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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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angerufen und behauptet, da draußen gäbe es eine Schießerei. Ich gebe roten Alarm.«
    »Ich auch. Übrigens habe ich vorhin mit General Korin telefoniert. Er war damit einverstanden, ein paar Männer der Präsidentengarde in Bereitschaft zu versetzen.«
    »Gute Idee. Ich rufe ihn an.«
    Acht weitere Anrufer meldeten eine Schießerei auf den Straßen von Ostankino, dann rief ein Ingenieur aus dem obersten Stockwerk einer Wohnung gegenüber vom Fernsehzentrum an und gab eine exakte Beschreibung der Geschehnisse. Der Anruf wurde zu General Koslowski durchgestellt.
    »Ich kann sie von hier oben sehen«, sagte der Ingenieur, der wie jeder Russe seinen Militärdienst geleistet hatte. »Etwa tausend Mann, alle bewaffnet, ein Konvoi mit über zwanzig Lastern. Zwei Panzerwagen stehen auf dem Parkplatz vor dem Gebäude, BTR 80As, würde ich sagen.«
    Dem Himmel sei Dank für die Reservisten, dachte Koslowski. Falls er noch irgendwelche Zweifel gehabt hatte, wurden sie durch diese Meldung beseitigt. Der BTR 80A ist ein achträdriger Panzerwagen mit einer Dreißig-MillimeterKanone, der einen Kommandanten, einen Fahrer und sechs Mann Besatzung befördern kann.
    Wenn die Angreifer Schwarz trugen, gehörten sie nicht zur Armee. Seine eigenen Soldaten von der OMON waren zwar auch schwarz uniformiert, aber die saßen unten. Er rief seine Zugführer.
    »Aufsitzen und abfahren!« befahl er. »Ich will zweitausend Mann draußen auf den Straßen sehen; tausend bleiben hier, um den Stützpunkt zu verteidigen.«
    Falls ein Staatsstreich stattfand, mußten die Angreifer das Innenministerium und die Kasernen neutralisieren. Zum Glück war der Stützpunkt ausgebaut wie eine Festung.
    Draußen waren bereits andere Einheiten unterwegs, die allerdings nicht zu Koslowskis Leuten gehörten. Das Kommando Alpha umstellte das Ministerium.
    Grischins Problem war der Zeitplan. Ohne die Funkstille in letzter Minute zu durchbrechen, mußte er die Angriffe aufeinander abstimmen. Schlug er zu früh los, hatten die Verteidiger vielleicht noch gar nicht richtig angefangen zu feiern; kam er zu spät, verlor er einige Stunden Dunkelheit.
    Das Kommando Alpha sollte um neun Uhr angreifen.
    Um halb neun verließen zweitausend OMON-Soldaten ihre Kasernen in Lastwagen und Panzerwagen. Kaum waren sie fort, verriegelte die restliche Truppe ihre Festung und besetzte die Verteidigungspositionen. Um neun gerieten sie unter Beschuß, aber die Angreifer konnten das Moment der Überraschung nicht mehr nutzen.
    Kugeln sirrten über die Straßen um das Ministerium und flogen über den Tschitnyplatz. Das Kommando Alpha sollte das Ministerium übernehmen und hätte dazu gern Artilleriefeuer eingesetzt, aber Artillerie gab es nicht.
    »Amerikaner?«
    »Ja.«
    »Wo sind Sie jetzt?«
    »Ich versuche, am Leben zu bleiben, und fahre vom Fernsehzentrum unter Umgehung des Mira Prospekt nach Süden.«

»Unsere Truppen sind unterwegs. Tausend von meinen Männern und zweitausend OMON-Soldaten.«
    »Darf ich einen Vorschlag machen?«
    »Wenn es sein muß.«
    »Ostankino ist nur ein Teil des Problems. Wenn Sie an Grischins Stelle wären, was würden Sie angreifen?«
    »Das MVD, die Lubjanka.«
    »MVD ja, Lubjanka nein. Ich glaube nicht, daß ihm seine alten Kumpel aus der Zweiten Hauptabteilung irgendwelche Schwierigkeiten bereiten werden.«
    »Da könnten Sie recht haben. Was noch?«
    »Auf jeden Fall den Sitz der Regierung am Starajaplatz und die Duma. Um den Anschein von Legitimität zu wahren. Und dann die Stellen, an denen es zu Widerstand kommen könnte.
    Ihr GUVD, die Fallschirmspringer am Flughafen Khodinka. Und das Verteidigungsministerium. Aber vor allem den Kreml. Er muß den Kreml haben.«
    »Der wird verteidigt. General Korin wurde informiert und hat Alarm ausgelöst. Wir wissen allerdings nicht, wie viele Mann Grischin aufbieten kann.«
    »Dreißig-, vielleicht vierzigtausend.«
    »Verdammt, wir haben höchstens die Hälfte.«
    »Aber die besseren Leute. Und er hat fünfzig Prozent verloren.«
    »Welche fünfzig Prozent?«
    »Das Moment der Überraschung. Wie sieht es mit Verstärkung aus?«
    »Wahrscheinlich unterhält General Korin sich darüber gerade mit dem Verteidigungsministerium.«
    Generaloberst Sergei Korin, Kommandant der Präsidentengarde, hatte die Kasernen innerhalb der Kremlmauern erreicht und das multidefensive Kutaffjator hinter sich geschlossen, als Grischins Hauptkolonne auf den Manegeplatz marschierte. Kurz hinter dem Kutaffjaturm steht der größere

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