Ja, das alles ergibt durchaus einen Sinn.«
    »Was wollen Sie damit sagen? Daß wir am Ende sind? Daß alles, was wir getan haben, umsonst gewesen ist? Daß sich unsere große Vision wegen einiger panisch reagierenden, ehrgeizigen Politiker, eines fanatischen Priesters und einiger allzu schnell beförderten Polizisten nie verwirklichen wird?«
    Grischin stand auf und beugte sich über den Tisch. » Haben wir es bis hierher geschafft, um jetzt aufzugeben? Niemals, Gospodin Präsident. Die Kenntnis der Pläne des Feindes ist der Schlüssel zum Erfolg. Und diese Pläne kennen wir. Sie lassen uns keine Wahl. Wir müssen zu einem Präventivschlag ausholen.«
    »Einem Präventivschlag? Gegen wen?«
    »Nehmen Sie sich Moskau, Herr Präsident. Nehmen Sie sich Rußland. Beide gehören Ihnen in zwei Wochen. An Silvester werden unsere Feinde sich auf den nächsten Tag vorbereiten, und ihre Truppen sitzen bis zur Dämmerung eingesperrt in den Kasernen. Ich kann eine Armee von achtzigtausend Mann aufstellen und Moskau noch in derselben Nacht einnehmen. Und wer Moskau hat, dem gehört Rußland.«
    »Ein
coup d'etat?«
    »Es wäre nicht das erste Mal, Gospodin Präsident. Die gesamte russische und europäische Geschichte ist eine Geschichte von Männern mit Vision und Entschlossenheit, von Männern, die den richtigen Augenblick ergriffen und den Staat an sich gerissen haben. Mussolini nahm sich Rom und damit Italien. Die griechischen Obristen nahmen sich Athen und damit Griechenland. Kein Bürgerkrieg. Nur ein schneller Schlag. Die Besiegten fliehen, ihre Anhänger verlieren die Nerven und suchen ein Bündnis. Und Neujahr kann Rußland schon Ihnen gehören.«
    Komarow dachte nach. Er würde die Fernsehsender besetzen und eine Rede an die Nation halten. Er würde behaupten, daß er handeln mußte, um eine Verschwörung gegen das Volk und die Absetzung der Wahl zu verhindern. Man würde ihm glauben. Die Generäle würde er gefangennehmen lassen, und die Oberste würden sich auf seine Seite schlagen, weil sie befördert werden wollten.
    »Können Sie es schaffen?«
    »Gospodin Präsident, in diesem korrupten Land kann man alles kaufen. Deshalb braucht unser Vaterland einen Igor Komarow, der den Augiasstall endlich ausmistet. Mit Geld kann ich so viele Soldaten kaufen, wie ich brauche. Geben Sie mir Ihr Wort, und am Nachmittag des Neujahrstags sind Sie im Kreml.«
    Igor Komarow stützte das Kinn auf seine gefalteten Hände und sah auf den Notizblock auf seinem Tisch. Nach einigen Sekunden hob er den Blick und schaute Oberst Grischin an.
    »Also gut«, sagte er.
    Falls man von Grischin verlangt hätte, innerhalb von vier Tagen eine bewaffnete Truppe zur Eroberung Moskaus aufzustellen, dann hätte er dies niemals geschafft.
    Aber er hatte seine Vorarbeiten längst geleistet. Seit Monaten wußte er, daß in den Tagen unmittelbar nach Igor Komarows Wahlsieg die Übertragung aller Staatsmacht auf die UPK beginnen mußte.
    Die politische Seite des Problems, die formelle Abschaffung der Oppositionsparteien, überließ er Komarow. Seine eigene Aufgabe würde die Unterwerfung oder Entwaffnung und Auflösung aller staatlichen bewaffneten Truppen sein.
    Während der Vorbereitungen auf diese Aufgabe hatte er längst herausgefunden, wer seine natürlichen Verbündeten und wer seine offensichtlichen Gegner sein würden. Unter den letzteren war vor allem die Präsidentengarde zu nennen, dreißigtausend bewaffnete Männer, von denen sechstausend in Moskau und tausend im Kreml selbst stationiert waren.
    Unter Führung von General Sergei Korin, dem Nichfolger von Jelzins berüchtigtem Alexander Korschakow, wurden sie allesamt von Offizieren befehligt, die der verstorbene Präsident Tscherkassow eingesetzt hatte. Und deshalb würden sie für den Staat und gegen den Putsch kämpfen.
    An zweiter Stelle kam das Innenministerium mit seiner Armee von hundertfünfzigtausend Mann. Zum Glück für Grischin war diese Truppe weit und breit über Rußland verstreut, nur fünftausend Soldaten waren in und um Moskau stationiert. Die Generäle aus dem Präsidium des MVD würden rasch begreifen, daß sie zu den ersten gehörten, die man in Viehwaggons auf dem Weg in die GULAGs schicken würde, da für sie und die Präsidentengarde im neuen Rußland kein Platz neben Grischins Schwarzer Garde war.
    Als drittes – eine unverhandelbare Forderung der Dolgoruki – waren die Soldaten der

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